Glaube oder Kohle: Groß abräumen mit Gottes Segen
An einem Tag fast zweitausend Euro abräumen. Ohne viel Aufwand. Wer träumt nicht davon? Netto. Unversteuert, versteht sich. Ein "Stundenlohn" um die 200 Euro? Für heutige Konfirmanden ein Klacks.
Wie heisst es doch so schön in Psalm 127: "Den seinen gibt's der Herr im Schlaf." Vergleichsweise einfach kommen Konfirmanden heutzutage zu jede Menge Kohle. Die Saison des Konfirmations-Geschäfts neigt sich nun dem Ende zu. Noch vor Pfingsten ist Schluss mit der lukrativen Einnahmequelle. Aber jetzt freut sich Felix (Name von der Redaktion geändert) erst einmal. 1.800 Euro hat dem 14-Jährigen sein Konfi-Tag eingebracht. Ein "bisschen beten", Konversation mit Omma, Oppa, Tante, Onkel. Und schwupps: Kann er sich so richtig "geile" Sachen von dem Geld kaufen: Den brandneuen Laptop oder doch lieber das megastarke Smartphone? Wünsche hat er jedenfalls genug. Sinn und Zweck der ganzen Veranstaltung? Machen eben alle. Aber vor allem: Lohnt sich aus finanzieller Sicht mehr denn je.
In früheren Zeiten waren als Geschenke zur Konfirmation üblich: Armbanduhren, Bibeln oder auch Aussteuer-Artikel für die Mädchen, wie etwa Handtücher. Geld zu verschenken, hat sich seit längerem etabliert, nur die Höhe des Geldsegens steigt stetig.
Geschenkideen am laufenden Band
Für Schenkende, die dennoch selbst ein Präsent aussuchen möchten, gibt es Portale, die "auf die Sprünge" helfen wollen. Aber da kann mann fast vom Glauben abfallen: Es gibt Internetseiten, auf denen Unentschlossene das passende Konfi-Geschenk finden sollen. Für jeden Geldbeutel. Eine erinnert an die 70-er Show "am laufenden Band" mit Rudi Carell, die einige noch kennen dürften: Die Geschenke sind in mehrere Sparten unterteilt: Bis 50 Euro, bis 100 Euro, bis 250 Euro und bis 500 Euro. Quasi wie beim "Laufenden Band" bewegen sich auf dem Bildschirm von links nach rechts "angesagte" Geschenke-Tipps: Etwa "das Hochleisungs-Smartphone zum guten Preis. Neuste Generation!". Oder aber "die Neue Generation von Fernseher. Mit Internet und Apps wie auf dem Handy." Welcher Schenkende kann schon wiederstehen bei der Aufforderung:"Gehen Sie mit der Zeit! Super modernes und leistungsstarkes Tablet für junge Leute."
Ähem, wie war das doch noch gleich mit christlichen Tugenden à la Bescheidenheit und Mäßigung? "Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr," scheint schon eher der Maxime heutiger Konfirmanden zu entprechen.
Vielerorts freut sich die Evangelische Kirche über die wachsenden Anzahl von Konfirmanden. Die Konfirmation sei wieder beliebter. Es wächst höchstens eines: Die Wünsche und Ansprüche einer auf Konsum ausgerichteten Generation. Und die wollen finanziert werden. War der Hintergrund der Konfirmation ursprünglich: Das bewußte Ja zum christlichen Glauben, so ist es inzwischen mehr denn je das bewußte Ja für: Konsum und Kommerz.
Ach ja: Bei Felix' Konfirmation gab es immerhin ein bescheidenes Mahl: Nudelsalat mit Würstchen. Amen
Autor:Marjana Križnik aus Düsseldorf |
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