Als die Hexenverfolgung ihr Ende nahm...
![Bezirksvorsteher Karsten Kunert und Herausgeber Dr. Benedikt Mauer bei der Buch-Präsentation. | Foto: Siegel](https://media04.lokalkompass.de/article/2014/12/30/4/6456564_L.jpg?1562919316)
- Bezirksvorsteher Karsten Kunert und Herausgeber Dr. Benedikt Mauer bei der Buch-Präsentation.
- Foto: Siegel
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Das neue Buch "Hexenverfolgung" des Düsseldorfer Geschichtsvereins beleuchtet das Thema im Spiegel des Gerresheimer Hexenprozesses.
1737 war Gerresheim noch ein verschlafenes kleines Landstädtchen östlich von Düsseldorf, da wurden hier die 16-jährige Helena Curtens und Agnes Olmans, etwa 45 Jahre alt, der Hexerei angeklagt und nach einem aufwändigen Prozess im darauffolgenden Jahr verbrannt.
Niemand konnte damals wissen, dass mit diesem Prozess die Hexenverfolgung am Niederrhein ihr Ende finden würde. Aber wohl gerade weil es sich um einen der letzten Prozesse dieser Art im deutschsprachigen Raum handelte, hat sich dieses Ereignis im kollektiven Gedächtnis verankert.
Der Gerresheimer Hexenprozess war nicht nur Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen, seine Darstellung ist auch Teil des 1972 entstandenen Gerresheimer Heimatbrunnens, und seit 1989 erinnert der sogenannte „Hexengedenkstein“ an der Kreuzung von Schönau- und Dreherstraße an die beiden Verurteilten.
Im Jahr 2011 schließlich beschäftigte sich der Anregungs- und Beschwerdeausschuss der Stadt Düsseldorf in einem vielbeachteten Verfahren mit der Frage, ob die beiden Frauen 273 Jahre nach ihrem Tod offiziell rehabilitiert werden sollten. Am 17. November 2011 gedachte der Rat der Landeshauptstadt mehrheitlich der ermordeten Frauen; eine Rehabilitierung fand allerdings nicht statt. Darüber hinaus erhielt aber die Grünfläche, auf der der Hexengedenkstein steht, im Folgejahr den Namen „Helena-Curtens-und-Agnes-Olmans-Platz“.
Die teils sehr emotional geführte Diskussion um die Rehabilitierung zeigte auch deutlich, dass es an der Zeit war, den Prozess in seinem historischen Kontext zu betrachten und dabei auch zu fragen, warum und wie das Thema bis heute berührt.
Das Stadtarchiv konnte vier renommierte Wissenschaftler für Vorträge zu verschiedenen Teilaspekten gewinnen, die im Herbst 2013 in Gerresheim gehalten wurden. Diese Vorträge schlugen einen weiten, spannenden Bogen vom Prozess selbst, seiner Vorgeschichte, aber auch der Wirkgeschichte des Hexenglaubens in Deutschland bis hin zu der bis heute andauernden Verfolgung von Menschen als Hexen und Magier in vielen Teilen der Welt. Sie liegen nun als illustrierte Publikation vor.
"Dieses Buch bietet eine allgemein verständliche Verdichtung der damaligen Ereignisse", versichert Herausgeber Dr. Benedikt Mauer, Leiter des Stadtarchivs und Stellvertretender Vorsitzender des Düsseldorfer Geschichtsvereins. Bezirksvorsteher Karsten Kunert fügt hinzu: "Wir haben in Gerresheim einen besonderen Bezug zur Hexenverfolgung und pflegen auch allgemein ein Gedenken an die Opfer von Gewaltherrschaft."
Das Buch „Hexenverfolgung“ (102 Seiten, farbig) hat die ISBN 978-3-8375-1362-2 und kostet 7 Euro. Es ist ab Januar überall im Buchhandel erhältlich.
Autor:Mark Zeller aus Duisburg |
2 Kommentare
Hintergründe über den Prozess kann man hier nachlesen: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/persoenlichkeiten/C/Seiten/HelenaCurtens.aspx
Wir schreiben das Jahr 1738.... das letzte Opfer in Köln wurde am 17.03.1638 hingerichtet, ebenso in den 1630er Jahren in Bonn und Siegburg. In Deutschland wurde die letzte Hexe 1782 in Würzburg verbrannt. Die Schweizerin Anna Göldi war 1782 das letzte Opfer des Hexenwahns. So viele weise Frauen, Hebammen, Heilende und Wissende haben ihr Leben lassen müssen - knapp 90 % der verfolgten und verurteilten waren Frauen. Unendlich viel Wissen ist verloren gegangen.
Ich kann nicht begreifen, warum eine posthume Rehabilitation von Helena Curtens und Agnes Olmans nicht stattgefunden hat. Posthum werden Bundesverdienstkreuze verliehen. Posthum gibt es Heiligsprechungen (per se).
Staat und Kirche haben sich gewandelt, seit der Weimarer Reichsverfassung verfügen wir in Deutschland über die freie Religionsausübung. Da das Konzil der römisch-katholischen Kirche von Trient (1545-1563) bereits das 19. war und einige folgten, kann man daraus ableiten, dass auch die Kirche im Wandel begriffen war und ist.
Und genau an diesem Punkt wiederholt sich Geschichte: Sozialneid, Misstrauen, Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit, Verfolgung.
.... um es mit Joan Baez zu sagen: when will we ever learn?
Nachdenkliche Grüße
Elke Es Said
Ein sehr schöner Beitrag!
Hier die Hexenstele 2006 in Balve