Die böse Friseuse...
Es ist Freitag. Nach langer Zeit bin ich mal wieder eingeladen zu einer Party. Es ist eine wichtige Party – der Polterabend meiner besten Freundin.
Mein Haar bedarf einer Restaurierung. Flattert wild und unproportioniert um den Kopf und ich frage mich, ob ich „so“ überhaupt dahin gehen kann. Ich fürchte mich vor Friseuren ebenso sehr wie vor dem Zahnarzt, überwinde aber dann doch meine Furcht, weil ich am Abend gut ausschauen möchte.
Zaghaft betrete ich einen „Coiffeur-Salon“ mit einem schrillen Namen und begebe mich unter die Schere. Die Chefin kommt, krault durch mein Haar und befiehlt ihrem Adjudanten, mir das Haar zu waschen. Mit dem Handtuch auf dem Kopf schaue ich gut aus.
Die Chefin fängt an zu schneiden – völlig wild auf meinem Lockenkopf herum – und läßt beidseitig eine lange Spur von Locken stehen. Während dieser hochwichtigen Arbeit unterhält sie sich mit ihrem Ehemann, mit ihrem kleinen Sohn, der eine große Pizza vertilgt und mit einer Kundin am Nachbartisch. Ihr Augen ruhen auf der Pizza – ihre Schere ist auf meinem Kopf an der falschen Stelle tätig – im Nacken. Der Nacken wird freigelegt. Das hasse ich. Ich möchte nicht, das mein Nacken freigelegt ist. Ich mag meinen Nacken nicht und der soll unsichtbar bleiben.
Mein Gesicht bekommt traurige Züge angesichts ihrer Schneidekunst. Fertig ! Ich sitze voller Entsetzen vor dem Spiegel und kann es nicht glauben. Kennen Sie das Meisje auf der Botterram-Margarine-Reklame ? So stehen meine Haare links und rechts ab. Ein wenig denke ich auch an Max und Moritz. Einer von den beiden wird ähnlich gezeichnet von Wilhelm-Busch. Ich weise die Chefin auf Max und Moritz und das Meisje hin und sie zubbelt gnädig von jeder Seite noch einen Millimeter ab. Aber ansonsten müsste es so bleiben. Kann sie mich nicht leiden ? Mit viel Haarspray werden die Winker an den Kopf geklebt und ich verlasse den Salon kleinlaut. War ich zu streng ?
Ich gehe durch den Maiwind nach Hause, schaue mich im Spiegel an: „Meisje, Meisje das bist jetzt Du, Meisje, Meisje, trag Klapperschuh !“ schreit der Spiegel mir entgegen. So was schreckliches hatte ich noch nie auf dem Kopf. Soll ich die Party absagen ?
Früher, als ich noch lange Haare hatte, hatte ich solche Probleme schnell selber gelöst, erinnerte ich mich und griff zur großen Papierschere. Schnipp, schnapp – Meisje ab ! Nun war mein Haar obenherum gut am Kopf anliegend – aber darunter rundete es sich wie ein Rettungsring um meinen Kopf, was dem Haupt eine sonderbare Birnenform verlieh. Ich sah noch nie so schrecklich aus, dachte an Helmuth Kohl. Nee, völlig verwirrt hatte ich die Welt nicht mehr verstanden.
Ich weiß, das es in der Stadt viele Köche gibt, die noch nicht mal einen Salat lecker zubereiten können, das es Bäcker gibt, die nur tropfnasses Brot verkaufen, das es Baristas gibt, deren Cappuchino immer lauwarm serviert wird und das es Friseure gibt, die auf dem „Meisjetrip“ sind – aber warum muß mir das immer passieren ? Warum ? Habe ich keine anderen Probleme ?
Ich glaube, Ihr Frauen könnt mich verstehen ! Ich habe die Party abgesagt.
ES GIBT FÜR ALLES EINE LÖSUNG !
Ein kleiner alter Friseursalon in meinem Wohngebiet, den ich schon seit Jahren an dieser Stelle weiß, seit Jahrzehnten an dieser Stelle weiß, sollte meine Rettung sein. Nachdem ich diverse Läden namens „Haareswuchs“, „Kopfgeschichten“, „New Sensation“, „Cut and Go“, „Conchitas Hair“, „Hairdreams“ usw. mißtrauisch beäugte, dachte ich: „In so einem alten Laden kann im Grunde genommen auch keiner mehr was falsch machen“ und trat mutig ein.
Die Meisterin trat mir entgegen und auf meine Frage, ob sie mich reparieren könne, lachte sie nur und meinte, es gäbe kein Haar, was sie nicht bändigen könne. Ich solle Platz nehmen und mein Leid ihr mitteilen.
Ich stehe kurz davor, meinen Urlaub in Griechenland abzusagen, teilte ich ihr mit, weil ich so mit diesem Kopf, niemals dort anlanden könne, wo man mich einigermaßen gut aussehend erwarte.
Nun, das wisse sie doch zu verhindern, lachte sie – und:“Griiiechenland ? - Du meine Güte – das ist so wunderschön und ich zaubere so, das man Sie dort nie mehr weg lässt !“ Ich vertraute ihr und ließ die Meisterin gewähren.
Ob Sie es glauben oder nicht: eine Friseurin ist auch Psychologin ! Eine gute Friseurin ist eine gute Psychotherapeutin. Ein beste Friseurin arbeitet so, das man ggfls. Nach ihrer Arbeit keine Therapeutin mehr braucht !
Alle Fehler, die sich auf meinem Haupt befanden, schnitt sie innerhalb weniger Minuten weg – voll konzentriert und dabei immer optimistisch, das die Griechen mich nicht mehr weglassen würden. Will ich das eigentlich, das die mich nicht mehr weglassen ? Egal – hier war eine Fachfrau am Werk im kleinen alteingesessenen Laden ohne Schnickschnack und ohne geile Namensgebung. Schon das nasse Haar deutete darauf hin, das ich als Wassernixe, dem Meer entsteigend immer noch gut aussehe auf dem Kopf. Der Schnitt macht es !
Was soll ich noch weiter schreiben ? Die Meisterin hat mich repariert – hat mich frisiert und ich kam als völlig neuer Mensch aus dem alten kleinen Salon. Soll ich noch erwähnen, das sie – ebenso wie ich – von der Mosel kommt ? Das haben wir als geschwätzige Frauen denn auch noch voneinander erfahren. Wir sind „Miselerinnen“ - also „Moselanerinnen“ und das war 1. Hilfe in höchster Haaresnot – so könnte man einen Salon auch noch nennen – und ich, ja ich bin glücklich ! Zwar sehr kurzhaarig – aber irgendwie flott und muß nun nicht auch noch meinen Urlaub absagen.
Die Moral von der Geschicht:
Ärgert Euch nicht, wenn Ihr in Eurem Beruf mal nicht perfekt seid ! Es kommt öfter vor, als man denkt....
Autor:Karin Michaeli aus Düsseldorf |
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