Werde Schiedsrichter
Der Schiri ist auch nur ein Mensch

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Der 12. Mann auf dem Platz ist immer der Leidtragende. Kaum einer macht sich jedoch Gedanken darüber, wie ein Tag als Schiedsrichter aussieht. Nachdem ich vor knapp 40 Jahren mit diesem Hobby begann, möchte ich mal einen kleinen Einblick in das leben eines Schiedsrichters geben.

Am Sonntag um 14:00 Uhr ist das Kreisliga Spiel zwischen Verein A gegen Verein B.

Vor zwei bis drei Wochen habe ich per E-Mail erfahren, dass ich bei diesem Spiel als Schiedsrichter angesetzt bin. Nachdem ich Montag auf meiner monatlichen Schiedsrichtersitzung (Pflichttermin alle Spielleiter) von 19:00 Uhr bis 21:00 Uhr den Abend verbrachte und erst spät zu Hause ankam, steht nun am Freitag das Wochenende auf dem Programm. Schön, wir wollen mit Freunden grillen und uns danach oder dabei so richtig mal einen trinken. Nach dem dritten Bier muss ich dann doch leider auf Cola umsteigen, denn wenn ich morgen einen dicken Kopf habe, ist das Spiel am Sonntag gelaufen. Einige Freunde verstehen dieses und tolerieren es, andere dagegen lassen mal wieder die typischen" Ey Schiri, Du Memme. Stehst doch eh nur im Mittelkreis " Sprüche los.
Samstag Abend möchte dann meine Frau mit mir etwas unternehmen. Ein Kinobesuch steht auf dem Plan. Upps, es gibt nur noch Karten für Nachtvorstellung. "Schade Schatz, Du weisst ja, morgen muß ich pfeifen". Das dieses dann nicht nur das Familienleben auf Dauer nachhaltig beeinflusst, ist nun nachvollziehbar.

Sonntag morgen, 09:00 Uhr frühstücken. Nun beginnt die erste Vorbereitung. Sportsachen herauslegen und Tasche packen. Sind die Schuhe geputzt, die Spielnotizkarten ausreichend, das Trikot sauber ? Um 12:00 Uhr muß ich spätestens losfahren, weil ein Schiedsrichter möglichst 1 Stunde vor Anpfiff auf dem Platz sein sollte. Das hat dann seinen Sinn gemacht, denn durch den starken Regen, war der Platz fast unbespielbar. Durch das frühzeitige Anreisen konnte noch der Platzwart geweckt werden, der dann die Pfützen wegwischte.

Der Spielbericht wurde ausgefüllt, der Platz ein zweites Mal kontrolliert. Upps, wieso sind die Tornetze am Pfosten gerissen? Was ist, wenn ein Eckball durch das zerrissene Netz geschossen wird und ich das Tor nicht gebe? Wieder Arbeit für den mürrischen Platzwart.
Das Spiel beginnt und die halbe Mannschaft A spielt, als hätte sie keine Lust. Gefühlte 5 Promille rieche ich gegen den Wind. "Warum bin ich denn früh nach Hause gegangen ?" frage ich mich dann. Nach 80 Minuten habe ich den Eindruck, bisher alles richtig entschieden zu haben. Als der achte 100% Schuß vom Stürmer neben das Tor getreten wurde und der Spieler dann mit " komm Jupp, macht nichts, der nächste sitzt" , getröstet wurde, ahnte ich schon genau, was kommen würde. In der 87. Minute übersah ich ein wirklich knappes Abseits ( Kreisliga wird ohne Linienrichter/Assistenten gespielt), als das Gezedere groß war: " Schieri, Du Blindfisch, wenn Du Deinen Popo bewegt hättest, dann wäre Dir dieser Fehler nicht passiert! Geh doch nach Hause zur Mutti !" Nach dem Abpfiff gehe ich in die Schiedsrichterkabine. 30 Vereinsanhänger machen mir etwas Angst, als sie vor der Kabine auf mich warten. Naja, der Mopp beruhigt sich wieder.
Zu Hause angekommen schaue ich auf die Uhr. Ohje, der Tag ist schon fast vorüber. Eigentlich wollte ich doch an diesem Wochenende mit meinem Sohn spielen, den Rasen mähen und ...und...und. Statt dessen durfte ich mich beleidigen lassen, habe meine Freunde verärgert und die Frau vertrösten müssen. Das alles für ein paar Euro Taschengeld.

Ich frage mich: Wofür machst Du das ???
Da fällt mir schnell die Antwort ein. Schiedsrichter zu sein, ist das beste Hobby der Welt. Man nimmt als Einzelsportler am Mannschaftssport teil; lernt viele interessante Leute kennen; man erwirbt Menschenkenntnisse, die auch im Privatleben sehr brauchbar sind; als junger Schiri lernte ich Disziplin und Pflichtbewusstsein. 

Nicht jeder Spieltag ist frustrierend, denn die meisten Spiele gehen ganz friedlich und teilweise freundschaftlich zu Ende. Wenn ich dann am nächsten Samstag meine Schiedsrichter-Freikarte für Schalke gegen Bayern erhalte, ist dieses auch nicht zu verachten und ich freue mich auf den nächsten Spieltag, an dem ich wieder selber auf dem Platz stehen darf.

Autor:

Olaf Oberkalkofen aus Duisburg

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