Zu Besuch, nur ganz kurz
Es gibt Tage, die sind weder „Fisch noch Fleisch“.
Du befindest dich in einem ambivalenten Zustand zwischen gut und schlecht.
Zwischen Lachen und Weinen.
Und kannst dich nicht entscheiden.
Da sind so Momente im Treppenhaus, Minutenbruchteile zwischen der Hatz.
Du belauschst Kollegen, die du nicht kennst, und die darüber philosophieren, wie Sekretärinnen sich schriftlich auszudrücken haben.
Naja, denkst du beim Weiterschlurfen, die kennen dich halt noch nicht.
Und ein leises Lächeln bemächtigt sich deiner.
Bei der nächsten Treppenmeditation hat sich ein Patient verlaufen und aus ist es mit den innengehenden Gedanken, die du auf Treppenstufen besonders gut zulassen kannst.
Und bei deinem Aufwärtstrieb triffst du auf den einzigen Weißkittel, den du so richtig magst und der dir immer die supernetten Sprüche reinhaut.
Du lächelst.
Nur den kleinen Hauch eines Lächelns, das du verloren geglaubt hattest.
Ein paar Stunden später rufst du zuhause deine Mails ab und findest Worte vor, die warm sind, die ein paar Freudentränen in dir überschwappen lassen und dich zurück in die Wirklichkeit führen.
Wo warst du eigentlich tagsüber?
Bei dir?
Weg von dir?
Weg von hier?
Egal…?
Manchmal sind es eben die paar Worte mit den guten Gedanken, die dich froh machen.
Und die dir gut tun.
Und wieder ein paar Stunden später denkst du darüber nach, dass es noch gar nicht so lange her ist, dass ein Mensch, den du sehr geschätzt hast in all seinen Eigenarten, gegangen ist.
Nur ein paar Wochen.
So eine kurze Zeit im Leben eines Menschen.
So lang, wenn man weiß, dass er nicht mehr atmet, so wie du.
Erst mal eine rauchen.
Unten im Garten.
Guckst nicht rauf und nicht runter.
Denkst nicht links oder rechts, sondern immer im Kreis.
Und „jemand“ schaut dich an.
Ein Eichhörnchenpuschel hat beschlossen, sich dir zu nähern.
Nahfern scheint es dir fast in die Augen zu schauen.
Und hat dabei seine Beute in der Hand, mit dem einzigen Wunsch, ebendiese in Sicherheit zu vergraben.
[Ja, und jetzt?]
fragst du nach innen, denn du willst diesen Puschel keinesfalls stören.
[Blöder großer Mensch!]
denkt Puschel und rennt sich erstmal die Hacken ab. Du wusstest gar nicht, dass es einen Hindernislauf über sämtliche Blumentöpfe deines Gartens als nacholympische Disziplin gibt.
Und das Lächeln wird zu einem breiten Grinsen.
Es geht hier um Wesentliches.
Um das Leben und den Spaß daran.
Hattest du einfach so vergessen.
Aber dich wieder erinnert.
Gut so.
Ich spür dich ganz nah hier bei mir,
kann deine Stimme im Wind hören
und wenn es regnet, weiß ich, dass du manchmal weinst,
bis die Sonne scheint; bis sie wieder scheint.
(Die Toten Hosen „Nur zu Besuch“)
Autor:Annette Kallweit aus Düsseldorf |
11 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.