Türengeschichten - Teil 1 - Die Tür bei Opa Fritz
Mit Herzklopfen
Mein Herz pochte gewaltig, als ich zum ersten Mal vor dieser Tür stand.
Ich wusste nicht, was mich dahinter erwartet, denn die Menschen, die dort wohnten besuchte ich zum ersten Mal.
Das ist an sich nichts besonderes, aber wenn es sich um den Antrittsbesuch bei den Angehörigen des Angebeteten handelt, dann ist das schon ein spannender Moment. Munkelte man doch, dass keine gut genug sein konnte für den Erstgeborenen Sohn der Familie.
Den dunklen Flur erst mal durchschritten erwartete uns an diesem Nachmittag der gedeckte Kaffeetisch. Die Eltern begrüßten mich freundlich, die alte Tante Käthchen saß, wie später auch immer, so lange ich dort ein- und ausging, teilnahmslos auf ihrem Stuhl, und der sagenumwobene „Alte Fritz“, so nannten sie den Großvater damals, übernahm das Kommando.
Wer sich wo hinzusetzen hatte und dass wir gefälligst zugreifen sollten. Schüchtern nahm ich von dem Weißbrot und strich dünn die Butter darauf. Sofort forderte der Alte Fritz mich auf, doch mehr von der Butter zu nehmen. Wenn ich jedoch eins gar nicht mochte, dann war das „fingerdick“ die Butter auf dem Brot, gab es doch bei uns zu Hause meist nur Margarine.
Das versuchte ich ihm zu erklären, was jedoch nicht auf großes Verständnis seinerseits stieß. Wieder forderte er mich auf, dicker zu streichen. Wieder redete ich mich heraus.
Da ranzte er mich an: „Dann donn doch watte willst, du doll Jeschier!“ (Dann mach doch was du willst, du dumme Gans)
Dieser folgten viele weitere Episoden mit Opa Fritz, der mich letztendlich wohl doch ins Herz schloss und ich ihn auch. Viele weitere Male ging ich durch diese Tür, oft mit gemischten Gefühlen.
Trotzdem mag ich sie bis heute, die alte Haustür. Sie hat Atmosphäre, sie gehört zu meinem Leben und sie lebt mit mir. Manchmal klemmt sie, manchmal knarrt sie, manchmal geht sie gar nicht richtig auf.
Sie und die alte Lampe im Hauseingang gehören zusammen. Sie sind gleich alt und haben eine Menge interessanter Menschen dort ein- und ausgehen gesehen.
Kunden und Lieferanten kamen durch diesen Eingang, Vereinsmitglieder, Chorsänger und Karnevalsprinzen gaben sich die Klinke in die Hand.
Babys wurden zur Tauffeier hineingetragen und alte Menschen in Särgen herausgetragen.
Nun ist es ruhiger geworden. Das Haus ist still, fast tot. Die Tür ist sozusagen in den Ruhestand getreten. Bald wird sie sterben.
Sie hätte einen besseren Abschied verdient.
Autor:Birgit Schild aus Düsseldorf |
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