Unterwegs in Düsseldorf
Bunt und anders: Wie die Kiefernstraße in Flingern zum Gesamtkunstwerk wurde

Bemalung auch auf der Fichtenstraße/Ecke Kiefernstraße. | Foto: ©Margot Klütsch
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In den 1980er-Jahren  war diese Straße ein Alptraum - und heute ist sie ein Traum für alle, die es bunt und alternativ mögen: Die Kiefernstraße in Düsseldorf-Flingern ist der perfekte Gegenentwurf zur noblen Königsallee. Durch ihre bemalten Fassaden ist sie inzwischen über die Grenzen der Stadt hinaus als Gesamtkunstwerk bekannt.

Von der Werkswohnung zum Häuserkampf

1905 bis 1910 entstanden auf der Kiefernstraße Werkswohnungen für die Arbeiter in den nahe gelegenen Stahlwerken - es waren aber keine Mietskasernen mit engen Hinterhöfen, sondern Häuser mit kleinen Vorgärten und Spielplätzen. Die Bausubstanz wurde im Krieg geschädigt und seit den 1960er-Jahren zogen Gastarbeiter in die Kiefernstraße. 1975 mussten die Klöckner-Werke schließen. Die Stadt Düsseldorf übernahm die Immobilien und plante den Abriss, um Gewerbe anzusiedeln. Die Anwohner wehrten sich, in den 1980er wurden Häuser besetzt, von Kontakten ins RAF-Umfeld war die Rede und die Kiefernstraße galt als der soziale Brennpunkt in der Stadt.

Sanierung, Bemalung und Stadtteil-Kultur

Doch 1988 beschloss der rot-grüne Stadtrat, die besetzten Häuser zu erhalten. Schließlich wurden  Mietverträge zu sehr günstigen Konditionen bis 1998 geschlossen und danach um weitere 10 Jahre verlängert. Das Sozialamt übernahm die Verwaltung und in den 1990er-Jahren begann die Sanierung,  unter tätiger Mithilfe der Bewohner. Ab 2003 initiierte das Kulturbüro Kiefernstraße die künstlerische Gestaltung der Fassaden. Die vorher besetzten Häuser mit den ungeraden Zahlen wurden durchgehend bemalt. Die Gruppe Farbfieber um Klaus Klinger gestaltete 2004 die Häuser 1 bis 7 mit farbenfrohen, plakativen und auch kritischen Graffiti, wie es zum Charakter der Straße passt. Weitere sehr unterschiedliche Bemalungen folgten. Bei nach wie vor niedrigen Mieten und mit politischer Unterstützung entwickelte sich eine Gemeinschaft, in der multikulturelle Individualität und Integration (Flyer) gelebt werden. Oder, wie es der freundliche Quartierpolizist ausdrückte: Hier geht es nicht besser und nicht schlechter zu als auf anderen Straßen der Stadt.

Vorbild für andere soziale Brennpunkte?

Das Modell Kiefernstraße wurde zusammen mit den Bewohnern von  vielen engagierten Menschen unter großem Aufwand realisiert - und es ist  erfolgreich. Und das Engagement geht weiter: Der Protest von Anwohnern der Kiefernstraße führte in den vergangenen Monaten dazu, dass die Pläne eines Investors, in unmittelbarer Nähe ein Hotel und Mikroapartments zu bauen, in einem neuen Planungsverfahren noch einmal überdacht werden. Die Frage ist, ob sich das Projekt auf andere größere Problemviertel übertragen ließe.

Ich würde mich freuen, wenn Ihr mich durch die Kiefernstraße begleitet.
 
Quellen
http://www.farbfieber.de/UNIQ157988246905301/doc67A.html
Flyer Kulturbüro Kiefernstraße, 3. Auflage 2019.

Autor:

Margot Klütsch aus Düsseldorf

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