Mein griechisches Büdchen ist weg !!!
Nachdem in Düsseldorf-Flingern vor ca. 20 Jahren ein Grieche das Büdchen einer alten Oma übernommen hatte, wehte in dem Büdchen ein anderer Wind. Es war schmuck und vielseitig. Alle Zeitungen konnte man dort ebenso erwerben, wie Fetakäse und süssen griechischen Likörwein und Ouzo der Extraklasse. Ständig lief im TV irgend ein wichtiges Fußballspiel und ich erinnere mich noch gut, wie ich dem Meister zur vorvorletzten EM prophezeite, das Griechenland den Titel holen werde. Zugegeben, das war Einschmeicheltaktik – aber ich behielt recht und der Mann hatte mir diese Prophezeiung nie vergessen. Egal, was ich bei ihm einkaufte – er bot mir immer einen Kaffee oder ein Häppchen zu Essen an oder auch mal einen kleinen Ouzo.
Wir waren ein echtes Team – der Mann aus dem Büdchen und ich. Hatte ich abends Gäste und die Getränke gingen aus, konnte man gar spät noch bei ihm klopfen, wenn schon geschlossen war und die Familie gemeinsam Fußball schaute. Er öffnete mit strahlendem Lächeln und für das Wohl der Gäste war weiterhin gesorgt. Dimitri wußte, das Weißwein sich am besten verkauft, wenn er im Kühlschrank lagert, hatte extra für den Weißwein einen zweiten Kühlschrank angeschafft.
Im Laufe der Jahre war seine Bude eine echter Nachbarschaftstreff – weit über den Fußball hinaus.
Vor der Tür hatte er Stühle stehen und dort wurden die Probleme in der Nachbarschaft wieder gerade gebogen. Er war auch Psychologe, der Büdchenmann. Ihm konnte man erzählen, wie kaputt geschafft man ist nach der Arbeit und er wußte zu allen Problemen einen guten Spruch zu äußern.
Wenn man eine Katze abzugeben hatte, weil sie zu frech war oder einen Hund suchte, der weggelaufen war, konnte man einen Zettel bei ihm an die Wand hängen – und schon war das Problem gelöst. Die freche Katze blieb und der weggelaufene Hund kam vervielfacht zurück. „Das passiert halt jeden Tag – so ist es halt“ - war seine Philosophie des Alltags.
Jetzt ist er weg ! Ich hatte das noch gar nicht realisiert in den letzten Wochen, weil ich das Büdchen immer nur von außen sah und das Licht nach wie vor brannte. Aber dann hörte ich, das es dort keinen süssen kalten Wein mehr gibt – ein Freund von mir handelte in meinem Auftrag selbiges zu besorgen. „Nein, die haben das nicht“ - lautete seine lakonische Antwort auf meine leicht gereizte Frage hin, warum er nichts dabei habe, um das Fest zu retten.
Nun habe ich mich selbst überzeugt – die Kühlschränke sind vollgepackt mit Süßlimonaden. Der Weißwein steht warm und von griechischen Produkten ist weit und breit nichts mehr zu sehen. Das Büdchen scheint eine Kette zu sein. Aha, eine Kette – das ist ja furchtbar !!! Und der Grieche, wo ist der ? Sie wissen es nicht – weg ist er halt ! Und wo ? Ja, woher sollen sie das denn wissen ? Wir sind jetzt neu hier ! Neu, ohne Stühle vor der Tür. Neu, ohne Fußball im TV. Aber TV war doch da. Es lief „Cindy aus Marzahn“. Das ist das Ende, dachte ich mir, das absolute Ende. Keine Championsleague, wo doch Griechenland mit dabei ist !!! Keine Möglichkeit, über Fußball zu reden – nur die blöde Cindy aus Marzahn !
Und hinter der Theke eine 400,- Euro-Kettenverkäuferin, die alle zwei Tage ausgewechselt ist gegen eine andere Kettenverkäuferin. Und wo bleibt die Seele des Büdchens ? Der griechische Mann, der mal einen Kaffee ausgibt oder ein Häppchen ? Die Gespräche vor der Tür ?
Da fängt für mich der Untergang des Stadtteilkolorits an – genau da ! Es reicht doch, das REWE sich überall breit macht – muß das jetzt auch noch sein ? Es macht mich müde, so müde....
Autor:Karin Michaeli aus Düsseldorf |
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