Ratgeber Fotorecht (Teil 3): Öffentlichkeit, Panoramafreiheit und Beiwerk

Die Fußgängerzone zählt zum öffentlichen Raum. Die Person im Hintergrund ist kaum erkennbar "ins Bild gerutscht". | Foto: Thiele / Lokalkompass Castrop-Rauxel
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  • Die Fußgängerzone zählt zum öffentlichen Raum. Die Person im Hintergrund ist kaum erkennbar "ins Bild gerutscht".
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Was ist beim Fotografieren und Veröffentlichen auf lokalkompass.de erlaubt und was nicht? In unserer Ratgeber-Serie zum Fotorecht befassen wir uns diesmal mit ein paar rechtlich wichtigen Begriffen: Öffentlichkeit, Panoramafreiheit und Beiwerk. Unser Gespräch mit der Rechtsabteilung des Verlags, Teil drei.

Wenn ich mir die Karnevalsfotos im Lokalkompass angucke, erhalte ich als Laie schnell den Eindruck, dass man in der Öffentlichkeit alles und jeden fotografieren darf. Stimmt das?

Im Rahmen einer Straßenveranstaltung gilt das schon, weil ich da im Bereich der konkludenten Einwilligung bin. Leute, die aktiv im Rosenmontagszug mitmachen, etwa als Musikanten oder Funkemariechen: die exponieren sich bei der Veranstaltung mit dem Wissen, dass da Fotos gemacht werden, sowohl von der Presse als auch von Privatpersonen, die Fotos ins Internet laden. Und bei jenen, die sich nicht eigens zu Zwecken der Fotografie am Ort des Geschehens aufhalten, etwa Zuschauer: da greift in der Regel das Prinzip des zeitgeschichtlichen Ereignisses. Das gilt übrigens auch für den kleinen Ortsverein mit der Herrensitzung: Eine Ausnahmesituation, bei der Fotografen keine Einwilligung benötigen.

Ich habe gehört, die Straßenfotografie wäre nicht mehr so möglich wie früher. Neuerdings soll maßgeblich sein, ob der Fotografierte sich in einer „Situation der Hilflosigkeit“ fotografiert fühlt. Das klingt ziemlich subjektiv!

Das ist eine Einschränkung: selbst wenn ich keine Erlaubnis habe und mich auf einen gesetzlichen Ausnahmezustand berufe, zum Beispiel ein zeitgeschichtliches Ereignis, muss ich mich im letzten Schritt immer noch fragen, ob ich möglicherweise Interessen des Abgebildeten verletze, ob entgegenstehende Interessen vorhanden sind, die gegen eine Veröffentlichung sprechen.

Ein Beispiel: Im Straßenkarneval betrinken sich einige Menschen bis zur Besinnungslosigkeit und liegen dann in den lustigsten Positionen irgendwo auf Treppenstufen, Häusereingängen oder sonst wo rum. Das sind ulkige Fotos, wenn jemand im Krokodilskostüm da vor sich hin schlummert, der eigentlich ein großgewachsener muskulöser Kerl ist. Aber dieser Kerl ist wahrscheinlich interessiert daran, dass dieses peinliche Motiv nicht veröffentlicht wird, weil es ihm beruflich schaden könnte!

So könnte man zur Abwägung gelangen: dieses Foto ist zwar im Straßenkarneval entstanden und damit erstmal ohne Einwilligung zulässig, aber die abgebildete Situation ist für den Abgebildeten sehr unschicklich. Dann spricht das Schutzinteresse der Person dagegen, dass man es veröffentlichen darf.

Eine hilfreiche Leitplanke für juristische Laien ist ohnehin der gesunde Menschenverstand: wie würde ich mich an Stelle des oder der Fotografierten fühlen, wenn das Foto an die Öffentlichkeit gelangt?

In Deutschland gilt doch die so genannte Panorama-Freiheit. Aber trotzdem darf man in der Öffentlichkeit nicht alles und jeden fotografieren?

Die Panoramafreiheit soll es jedermann ermöglichen, in der Öffentlichkeit zu fotografieren, aber auch hier kommt es drauf an: Bei Landschaftsaufnahmen beispielsweise können Menschen als so genanntes Beiwerk im Bild zwar grob erkennbar sein, dürfen aber keine zentrale Rolle spielen.

Ob Kölner Dom, Industriedenkmal im Ruhrgebiet oder Sonnenuntergang am Strand: da sind meistens irgendwo Leute mit im Bild. Das ist grundsätzlich erlaubt, so lange die Leute Beiwerk sind und keine ausdrücklichen entgegen stehenden Interessen bestehen. Fotografiere ich beispielsweise den Sonnenuntergang am FKK-Strand, wo einige Leute nackt zu sehen sind: diese Leute hätten vielleicht ein Interesse daran, dass ich sie nicht fotografiere, geschweige denn die Fotos veröffentliche...

Was bedeutet eigentlich Öffentlichkeit? Wenn man in die Stadt geht und da sind Geschäfte, Restaurants und städtische Einrichtungen: Was ist da öffentlich und was privat?

Unter Öffentlichkeit versteht man zunächst den öffentlich zugänglichen Straßenraum, also Fußgängerzone, Gehwege, Parks. Alles was barrierefrei zugänglich ist. Was sich hingegen hinter Türen ereignet (Wohneigentum, Mietwohnung, Gewerberaum): das sind Bereiche, in denen ich mich als Fotograf nur mit Erlaubnis des jeweiligen Rechteinhabers bewegen sollte (des Eigentümers oder Mieters).

Das heißt: Fotos anfertigen in einer Pizzeria oder einem Museum darf ich nur mit der Einwilligung des Hausherrn. Aber auch wenn ich die habe, gelten innerhalb der privaten Räumlichkeiten dieselben Regeln wie bereits besprochen: für Personenabbildungen brauche ich Einwilligungen. Und man muss auch Urheberrechte beachten: ich kann nicht im Museum beliebige Kunstwerke abfotografieren, denn diese Werke sind urheberrechtlich geschützt! Das Foto eines Gemäldes zu veröffentlichen kann als Verstoß gegen das Urheberrecht bewertet werden!

Lesetipps

=> die aktuelle Diskussion um Straßenfotografie und Persönlichkeitsrechte
=> heikle Urlaubs-Selfies: nationales Recht entscheidet
=> gute Nachricht für Fotografen: EU-Parlament lehnt Einschränkung der Panoramafreiheit ab

Ratgeber Fotorecht

=> Teil 1: Persönlichkeitsrecht und Einverständniserklärung
=> Teil 2: Fotografieren bei Veranstaltungen

Habt Ihr Fragen zum Thema? Dann fragt bitte an dieser Stelle per Kommentar! Alle Beiträge dieser Interview-Reihe findet Ihr auf der Themenseite lokalkompass.de/fotorecht

Autor:

Stanley Vitte aus Düsseldorf

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