Zukunft der Pflege sichern
Immer mehr Einrichtungen werden von privaten Großkonzernen aufgekauft, weil sie die notwendigen Pflegefachkräfte (50 Prozent die geltende Orientierungsgröße) auf dem Markt nicht finden und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gewährleistet sehen. Die WTG (Heim)-Aufsicht steht mit dem Rücken an der Wand.
Zum 5. Mal luden Sozial- und Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (RLP) und Gesundheits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann (NRW), am 10. November 2017, in die Vertretung des Landes RLP in Berlin ein. Thema: Was machen wir mit der Fachkraftquote: Ganz ohne oder ganz anders oder weiter wie bisher!?
Pflegebedürftige Menschen, die in stationären Einrichtungen leben, haben einen Anspruch auf die bestmögliche Pflege und Betreuung. Um dies auch in Zukunft sicherzustellen, müssen mehr Menschen für die Ausbildung in einem Beruf in der Pflege gewonnen und die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessert werden.
Prof. Dr. Frank Schulz-Nieswandt,“ Branchenanalysen zeigen die prekäre ökonomische Lage von ca. 25% der Einrichtungen stationärer Langzeitpflege. Dies zeigt sich auch in der Renditestreuung. Die Determinanten sind bekannt. Der Wettbewerbsdruck in der Branche zeigt sodann eines der Gesichter des Marktes: Der Markt zwingt zum Opportunismus. Dies induziert die strukturelle Neigung zum Qualitätsdumping. Folge ist die „Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt“- Unternehmensethik-Chimäre.“
Konsequenz: Die (Pflege)-Fachkraftquote ist umstritten. Die Argumente zur Abschaffung sind nicht ausreichend. Eine generelle Absenkung der Fachkraftquote ist nicht sinnvoll und kann aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse nicht empirisch begründet werden. Das politische Signal wäre fatal. Die Gefahr besteht, dass die ohnehin prekäre Versorgungssituation in der stationären Langzeitpflege weiter gefährdet wird. Dies ist aus pflegewissenschaftlicher Sicht nicht zu verantworten. Die Privaten Einrichtungsträger fordern eine Absenkung. Dagegen die nachfolgende Stellungnahme von:
Helmut Wallrafen-Dreisow, Leiter der städtischen Einrichtungen Möchengladbach: „Ich bin ein klarer Befürworter einer Fachkraftquote. Vor dem Hintergrund der unzureichenden Personalanhaltszahlen, eines deutlich gestiegenen Altersdurchschnitts in der stationären Altenpflege von über 85 Jahren und der damit verbundenen Multimorbidität und Zunahme an Altersdemenz (bei uns über 60%) geht daran kein Weg vorbei! … Die Gegner der Fachkraftquote wollen häufig nur eins: Kosten sparen, bzw. höhere Gewinne machen. Im Bereich der „Fachkräfte“ gibt es zwischen den verschiedenen Anbietern kaum noch gravierende Gehaltsunterschiede. „Das Geld wird mit den Hilfskräften verdient“. Diese sind regional gebundener, verdienen bei Trägervergleichen dann aber auch schon mal 400 bis 600,-Euro weniger als bei uns TVöD-gebundener Heimträger.
Berechnungen bei 40 Jahre Berufstätigkeit zeigen dann, dass die Renten auch um mehr als 500,- Euro geringer sind. Dies ist Provokation von Altersarmut und skandalös! Auch, weil die Kostenträger bei Tariflohnzahlung diese Kosten erstatten müssen. Dies muss der Heimträger aber belegen, was viele –auch Wohlfahrtsverbände- nicht wollen.“
Prof. Dr. Frank Schulz-Nieswandt, bringt es auf den Punkt: Eine „gute Einrichtung“ ist Ort mit einer professionellen Kultur und Praxis in einer anregenden Umwelt des Alterns. Sie fördert die Selbstbestimmung der Person bis zum Ende des Lebens. „Professionelle (Haltungs)pflege (Haltung i. S. von Charakter) ist nicht identisch mit formaler Qualifikation.
Schluss: Wer das nicht versteht und gewährleisten kann, sollte seine Einrichtung beenden.
Frau Bätzing-Lichtenthäler, Landessozialministerin in Rheinland-Pfalz, lehnt die Forderung einiger Verbände nach einer Absenkung der Fachkraftquote in Altenpflegeeinrichtungen weiterhin ab, zeigt sich aber offen für Modellprojekte mit experimentellem Charakter. Sie fasste das Ergebnis zusammen:
"Es ist für mich jedoch unverzichtbar, dass diese Modelle einen Mehrwert für die Bewohnerinnen und Bewohner erbringen und nicht nur auf die Behebung der Personalnot abzielen", so die Ministerin, "solange keine in ihrer Wirkung nachweisbaren und wissenschaftlich belastbaren Alternativen beschrieben werden, ist in Rheinland-Pfalz die Fachkraftquote von 50 Prozent mit den gesetzlich gegebenen Gestaltungsmöglichkeiten die geltende Orientierungsgröße."
Welche Stellung nimmt hier der zuständige Landesminister Karl Laumann?
Wir alle sind gefordert, dass
- eine neue Kultur der Prozessachtsamkeit entwickelt wird.
- die WTG-Aufsicht (vormals Heimaufsicht) gestärkt wird; nur so kann gewährleistet werden, dass eine qualitätsorientierte Pflege unaufgefordert geprüft werden kann. Entsprechende Rahmenvorgaben des Landes sind notwendig. Dies insbesondere zur Stärkung der Aufsicht in den Kommunen, die eigene Altenhilfeeinrichtungen betreiben.
Autor:Siegfried Räbiger aus Oberhausen | |
Webseite von Siegfried Räbiger |
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