Ungesund
„Wir müssen reden! Reden über die neuesten Erkenntnisse um unser täglich Brot, die Sorgen und Gefahren, aber auch über das Wohltuende. Vor allen Dingen Genuss ohne Reue. Darüber reden und informieren wir.“
Mit diesen Worten hatte der Deutsche Allergie- und Asthmabund e. V. auch in diesem Jahr zum „Lebensmittelallergietag“ eingeladen. Namhafte Referenten präsentierten in gut nachvollziehbarer Weise die Problematik rund um das Thema „Allergien und Unverträglichkeiten“ und veranschaulichten den sinnvollen Umgang damit.
Ob es nun um die neuesten Behandlungskonzepte bei Neurodermitis, die beängstigenden Symptome bei allergischen Reaktionen, oder um den „Alarm im Darm“ bei verschiedenen Lebensmittelunverträglichkeiten ging, der Fokus lag immer auf den Möglichkeiten, anstatt auf den Begrenzungen, wodurch sowohl Betroffene, wie auch Fachleute für die tägliche Praxis Bestärkung und Ermutigung erfahren konnten.
Vielfältige Möglichkeiten wurden auch in den Pausen ganz praktisch in Form von Produktproben nahegebracht. Im Verkostungsangebot war eine große Vielfalt an allergenarmen Leckereien. Neben Knabbergebäck und Schokolade gab es sogar warme Speisen, wie Suppe und Pizza. Auch die Kühltruhe mit dem laktosefreien Speiseeis übte magische Anziehungskräfte auf die Tagungsbesucher aus. Den Höhepunkt bildete allerdings eine Einkaufstasche voller hochwertiger Pflegeprodukte, die im Nachhausetragen manch Untrainiertem Muskelkater in den Armen beschert haben mag.
Nein, auch wenn die Kosten sicherlich durch die Werbemaßnahmen der unterschiedlichen Aussteller getragen wurden, als klassische Werbeveranstaltung kann dieses rundum gelungene Angebot auch rückblickend nicht bezeichnet werden. Der einzige Nachteil: Die Teilnahme war kostenlos. Diese Tatsache wirkte sich vermutlich unweigerlich auf das Verhalten der Besucher aus.
Die gesamte Zeit über wurden die Vorträge durch ein reges Kommen und Gehen der Zuhörer gestört. Türen wurden lautstark geöffnet, der Geräuschpegel aus dem Foyer wollte permanent ablenken. Immer wieder erhoben sich ganze Sitzreihen, um Zuspätkommern einen Platz zu gewähren. In den Pausen waren dafür alle umso pünktlicher, um die Stände zu plündern. „Rette sich wer kann,“ wollte man den adretten, abgesandten Vertretern zurufen, „aber geben Sie mir vorher unbedingt noch von dieser unbezahlbaren Diätschokolade.“
Ein Mitarbeiter der Firma „NoTrost“* wurde lautstark von einer allergischen Dame beschimpft, während er mit freundlichem Lächeln Suppe und Pizza an Grabscher austeilte. Allein der Blick auf die Liste der Zusatzstoffe sei lebensgefährdend. „DAS ist es was uns krank macht“ hörte man sie noch dort krakelen, wo man gerade noch meinte, sich Erleichterung verschaffen zu können.
Am Ende des Tages ist die Ahnung einmal mehr zur Gewissheit geworden: Wirklich ungesund sind Undank und Raffgier.
Kompetent geschult kann hingegen jeder gut mit Allergien leben lernen.
*Name geändert
Autor:Femke Zimmermann aus Düsseldorf |
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