„Mach erst mal was Sinnvolles!“
Das Handwerk wirbt um Abiturienten und Studenten: In einem Gastkommentar für die Mittelbayrische Zeitung Regensburg (8. Januar 2013) fordert ZDH-Präsident Otto Kentzler, Abiturienten frühzeitig mit Karrieren im Handwerk vertraut zu machen. „Junge Leute gieren nach einem Erfolgserlebnis! Eine Ausbildung im Handwerk kann das schnell vermitteln“, so Kentzler.
Von Otto Kentzler, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH)
Die OECD stachelt mit ihrem Bildungsbericht alljährlich einen Kampf um das goldene Kalb „Akademikerquote“ an. Deutschland wird unterstellt, dass zu wenige Menschen zu den „Hochqualifizierten“ zählen. Gemeint sind damit Hochschulabsolventen. Die OECD folgert daraus, dass unser Land mehr Akademiker hervorbringen müsse.
Ja, was soll das denn? Unser Land ist führend beim Export, Industrie und Handwerk sind hoch innovativ, Produkte und Dienstleistungen sind weltweit begehrt. Das alles soll funktionieren, obwohl unser Land zu wenig „Hochqualifizierte“ hat?
Die OECD schaut halt nur mit einem Auge hin. Sie unterschlägt die Absolventen des dualen Ausbildungssystems, das als „Best Practice“ von der Europäischen Union geadelt wurde und das in der aktuellen Krise Interessenten aus aller Welt in die Bildungsstätten des Handwerks in Deutschland pilgern lässt.
Leider fallen jedoch auch viele hierzulande auf die Polemik herein. Berufliche Bildung gilt Vielen weniger als akademische Bildung. Die Folge: Die Zahl der Haupt- und Realschulabsolventen nimmt ab, die der Abiturienten zu. Uns Handwerkern fehlt gut vorgebildeter Nachwuchs, die Hochschulen werden dagegen überlaufen.
Gerade für die Spitzenpositionen brauchen wir immer mehr junge Menschen mit Abitur oder Studium. Natürlich sind weiterhin leistungsbereite Haupt- und Realschüler willkommen. Wir kümmern uns ebenso um Jugendliche mit schulischen und sozialen Problemen, und wir beraten Migranten.
Handwerk ist in seiner Vielfalt nicht zu toppen. Und Handwerksbetriebe stellen längst auch Top-Karrieren im Mittelstand in Aussicht. Wo ist man als 25jährige schon Handwerksmeisterin und Filialleiterin? Antwort: im Handwerk, beispielsweise als Hörgeräteakustikerin.
Seit 2005 steigt die Zahl der Abiturienten, die eine Berufsausbildung im Handwerk starten, kontinuierlich an. Damit es noch mehr werden, dürfen Eltern und Lehrer an Gymnasien Berufsorientierung nicht nur als Studienberatung definieren. Abiturienten müssen in der Berufsberatung die Chancen im handwerklichen Mittelstand kennenlernen. Die hohe Zahl der Studienabbrecher und in Zwischenprüfungen Gestrandeten an den Hochschulen ist ein Alarmsignal. Wie gehen wir als Gesellschaft hier mit den Garanten unserer Zukunft um? Diese jungen Leute gieren nach einem Erfolgserlebnis! Eine Ausbildung im Handwerk kann das schnell vermitteln.
Der Mensch beginnt nicht erst beim Akademiker. Das habe ich seit 2012 schwarz auf weiß, seit der Deutsche Qualifikationsrahmen DQR Bachelor und Handwerksmeister als gleichwertig eingestuft hat.
Wenn ich unsere jungen Meisterinnen und Meister alljährlich tausendfach beglückwünsche, sehe ich selbstbewusste Menschen mit dem Wissen um das eigene Können und Plänen für eine erfolgreiche Zukunft vor mir. Junge Handwerker, die sich in modernen Ausbildungsgängen das aktuellste Wissen angeeignet haben. „Hochqualifizierte“, die die OECD uns regelmäßig unterschlägt. Junge Leute, die oft noch mehr wissen wollen, und dann zielgerichtet den Schritt an die Hochschule tun. Mein Vorschlag an frustrierte Studenten: „Mach erst mal was Sinnvolles. Studieren kannst du immer noch!“
Quelle: ZDH
Zu Handwerksthemen finden Sie ebenfalls Beiträge unter http://malerillu.de. , dem Online Magazin der Maler- und Lackierer-Innung Düsseldorf sowie unter http://maler-düsseldorf.de und http://energie-und-fassade.de
Autor:Heiner Pistorius aus Düsseldorf |
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