Berlin, Berlin, wir waren in Berlin!!!
Der Entschluss fiel mit dem Schlusspfiff beim letzten Saisonspiel gegen die Zebras aus Duisburg.
Der beste Fußballkumpel von allen rannte los und ich rannte einfach mal hinterher. Begleitet von meinem derzeitigen Lieblingslied der Toten Hosen. Alles an und in mir war pures Adrenalin. Das Herz stand kurz vor Vulkanausbruch.
Wir ergatterten das begehrte Anmeldeformular für den Sonderzug nach Berlin. Nicht der Sonderzug nach Pankow, sondern der nach Spandau. Jetzt war fast schon alles gut, die zwei Tage Spontanurlaub schon im Vorfeld so gut wie sicher.
Kurze Zeit später stand fest, dass wir mit insgesamt sieben Leuten diese Wahnsinnstour nach Berlin an einem Tag durchziehen werden. Also schnell das Formular ausgefüllt und abgeschickt. Und dann begann das lange Warten auf die Antwort der Fortuna-Fanbetreuung, ob wir auch tatsächlich mit konnten. Am späten Montagabend dann die erlösende Nachricht: heyho, lieber Fortuna-Fan, DU bist mit dabei, Details folgen. Und seit dieser Information trug mein Körper den ganzen Tag Gänsepelle (ist bis heute so geblieben und wird sich bis zum Abpfiff des Rückspiels wohl auch nicht mehr ändern).
Am Donnerstagvormittag standen wir dann also zusammen mit den anderen 1500 reisewütigen Fortuna-Fans in einer langen Schlange auf dem Bertha-von-Suttner-Platz und warteten darauf, dass wir endlich die begehrten Bändchen für die Zugfahrt um unser Handgelenk binden konnten. Und alles ward gut und das erste Bier zur Feier dieses besonderen Tages zischte die Kehlen runter.
Im Zug enterten wir unsere Abteile, richteten es uns heimisch ein. Essen und Trinken war in reichlicher Menge vorhanden. Und gute Laune sowieso.
Die Stimmung im Zug war grandios. Immer wieder schallten Fortunalieder durch die Gänge, im Partywagen wurde abgetanzt. Rambazamba in voller Vorfreude auf das Relegationsspiel bei der alten Dame Hertha. Mit einem gewissen Zittern im Herzen, wie das Spiel wohl werden wird, ob es da irgendwas für uns zu holen gibt.
Von Spandau aus ging es mit der S-Bahn zum Olympiastadion. Das letzte Mal war ich im Januar letzten Jahres da und habe gedacht, ich müsste erfrieren. Deswegen war es einfach ein tolles Gefühl, diesen Ausflug bei einem Sommerabend-Lüftchen im T-Shirt begehen zu dürfen. Alles war absolut entspannt, wir waren gut in der Zeit, konnten ganz in Ruhe ein nettes Plätzchen in der Fan-Kurve aussuchen und dieses imposante Stadion bewundern.
Ausverkauftes Haus und ich !!! mittendrin. Da gehen einem Gedanken durch den Kopf, da kochen Gefühle in einem hoch, die man sehr schwer beschreiben kann. Unsere Kurve gab gesangstechnisch von Anfang an alles. Und mir wurde nach der Rückkehr dann erzählt, dass das bei der Liveübertragung im Fernsehen auch wunderbar zu hören war. Stark!
Als das 1:0 für die Hertha fiel, versanken wir alle erst mal in tiefe Schweigsamkeit. Tja, war abzusehen, dass der Erstligist wohl doch eine Hausnummer zu hoch für uns war. Aber so ein Fortuna-Fan lässt sich nicht so leicht entmutigen und legt dann eben wieder los. Mit Leib und Seele und Leidenschaft. Und so gingen dann auch die Spieler in der zweiten Halbzeit wieder ran an die Berliner Buletten: mit Leib und Seele und mit viel Leidenschaft. Bröker schießt zum 1:1 ein und wir fallen uns um den Hals wie ausgehungerte Wölfe. Genau darauf hatten wir gewartet, genau dafür waren wir seit vielen Stunden unterwegs, so konnte es bleiben, die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Rückspiel waren doch allerbestens!
Als unser Lieblings-Wikinger zum Freistoß ansetzte, zitterten nicht nur die Herzen, sondern der ganze Körper. Irgendwie landete der Ball auf dem Kopf des Gegners und von da aus im Tor der Berliner.
Torschreie haben ihre ganz eigenen Gesetze.
Da entlädt sich alles, was sich vorher in einem angesammelt hat einfach in ein furioses Gebrüll.
Und wenn das insgesamt 7000 mitgereiste Düsseldorfer machen, dann wird es im Rest des weiten Stadionrunds ganz, ganz still. Ich glaube, ich habe nach einem Tor meiner Fortunen noch nie so wild durch die Gegend geküsst und umarmt.
Glück ist teilbar.
Und das macht dann noch viel glücklicher.
Genauso war das dann auch nach dem Abpfiff.
Wir hatten tatsächlich in Berlin gewonnen.
Potzblitz!
Tränen liefen und dabei wurde dann eben weiter gebützt und umarmt. Keiner dachte in diesem Moment darüber nach, dass uns noch eine lange Nacht der Rückreise bevorstand. Das war alles so nebensächlich, so egal. In solchen Momenten nimmt man einfach alles in Kauf, weil man dabei war, weil man daran teilhaben konnte.
Live und bunt.
Kunterbunt!!!
Die S-Bahn zurück nach Spandau war rappelvoll und meine kleinen und unfeinen klaustrophobischen Anfälle setzten wieder ein. Dagegen kann dann schon mal die intensive Beobachtung eines zu Stein gewordenen Berliner Polizisten helfen. Trotz aller Bemühungen konnte ich ihm dennoch kein Lächeln entlocken, aber mich dafür etwas ruhiger werden lassen. Die ganzen Schweißausbrüche versuchte ich einfach mal zu ignorieren. Der Zug zurück hatte Verspätung, es herrschte ein wildes Durcheinander bei der Platzsuche, die Müdigkeit setzte aber erst nach und nach ein. Schließlich war im Partywagen Riesenstimmung, die wollten wir noch mitnehmen. Denn solche Dinge erlebt man nun mal nicht alle Tage, diese Glücksgefühle wollten voll und ganz ausgelebt werden.
Irgendwann morgens landeten wir mit kleinen Augen und vielen neuen Falten am Düsseldorfer Hauptbahnhof. Kaputt, aber restlos glücklich und zufrieden. Die innere Aufruhr ließ mich nicht einschlafen. Es ist erstaunlich, mit wie wenig Schlaf man doch auskommen kann, wenn alles in einem tobt.
Am Dienstag folgt die Fortsetzung.
Wieder vor ausverkauftem Haus.
Wieder mit Gänsehaut im Herzen und mit aller Liebe zum Verein und zum Fußball.
Egal, wie es letztendlich ausgeht: das war das Beste, was man in all den letzten Jahren miterleben durfte. Und das wird gefeiert, das ist mal jetzt schon sowas von klar!
Dieser Song hier ist meine persönliche Hymne.
Diese Tage werden unvergesslich bleiben.
Für immer!
http://www.youtube.com/watch?v=jivVLhvegJE&feature=share
Autor:Annette Kallweit aus Düsseldorf |
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