Update 5: Morde in Düsseldorf und Erkrath / Drittes Todesopfer

Die Tatwaffen.
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Die Bluttaten in Düsseldorf und Erkrath am Freitag (28.02.2014) haben jetzt ein weiteres Todesopfer gefordert. Ein Mann war in einer Anwaltskanzlei in Düsseldorf lebensgefährlich verletzt worden und ist am Samstag seinen schweren Verletzungen erlegen. Das teilten die Ermittler heute Mittag (02.03.2014) auf einer Pressekonferenz im Polizeipräsidium mit. Außerdem präsentierte die Polizei Fotos von den Tatwaffen.

Der Mann war von dem Beschuldigten Yanquing T. (48), einem aus Schanghai stammenden Chinesen, der aber schon lange in Deutschland lebt, mit einem Messer angegriffen worden. Insgesamt sind durch die Bluttaten in den Büros am Höherweg in Düsseldorf und am Neuenhausplatz in Erkrath-Unterfeldhaus nun ein Mann und zwei Frauen ums Leben gekommen, mehrere Personen wurden dabei verletzt.

Rachefeldzug aus Ärger über Anwälte

T. handelte aus Rachsucht, weil er sich in einem früheren Strafverfahren von den Juristen der beiden betroffenen Kanzleien schlecht beraten fühlte. T. hatte in der Pizzeria von Renata P. (52) in Goch als Koch gearbeitet. Völlig unvermutet hatte er seiner Chefin im Jahre 2011 eine Ohrfeige verpasst. Renata P. erlitt dadurch einen Trommelfellschaden und war drei Monate lang arbeitsunfähig. Sie hatte T. wegen Körperverletzung angezeigt und ein Schmerzensgeld gefordert. In dem Verfahren wurde T. von der Düsseldorfer Kanzlei am Höherweg vertreten. Er verlor aber den Prozess und sollte ein Schmerzensgeld in Höhe von mehreren tausend Euro zahlen. Weil er sich von der Düsseldorfer Kanzlei schlecht beraten fühlte, suchte er die Erkrather Kanzlei auf, um eine Revision zu erreichen. Dort sagte man ihm aber, dass dies keinen Erfolg haben würde. Lediglich über die Höhe des Schmerzensgeldes könnte man neu verhandeln. T. erklärte dann, dass er keinen Cent Schmerzensgeld zahlen wolle. In der Folgezeit belästigte T. den Erkrather Anwalt durch Telefonterror, in der Düsseldorfer Kanzlei tauchte er mehrmals unangemeldet auf. Mindestens einmal im Monat sei er bei den Anwälten aufgelaufen, erklärte für die Staatsanwaltschaft Christoph Kumpa. Dabei sei T. wiederholt aggressiv aufgetreten, aber die Mitarbeiter hätten ihn immer wieder beruhigen können. Deshalb habe es auch keine Anzeige gegen T. gegeben. Die Polizei hatte somit vorher keinerlei Hinweise auf die Gefährlichkeit des Täters.

Wie Jürgen Schneider von der Polizei Düsseldorf heute mitteilte, stellt sich nach den bisherigen Ermittlungen der Kripo der Ablauf am Tattag nach Zeugenaussagen wie folgt dar:

Freitag, 9 Uhr: Yanquing T. bringt seine Tochter zum Kindergarten.

10 Uhr: Seine Frau spricht mit Yanquing T. am Telefon, das Gespräch sei nicht auffällig gewesen, sagt sie gegenüber der Polizei aus. Danach hätte ihr Mann das Mobiltelefon abgestellt und sei nicht mehr zu erreichen gewesen.

11.29 Uhr: Yanquing T. taucht unangemeldet in der Kanzlei am Höherweg auf. Offensichtlich hat er die Absicht, den Inhaber der Kanzlei zu töten. Dieser befindet sich aber in Urlaub. Er trifft dort auf die Anwältin Ulrike F. (54). In kürzester Zeit entwickelt sich ein Streitgespräch. Ein zweiter Anwalt, Ronald M. (64), kommt hinzu, um seiner Kollegin zu helfen. T. zieht aus einer Plastiktüte eine Schusswaffe und drückt ab. Aber aus der Waffe löst sich kein Schuss. Der Anwalt versucht noch, dem Täter die Waffe zu entreißen. Daraufhin schlägt T. mit der Waffe auf M. ein, dieser flüchtet.

T. hat auch noch zwei Messer dabei und verletzt die Anwältin mit mehreren Stichen im Kopf- und Schulterbereich tödlich. Ein weiterer Anwalt, Bernhard L. (51), der ebenfalls in der Kanzlei arbeitet und eingreift, wird von T. niedergestochen. Er stirbt Samstagnachmittag an seinen schweren Stichverletzungen im Kopf- und Schulterbereich. Bevor T. flüchtet, legt er Feuer. Dazu hat er er einen Benzinkanister mitgebracht. Als Feuerwehr und Polizei wenig später am Tatort eintreffen, ist T. verschwunden.

Mit dem Wagen seiner Frau, einem Renault Modus, macht er sich dann auf den Weg nach Erkrath.

12.36 Uhr: Yanquing T. trifft in Erkrath ein: Auch hier hat er die Absicht, den Inhaber zu töten. Dieser wurde aber durch einen glücklichen Zufall kurz vorher von seiner Frau angerufen und machte sich auf den Weg nach Hause. T. schießt Anwaltsgehilfin Regina H. (50) mit einer Pistole in den Kopf und in die Lunge. Ein junger Anwalt, Thorsten G. (33), der aufgrund einer Körperbehinderung im Rollstuhl sitzt, versucht zu helfen: T. schießt ihm in den Bauch. Auch in den Erkrather Büros legt er Feuer. Bei der Flucht fleht der verletzte Anwalt im Rollstuhl ihn um Hilfe an, weil er allein den Flammen nicht entkommen kann. Zuerst versucht T. ihm noch zu helfen, weil aber der Körper der Rechtsanwaltsgehilfin die Tür blockiert, unterlässt er das dann aber doch und flüchtet.

Beherzte Retter

Florian R. (36), der im selben Haus arbeitet, bemerkt von draußen den Rauch und schlägt die Glastür zur Anwaltskanzlei mit einem Feuerlöscher ein. Er rettet zunächst den schwer verletzten, im Rollstuhl sitzenden Thorsten G., anschließend Regina H., schleift beide in den Flur und bringt sie im Fahrstuhl in Sicherheit. Thorsten G. erleidet neben dem Bauchschuss auch eine Rauchvergiftung. Jürgen Schneider, der Düsseldorfer Polizeichef, lobt ausdrücklich die Zivilcourage des Retters, der trotz des Brandes sehr umsichtig gehandelt hat.

Yanquing T. ist zu dieser Zeit bereits auf den Weg nach Goch. Dort wollte er, da ist sich die Polizei sicher, auch Renata P. töten und anschließend Feuer legen. Die beiden Zwillingstöchter Roxana A. und Ksenia A. (22) versuchen ihre Mutter zu beschützen. Sie schleudern einen Tisch gegen T. und versuchen ihn zu überwältigen. Roxana A. erleidet dabei eine Schussverletzung, außerdem schlägt T. ihr mit der Waffe auf den Kopf. Ksenia A. wird durch Stiche am Kopf verletzt. T. hatte die Frauen sofort mit einer Waffe bedroht, aber es löste sich zuerst wiederum kein Schuss, was den Frauen die Möglichkeit zur Gegenwehr gab.

Ein junger Mann – der 22-jährige Iraker Muhammed A. F. – wird auf der Straße auf den heftigen Kampf aufmerksam und kommt den beiden jungen Frauen zu Hilfe. Gemeinsam gelingt es ihnen, den sich heftig wehrenden Täter zu überwältigen. T. beißt dem jungen Mann dabei in die Hand. Die Polizei in Goch wird um 14.15 Uhr alarmiert. Die Beamten, die gegen 14.30 Uhr eintreffen, nehmen T. fest.

Nach der Tat in Erkrath ergab sich für die Polizei ein Zusammenhang mit der Mordtat in Düsseldorf: T. stand damit als Täter fest. Durch Abgleich der Personalien erkannten Zeugen in Düsseldorf T. eindeutig als Täter wieder. Das war gegen 16.00 Uhr. Gegenüber der Polizei in Goch gab T. auch die Taten in Düsseldorf und Erkrath zu. In Düsseldorf-Rath stand die Polizei bereits vor der Wohnung des Tatverdächtigen, wusste jedoch nichts über den Verbleib des T., bis dann die Nachricht aus Goch kam.

Staatsanwalt Christoph Kumpa erließ Haftbefehl wegen Mordes und versuchten Mordes aus niedrigen Beweggründen, zudem wegen Brandstiftung und schwerer Körperverletzung. Bewaffnet war T. mit einer Pistole Typ Walther P 22 und einer Pistole Browning Kaliber 6,35 mm eines belgischen Herstellers, einem Küchen- und einem Klappmesser. Er führte außerdem weitere Munition für beide Schusswaffen mit sich. Für den Besitz der Waffen braucht man einen Waffenschein, den besaß T. aber nicht. Zurzeit ist noch unklar, wo er sich die Waffen besorgt hat.

Psychiatrische Erkrankungen des Beschuldigten sind nicht bekannt. Kumpa geht von der Schuldfähigkeit des Täters aus, seine Handlungen seien alle sehr zielgerichtet gewesen. Der Amoklauf kam für alle Beteiligten völlig unerwartet.

Der mutmaßliche Täter sitzt in Untersuchungshaft und hat sich auf Anraten seines Rechtsbeistandes nicht weiter zu den Tatvorgängen und Motiven geäußert. Die Rekonstruktion des Tathergangs stützt sich auf die Zeugenaussagen und der an den Tatorten gefundenen Spuren.

Autor:

Norbert Opfermann aus Düsseldorf

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