Ziemlich Blond
Darf ich mich vorstellen?
Mein Name ist Blond. Ziemlich Blond.
Fragen Sie bitte nicht nach dem Plot. Ich habe nämlich keine Ahnung.
Erhoffen Sie sich von mir auch keine begeisternde Empfehlung. Ich habe trotz überlangen Suchens den Witz nicht entdecken können.
Sicher: Es ist so ein Mann-Frau-Ding.
Er liebt Spannung und Action, während sie sich auch zum dreiundneunzigsten Mal Harry und Sally angucken würde.
Nie spricht der Mann so viel, wie wenn er ihr zu Liebe mit ihr Beziehungskram guckt. Mit ungekannter Wortvielfalt lässt er sich belustigend über das herzergreifende Geschehen auf dem Bildschirm aus.
Nie spricht sie so wenig, wie wenn sie ihm zu Liebe Action-Filme guckt. Sie schläft garantiert spätestens bei der dritten Verfolgungsjagd ein.
Und ja, ich gebe es zu: Unabhängig davon konnte ich mich für James Bond noch nie sonderlich erwärmen, warum hätte es dieses Mal anders sein sollen? „Aber was alle sehen wollen, kann doch nicht so schlecht sein“ dachte ich mir. Außerdem war ich eingeladen.
Nach einer Dreiviertelstunde Werbung habe ich neunkommasieben Zentimeter Popcorn aus einer geschätzt fünfzehn mal fünfundzwanzig mal vierzig Zentimeter Papiertüte gegessen, als der Film auch schon los geht. „Hey, Istanbul!“ denke ich und finde die Aufnahmen interessant, weil ich dort zeitweise Dauerbesucher war und tatsächlich Bekanntes wiedererkenne. Doch leider:
Szenenwechsel.
Frauen erscheinen auf der Leinwand, junge, alte, aber alle gehören sie offenbar Generationen an, die den einstmals findungsreichen Verführungstricks des 007 nichts abgewinnen können, oder es liegt an ihm und er hat schlichtweg keine Lust, denn er bleibt relativ einfallslos. Ich frage mich, ob der Geheimagent möglicherweise „Rücken“ hat, weil er auf mich so steif rüberkommt, schließlich wird auch er nicht jünger.
Den ein oder anderen Autounfall gibt es auch.
Zwei oder drei Mal fällt ein anzüglicher Witz, der die Besucher vor Lachen unter die Stühle fallen lässt, wo sie dann in aller Seelenruhe weiter zu dösen scheinen. Ich versuche die peinliche Stille mit ein paar Zwischenbemerkungen zu erheitern, erhalte jedoch kaum mehr Resonanz als James.
Der Inhalt der XXL-Familientüte findet seinen Weg im Rhythmus der einfältigen Dialoge „Nimm mich.“-„Ja, warum eigentlich nicht.“ erschreckend schnell von der Hand in den Mund. „Kannst Du etwa nicht mehr?“- „Ein wahrer Held gibt nie auf.“
„Wirrrr mussen ahnlegen.“ Ist das Tiefsinnigste was ich an Aussage vernehme, es mag an meinen unaufhörlichen Raschel- und Kaugeräuschen liegen.
In der Pause bittet mich der Sitznachbar über mir, meine Kommentare zu unterlassen, weil sie nerven.
Kein Problem, denn ich bin sowieso für den Rest des Films damit beschäftigt gegen die Übelkeit anzukämpfen, die mich nach fünfundvierzigtausenddreihundertachtundsiebzig Kubikzentimeter, (oder habe ich mich verrechnet?) Popcorn schlagartig überfällt. Immerhin hält sie mich dieses eine Mal davon ab einzuschlafen.
Bitte sehen Sie es mir trotzdem nach: Näheres vermag ich über den Film nicht zu berichten.
Ich bin nämlich Blond. Ziemlich Blond.
Autor:Femke Zimmermann aus Düsseldorf |
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