Das Portrait eines der größten Amateurboxer Deutschlands: Peter Hussing
Mein besonderer Dank gilt Bernhard Kordowski und Werner Schäfer, ohne deren Hilfe dieses Portrait nicht zustande gekommen wäre.
8. September 1972: Auf der Olympiade in München verliert Peter Hussing gegen Teófilo Stevenson und wird Dritter. Genau 40 Jahre später, am 8. September 2012, verliert Peter Hussing seinen letzten Kampf. Im Alter von 64 Jahren stirbt der „Bär von Brachbach“ im engsten Kreis seiner Familie an den Folgen eines Krebsleidens.
Zum Boxen kam Peter Hussing mit 14 Jahren. In seinem Elternhaus, im siegerländischen Kirchen, trainierte er vor einem Spiegel und eiferte seinen Vorbildern Gustav Scholz, Karl Mildenberger und Erich Schöppner nach. Für den ABC Siegerland kletterte er das erste Mal in den Ring. Beim zweiten Mal stand er bereits dem späteren deutschen Juniorenmeister, Uwe Laroche gegenüber. Noch verlor der große Schlacks. Mit 17 erklärte der DBV Peter Hussing für erwachsen. Ihm sind die Gegner ausgegangen.
16-mal wurde er Deutscher Meister, fünf deutsche Mannschafts-Meisterschaften mit Ringfrei Mülheim kommen hinzu. Mit 21 Jahren gewann Hussing bei der Europameisterschaft in Bukarest Bronze. 1971 heiratete er Christel, die er von klein auf kannte. Im gleichen Jahr wurde der Rheinland-Pfälzer in Madrid EM-Zweiter. Zwei Jahre später folgte in Belgrad weiteres EM-Silber.
Dann kommt die Olympiade in München: Hussing geht gegen den kubanischen Überflieger Teófilo Stevenson schwer KO.
Olympiaboxer und Freund Werner Schäfer erinnert sich:
„Peter startete sehr gut. Urplötzlich schlug Stevensons Rechte ein und riss ihm regelrecht die Beine weg. Bundestrainer Dieter Wemhöfer schrie, „Peter, komm hoch! Komm hoch!“ Peter sah Wemhöfer mit glasigen Augen an und schüttelte den Kopf. Dann gingen bei ihm die Lichter aus.“
1979 holte er in Köln im neu eingeführten Superschwergewicht das lang ersehnte Europameisterschafts-Gold. Im Kampf um den Titel besiegte der Brachbacher den Ungarn Ferenc Somodi.
Auf der Weltmeisterschaft 1982 verlor er gegen den späteren Sieger Tyrell Biggs und wurde Dritter.
Der „Max Schmeling der Amateure“, beendete seine internationale Karriere mit einer Niederlage. In St. Nazzaire, Frankreich, unterlag er dem Bulgaren Petar Stoimenov nach Punkten. Es war das Jahr 1984.
Aufzuhören wäre dem Boxer mit dem „furchtbaren Leberhaken“ nie in den Sinn gekommen. Doch die Statuten des Deutschen Boxsportverbands sahen vor, dass mit 37 Jahren die aktive Laufbahn eines Boxers endet. Am 27. Dezember 1985 war es soweit. Peter Hussing kletterte in Mülheim zum letzten Mal in den Ring. Nach 439 Kämpfen endete eine der größten Karrieren im deutschen Amateur-Box-Sport. Natürlich hatte er Angebote, ins Profi-Lager zu wechseln. Er sollte sogar gegen Ali boxen. Doch er widerstand.
Auch im Berufsleben war Peter Hussing immer geradlinig: „Bauzeichner-Lehre, Tätigkeit als Maurermeister, Studium, Architekt, Bauleiter bei der Viterra AG“, nannte er als die wichtigsten Stationen seines Arbeitslebens.
Die Studienwahl wurde stark durch die Tätigkeit seiner Eltern geprägt: „Wir hatten ein Bauunternehmen mit 30 Beschäftigten.“
Ob es einen Grund gibt, der schönen alten Studienzeit nachzutrauern, wurde Hussing einmal gefragt. „Nein“, antwortete er, „aber ich trauere der schönen alten Sportzeit nach.“
2008 übernahm er in seinem Heimatort Brachbach politische Verantwortung und leitete als Bürgermeister die Geschicke seiner Gemeinde.
Mit seiner Frau setzte er sich zum Wohl behinderter und krebskranker Kinder ein. Er nahm an Wohltätigkeits-Veranstaltungen, wie z.B. der Ginkgo Tour teil. Durch den Sport kannte er natürlich Gott und die Welt. Das nutzte er. So holte er die „Tour der Hoffnung“ 2009 in die Region.
„Peter veranstaltete ´83 einmal eine Benefiz-Box-Veranstaltung in Herdorf zu Gunsten behinderter Kinder“,
weiß Bernhard Kordowski, einer seiner Weggefährten beim RF Mühlheim, zu berichten.
„Er fragte mich, ob wir zum Abschluss der Veranstaltung noch einmal die Handschuhe anziehen könnten. „Peter, schau Dir mal die Kinder an.“, sagte ich. Er verstand sofort und ließ sich von den überglücklichen Dötzken vermöbeln. Ich weiß noch, für zwei elektrische Rollstühle brauchte er damals 10.000 Mark, 7.000 hatte er zusammen. Mit seiner jovialen Art brachte er das letzte Eis bei den Anwesenden zum Schmelzen. Zum Schluss hatten wir sogar 2.000 Mark über. Der Peter war ein Robin Hood. Er hat von den Reichen genommen und den behinderten Kindern gegeben.“
Für sein Lebenswerk bekam er 2008 die höchste deutsche Auszeichnung, das Bundesverdienstkreuz.
Peter Hussing war Zeit seines Lebens ein Sieger – Als Sportler und als Mensch
Autor:Wolfgang Wycisk aus Düsseldorf |
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