Demenzen
Ist eine Primärprevention bei der Alzheimer-Demenz möglich?

Bei der Alzheimer-Demenz handelt es sich um eine chronische neurodegenerative Erkrankung, die zunehmend an Relevanz gewinnt. In Deutschland wie auch in anderen Ländern mit hoher Lebenserwartung steigt die Anzahl der an Demenz erkrankten Menschen stark an. In Deutschland sind ca. 1.8 Millionen Menschen an Demenz erkrankt. Die Demenz vom Alzheimer-Typ ist mit 60-70% die häufigste Form der Demenzen. Jährlich kommen ca. 450 tausend Menschen in Deutschland dazu, die an der Alzheimer-Demenz erkranken.
Die Krankheit kann zwar schon bei 40- und 50jährigen auftreten, sie ist aber insgesamt vor dem 60. Lebensjahr seltener. Ihre Prävalenz steigt mit dem Alter nahezu exponentiell an und erreicht in der Altersgruppe der 80-89jährigen einen Wert von 10% und mehr (Hofman et al., 1991). Damit ist die Alzheimer-Demenz nach Herzerkrankungen, Krebs und Schlaganfall die vierthäufigste Todesursache in den Industrienationen.

Die Alzheimer-Erkrankung führt bei den Betroffenen u.a. zu einer progredienten Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächnisses bzw. Neugedächnisses und dem Abrufen neuer Informationen. Die räumliche und zeitliche Orientierung ist ebenfalls beeinträchtigt. Es kommt im Verlauf zur Störung der Konzentration- Aufmerksamkeit und auch der Sprache. Im Laufe der Erkrankungen werden weitere Hirnfunktionen erfasst. Dadurch kommt es zu Wesensveränderungen. Bei ca. 30% der Patienten findet sich vermehrte Unruhe. Etwa 25% der Patienten erfüllen die Kriterien einer major Depression. Bei 22% finden sich Apathie, gefolgt von Verhaltensauffälligkeiten bei 17% und Schlafstörungen bei 15%. Wahnsymptome zeigen 12-16%, eine halluzinatorische Symptomatik zwischen 11 und 17%, illusionäre Verkennungen finden sich bei bis zu 30% der Patienten (Burns et al., 1990; Cohen et al., 1993). Dazu kommen nicht selten eine Störung des tag-Nacht-Rhythmus sowie neurologische Ausfälle wie Beeinträchtigung der Koordination und Motorik bis hin zur Pflegebedürftigkeit.

Die Alzheimer-Erkrankung wurde erstmalig 1898 von Aloys Alzheimer beschrieben und als „Dementia senilis“ bezeichnet. Damit grenzte er diese Form der Demenz von den vaskulären Demenzen.
Bereits Junius Juvenalis, ein römischer Redner, der zwischen 60-100 nach Christus lebte, beschrieb diese Art des Vergessens in den Saturae wie folgt: „"Aber noch schlimmer als sämtlicher Glieder Gebrechen ist die Demenz, bei der man selbst die Namen der Sklaven, die Miene des Freundes nicht mehr erkennt, der in vergangener Nacht mit einem speiste, nicht mehr die Kinder, die man gezeugt und erzogen hat."

Die Diagnosestellung erfolgt über die klinischen Symptome, der Bildgebung des Kopfes und den Biomarkern im Liquor. In der Bildgebung vom Kopf zeigt sich häufig eine Hirnatrophie im Temporal- und Parietallappen. Ferner finden sich diffus lokalisierte senile Plaques, die aus Beta-Amyloid bestehen. Ferner finden sich sogenannte neurofibrilläre tangels(NFT). Der Kern dieser Fibrillen enthält die phosphorylierte Form des normalen Tau-Proteins. Im Liqour werden genau diese Biomarker nämlich Phospho-Tau, Gesamt-Tau und Amyloidproteine (A-Beta 1-42) bestimmt. Diese müssen in einer bestimmten Konstellation auftreten, um von Alzheimer-Demenz zu sprechen bzw. zu diagnostizieren.
Bei einer bereits diagnostizierten Alzheimer-Demenz geht es therapeutisch darum, die Lebensqualität zu erhalten, wenn möglich zu verbessern. Die Teilhabe am Leben aufrecht zu erhalten und eine Progression, wenn möglich, zu verlangsamen. Darauf zielen aktuell die medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapien. Eine deutliche Verzögerung des Prozesses oder gar eine Heilung ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Die Therapie ist in erster Linie symptomatisch.

Doch kann man bei der Alzheimer-Demenz so etwas wie eine Primärprävention betreiben?
Der wichtigste Risikofaktor für die Entstehung der Alzheimer-Demenz ist das Alter an sich. Der Alterungsprozess ist unvermeidlich und somit auch das Risiko an dieser Demenz-Form zu erkranken. Aber ein „gesundes“ Altern ist durchaus möglich und kann aktiv beeinflusst werden. Bildung, lesen reduzieren das Risiko an der Alzheimer-Demenz zu erkranken.
Es gibt Hinweise auf andere Risikofaktoren wie das u.a. das Rauchen. Aber auch depressive Erkrankungen, Hypothyreose wie auch Schädel-Hirn-Traumata sind als Risikofaktoren detektiert worden wie auch die Familiengeschichte und Morbus Parkinson. Es besteht auch eine Korrelation zwischen der Alzheimer- Demenz und Arteriosklerose.

Folglich ergeben sich Möglichkeiten einer Primärprävention, weil unsere körperliche und psychische Gesundheit und unsere Risiken, körperlich oder auch psychisch zu erkranken, nicht ausschliesslich durch unsere Gene, determiniert sind. Insbesondere über unser psychisches Wohlbefinden und entscheiden wir in vielen Bereichen unseres Lebens selbst, hier zum einen durch unsere individuelle Lebensführung, aber auch durch die Gestaltung unserer Lebensumwelt. Wie stark wir biologisch wirklich determiniert sind hängt durchaus direkt mit der Frage der individuellen Haltung, des „Mindset“.
Mangelnde Bewegung ist laut der Meta-Analyse von Norton et al. jener Risikofaktor, der für die meisten vermeidbare Alzheimer-Demenz-Fälle in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA),Europa und dem Vereinten Königreich (UK) verantwortlich ist.

Daher können sportliche Aktivitäten u.a. wie Laufen, Schwimmen und Tanzen das Risiko an einer Alzheimer-Demenz zu erkranken durchaus reduzieren.
Auch andere Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus und Hypothyreose etc. können frühzeitig erkannt und gut behandelt werden. Zur Behandlung trägt hier nicht nur die medikamentöse Therapie bei, sondern auch eine ausgewogene und gesunde Ernährung. Inzwischen wissen wir, daß Olivenöl, Zitrone, Ingwer, Kurkuma, Gingko gesund sind. Gemüse- und obstreiche Ernährung wird ebenfalls empfohlen wie auch der tägliche der Genuß von Nüssen jeglicher Art.
Eine mediterrane Ernährung d.h. erhöhter Konsum von Fisch, Obst, Gemüse, Getreide, ungesättigten Fettsäuren; ausgewogener Konsum von Milchprodukten, Fleisch und gesättigten Fettsäuren sowie eine fischreiche Ernährung ist somit zu empfehlen.

Depressive Erkrankungen sollten ernst genommen werden und so schnell wie möglich behandelt werden. Hier stehen psychotherapeutische wie auch medikamentöse Therapien zur Verfügung.
Andere Risikofaktoren wie Adipositas sollten rasch und konsequent behandelt werden.

Soziodemographische Risikofaktoren gilt es zu vermeiden bzw. zu beheben. Hierzu gehören Einsamkeit, mangelnde Kommunikation, Rückzug, fehlende Bildung. Umso wichtiger ist es, daß alle über eine ausreichende Bildung verfügen und auch die Möglichkeit erhalten, sich weitebilden zu dürfen und zu können. Gegen Einsamkeit hilft Geselligkeit und im hohen Alter auch Anlaufstellen für Seniorinnen sowie Möglichkeiten insbesondere im Alter noch studieren zu dürfen und vor Ort Sportstätte zu haben, um aktiv in der Gruppe zu bleiben. Nicht weniger unbedeutend ist auch der gesellschaftlicher Zusammenhalt und Frieden. Mehrsprachigkeit ist kein Nachteil, sondern reduziert das Risiko an Alzheimer-Demenz zu erkranken.

Im Alltag können frühzeitig Gedächtnis und Kommunikationsfähigkeit trainiert werden. Wortspiele, Puzzles und praktische Aktivitäten wie beispielsweise backen oder Gartenarbeit haben einen positiven Effekt auf unsere Gedächnisleistungen.
Nicht zuletzt eine positive Grundhaltung dem Leben gegenüber. Grundsätzlich stehen uns viele Möglichkeiten, um viel früher einer dementiellen Erkrankung vom Alzheimer-Typ bis zu einem gewissen Maße entgegenwirken zu können.

Autor:

Mimoun Azizi aus Düsseldorf

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