Studienrat Uhlmann und der Inhalt meines heutigen Bücherschranks...
„Mitverantwortlich“ für meine exzessiven Leseabenteuer war mein Geschichtslehrer Uhlmann, an den ich aus Gründen, die Ihnen als geneigtem gleich klar sein werden, eine lebhafte Erinnerung behalten habe.
Verblüfft war ich mit 10-11 Jahren, als ich mir mit zwei Kameraden zusammen unschuldig eine Stunde „Nachsitzen“ bei ihm „einfing’“.
Er bestrafte uns nicht wirklich, nein, er hielt uns eine knappe halbe Stunde fest und verwickelte uns in ein Gespräch über das Reiferwerden, das Erwachsenwerden, das Erkennen..
Mit Bezug auf seinen Geschichtsunterricht beklagte er die archäologische Verwendung der Radiocarbon-Methode. Er sagte darüber: "Ein Grashalm, nach dieser Methode getestet, ist auch 2-5000 Jahre „alt“, wenn er wenige Minuten Diesel-Abgasen und -Dämpfen ausgesetzt ist."
Herr Uhlmann zeigte uns die Abbildung eines Reliefs einer Alexander-Schlacht. Krieger blicken nach oben und lassen vor Schreck die Schwerter fallen.
„Wir werden nie erfahren, was da flog, wenn wir nicht forschen ...“ „Findet IHR doch heraus, was der gordische Knoten war ... !“
„Leider verlangt mein Beruf und der Lehrplan, daß ich Euch wegen des Lehrplans viele Dinge beibringen muß, die nicht gesichert sind ...“ „Alexander, der Große, war unwesentlich älter als ihr, als er das erste Mal vor dem Senat seiner Heimat sprach, also: fangt was mit eurem Leben an!“
Er bekundete sein Bedauern darüber, daß die USA „Milliarden für den Korea-Krieg“ ausgab, statt „diese Summen für die Übersetzung der tibetischen Klosterschriften zu investieren.“
Er sagte weiterhin wörtlich: „Wir müssen wissen, wo wir herkommen, wenn wir wissen wollen, wohin wir gehen.“ Diesen Korea-Krieg hatte ich gar nicht so richtig wahrgenommen und ich begriff auf einmal, warum mein Vater sich für Radio-Nachrichten und die politischen Entwicklungen interessierte.
Ich hatte die Flugzeugträger- und Rock-Hudson-Bomberfilme der damaligen Zeit schlichtweg für Roman-Verfilmungen oder eine andere Art Wildwest-Illusionen gehalten.
Schon gar nicht konnte ich mir ernsthaft vorstellen, daß diese Korea-Filme einen echten Krieg zum Hintergrund hatten und Menschen zehn bis elf Jahre nach einem so entsetzlichen Weltkrieg gleich wieder einen anfangen.
Ende der 1970er Jahre erst begriff ich als frischgebackener Börsenagent und Spekulationshelfer im Telefonverkauf, daß unsere Welt ständig 20-30 Kriege braucht, damit die Waffenindustrie der Multis „rundläuft“. Ich starrte auf den Reuter-Schirm und konnte es nicht fassen.
Allerdings: Herrn Uhlmanns Bemerkung über Alexander, den Großen sorgte dafür, daß ich alle Bücher über Alexander, den Großen las und sich daraus sprunghaft mein Interesse für Marc Aurel (Philosoph und Stratege) und für die Epochen der Kulturgeschichte, Kunstgeschichte und die Geschichte der europäischen Herrscherhäuser entwickelte.
(Auszug aus meinem CREDO)
Autor:Bernd Schiele aus Düsseldorf |
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