Das Erbe
Immer wenn die Sirenen laut wurden, legte sie das Kissen, das ihre Schwester ihr zur Hochzeit geknüpft hatte, auf den Toilettensitz, nahm jeweils rechts und links ein Kind unter den Arm, setzte sich in den winzigen Raum in der Mitte des Hauses oben auf das Kissen und wartete, bis der Bombenangriff wieder vorüber war.
Mehr muss zu dieser Geschichte nicht erzählt werden.
Sie spricht für sich.
Und sie ist Gegenstand einer neuen Geschichte:
Immer wenn sie das Kissen in den Händen hielt, dachte sie daran, wie ihre Mutter, immer wenn die Sirenen laut wurden, das Kissen, das ihre Schwester ihr zur Hochzeit geknüpft hatte, auf den Toilettensitz legte, jeweils rechts und links ein Kind unter den Arm nahm, sich in den winzigen Raum in der Mitte des Hauses oben auf das Kissen setzte und wartete bis der Bombenangriff wieder vorüber war.
Mehr muss zu dieser Geschichte nicht erzählt werden.
Sie spricht für sich.
Und sie ist Gegenstand einer neuen Geschichte:
Als sie das Kissen betrachtete, das ihre Mutter ihr mit folgenden Worten angeboten hatte: "Immer wenn die Sirenen laut wurden, legte sie das Kissen, das ihre Schwester ihr zur Hochzeit geknüpft hatte auf den Toilettensitz, nahm jeweils rechts und links ein Kind unter den Arm, setzte sich in den winzigen Raum in der Mitte des Hauses oben auf das Kissen und wartete, bis der Bombenangriff wieder vorüber war."
Wusste sie nicht was sie sagen sollte.
Dieses Kissen war jetzt Gegenstand einer neuen Geschichte.
Als ihre Tochter fragte:
„Mama, was ist das denn für ein Kissen?“
sagte sie:
„Das ist eine Geschichte für sich. Komm‘ ich erzähl‘ sie Dir.“
Autor:Femke Zimmermann aus Düsseldorf |
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