Jeck backstage - mit den Swinging Funfares einen Abend on Tour

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Mit über 200 Auftritten im Jahr gehören die Swinging Funfares unter der Leitung von Stefan Kleinehr zu einer festen Größe im Düsseldorfer Musikleben. Ob Kirmes, Karneval, oder Weihnachtskonzert – die vielseitigen Musiker begeistern mit ihren Eigenkompositionen und Cover-Versionen ein großes Publikum.

Die Mischung macht’s: Trompeten, Posaunen zusammen mit Gitarre, Bass, Schlagzeug und Keyboard, dazu ein gemischter Chor und fertig ist der Gute-Laune-Mix auf musikalisch hohem Niveau.

Wenn die Rotfräcke mit der Stärke einer Fußballmannschaft inklusive Ersatzbank die Bühne stürmen, hält es keinen lange auf den Sitzen.

So durfte ich sie auch schon oft erleben, doch wie sieht das aus, wenn eine so große Truppe mit so unterschiedlichen Instrumenten mitten in der Session einen Abend mit 6 Terminen in Düsseldorf und Köln bewältigt?

Eins sei vorab gesagt: Stressig ist es. Und anstrengend. Und lang. Und unglaublich klasse.

Pünktlich um halb fünf an einem Samstagnachmittag holt mich Geschäftsführer und Bassist Martin „Stolli“ Schwarz mit einer Swinging Funfares Limousine ab. Davon gibt es einige – die schwarzen Karossen mit Band-Beflaggung ersetzen seit geraumer Zeit den Bus. „Mit einem Reisebus wären die Termine zeitlich nicht mehr zu schaffen“ erklärt mir Martin Schwarz. Später verstehe ich, wie recht er hat.

Kurz noch Sänger Sven eingeladen und pünktlich um fünf Ankunft beim ersten Auftritt – eine Herrensitzung im Düsseldorfer Süden.

Der Crew-Sprinter mit dem Equipment ist schon da, samt Techniker Udo und den drei Männern für’s Grobe: Fitti, Thomas und Sebastian. Jeder Griff sitzt, es wird Hand in Hand gearbeitet und der ein oder andere Funfare legt wie selbstverständlich mit Hand an. „Früher haben wir das alles selbst gemacht“ erzählt mir Sängerin Nicole Baatz später, „ doch ohne die Jungs wären wir jetzt aufgeschmissen.“ Der Termindruck wird ab jetzt an diesem Abend unser ständiger Begleiter und Dauerthema.

Wie durch ein Wunder – oder besser durch die Crew – stehen alle recht schnell auf der Bühne und bringen den nach zwei Büttenrednern etwas ermüdeten Saal binnen 3 Takten in Stimmung.

Die Herren danken es ihnen mit viel Geschunkel und Raketen, das „Walzer-Medley“ und „Amsterdam“ haben ihre Wirkung nicht verfehlt.

Der Abbau vollzieht sich noch rasanter und schon sitzen wir wieder im Auto Richtung Innenstadt.

Und hier tut sich ein immer wieder auftretendes Problem zum erstenmal auf: Die Parkplatzsuche. „Die Veranstalter stellen uns keine Plätze zur Verfügung, höchstens den Bus von der Crew können wir mal irgendwo hinstellen“, sagt Martin Schwarz. Der Rest muß sehen, wo er bleibt. Mit der Uhr im Nacken immer wieder um den Block, das hebt die Stimmung nicht wirklich.

Im Karneval ist jede Sitzung minutiös geplant – jeder Auftritt hat nur ein bestimmtes Zeitfenster, Anfang und Ende stehen absolut fest. Nur so ist das Ganze organisatorisch zu stemmen, aber durch nur eine Verzögerung tritt der Schneeballeffekt ein – Verspätungen bringen nicht nur den eigenen Terminkalender sondern auch den der anderen durcheinander.

„Die Sitzung hier hängt fast eine halbe Stunde“ sagt Stefan Kleinehr und drängt den Veranstalter im Brauhaus auf Tempo. Es ist kurz nach 19.00 Uhr, um acht müssen die Funfares bereits im Kuppelsaal der Rheinterrassen auf der Bühne stehen.

Dazu ist es eng – sehr eng. Auf der Bühne ist kaum Platz für Schlagzeug und Co., die Sänger weichen auf das Parkett unterhalb aus und stehen quasi mitten im Publikum. Die Posaunen werden kurzerhand auf eine kleine Treppe daneben verbannt – ausgerechnet einer der Wege zur Toilette… .

Doch die Profis nehmen es gelassen, improvisieren gehört im Karneval dazu und verdirbt nicht die gute Laune. Das Programm wird kurzerhand um ein Lied gekürzt und schon passt der Zeitplan wieder.

Auch dank der Crew erscheinen wir alle pünktlich zur nächsten Veranstaltung. Da es irgendwie nirgendwo Garderoben für die Künstler gibt, wird sich auch hier im Foyer umgezogen. Die Mädels nehmen es gelassen. „Nur bei den Herrensitzungen ist es manchmal unangenehm“, sagen sie, „vor allem, wenn die Männer auch noch auf die Damentoilette gehen“. Was Schlimmes ist aber nie passiert.

Das Schöne an diesem Auftritt – neben der tollen Stimmung – der danach ist direkt nebenan im Radschlägersaal der Rhein-Terrassen.

Dadurch entsteht eine seltene Pause, auch die Crew kann einen Gang runterschalten.

Man kennt sich im Karneval, wurde zuvor schon die „Band ohne Bart“ begrüßt, trifft man hier auf „Alt Schuss“. Ein kurzer Austausch unter Kollegen und schon verschwinden diese zum nächsten Auftritt.

Der Auftritt im Radschlägersaal ist anders als die vorherigen – eine große Karnevalsgesellschaft Düsseldorfs hat geladen, alles wirkt „professionell“ und es ist viel Prominenz im Saal. Den Swinging Funfares ist das nicht anzumerken. Sie sind ausgelassen, der Sound ist perfekt wie immer – eine noch unbeantwortete Frage an den Techniker: Wie schafft er das so ganz ohne Soundcheck???

Sehr schön hier: Einmalig steigt Bandmitglied Burkhard Brings mit ins Programm ein, da er als Präsident der Gesellschaft ansonsten verhindert war.
Und dann passiert der Gau – Stimmung gut, alles zu gut, Zugabe – der Zeitplan gerät aus den Fugen. Und ausgerechnet jetzt geht’s nach Köln!

Hektisch wird abgebaut und eingeladen, aus dem Auto der Veranstalter über die Verspätung informiert. Der verlängert kurzerhand die in Köln übliche Pause bei Sitzungen – die Swinging Funfares sollen die zweite Hälfte eröffnen.

Sind die Parkplätze in Düsseldorf auch knapp, in der Kölner Innenstadt an einem Samstagabend während der Session sind sie schlicht und ergreifend nicht vorhanden. Ein Parkhaus bringt Rettung, doch das kostet Zeit! Zeit, die wir nicht haben.

Die Pause ist noch im Gange und nun muss tatsächlich das ganze Equipment durch die Närrinnen und Narren in den ersten Stock – ohne Fahrstuhl über die Treppe. Hätten die Männer nicht Nerven wie Stahlseile, spätestens jetzt lägen sie blank.

Mit fast 10minütiger Verspätung stehen alle auf der Bühne, der Auftritt gelingt, von Stress keine Spur. Eine kleine, böse Spitze gibt es aus dem Elferrat „Leider muss ich Euch jetzt fott schicken, die anderen warten schon. Ihr seid aus Düsseldorf jekommen, lasst dat doch et nächste mal einfach aus.“

Insgesamt verlief alles noch glimpflich, die Kölner zeigen sich kulant. „Es ist durchaus möglich, dass wegen Verspätungen Gagen gestrichen werden“, erfahre ich. Gagen, die bei den Funfares zu 100% in die Bandkasse fließen.

Übrigens fließen - während der ganzen Auftritte und auch dazwischen herrscht absolutes Alkoholverbot, an das sich jeder hält.

Doch wieder nach Köln: Alle sind noch etwas aufgeregt, es wird diskutiert und dem Unmut Luft gemacht. Aber nur kurz: Ab ins Auto und zurück nach Düsseldorf.

Der Abend endet im Stahlwerk, letzter Auftritt 0.00 Uhr. Die Stimmung im Saal ist nahe Siedepunkt, der Tumult im Backstage Bereich groß. Auch hier hängt das Programm, doch das kennen die Funfares von dieser Veranstaltung und nehmen es gelassen. Danach wartet ja auch kein weiterer Auftritt mehr auf sie.

Zum erstenmal an diesem Abend gibt es ein Catering: Warmes Essen und ausreichend Kaltgetränke. Auch das ist im Karneval eher nicht üblich. Wann auch, dafür ist ja gar keine Zeit .

Nur die kleineren Gemeinden im Umland von Köln, in denen die Funfares viele Fans haben – „da kennt man uns fast mehr als in Düsseldorf!“ bieten so einen Service schon mal eher an. Dementsprechend gern nehmen sie diese wahr. „Die Stimmung dort ist einfach super, die gehen vom ersten Takt an mit und tanzen auf den Stühlen“, sagt Nicole Baatz.

Ich verstehe sie jetzt besser – es ist halb eins, alle sind etwas müde und angeschlagen. Sie alle gehen neben den Funfares noch einem ganz normalen Beruf nach, haben Familie. Und ziehen dieses Pensum wochenlang an Werktagen und Wochenenden durch. Das kann man nur aus Leidenschaft machen und für die Stimmung und den Applaus des Publikums.

Nicole ist seit 10 Jahren dabei, ihr Mann spielt das Schlagzeug „damit wir uns überhaupt mal sehen!“, die Oma springt als Babysitter ein. „Ohne Organisation geht das nicht“, sagt sie. Und möchte die Funfares nicht missen. „Sie haben für mich sogar die Satzung geändert, eigentlich durften nur Männer mitmachen. Ich war die erste Frau.“ Darauf ist sie stolz.

Nachdem letzten Auftritt ist es viertel nach eins, die Stimmung wieder lustig und ausgelassen. „Wir verstehen uns, haben uns immer noch was zu sagen“, lacht Martin Schwarz, „wäre auch schlimm, wenn nicht, wir sind ja in den Hoch-Zeiten fast Tag und Nacht zusammen.“

Das stimmt. Der nächste Auftritt ist in weniger als zehn Stunden.

Autor:

Ina Groesdonk aus Düsseldorf

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