Düsseldorf-Angermund: Mitgliederversammlung der Initiative Angermund mit Wahl
Zug-Tsunami in Angermund im Anmarsch
Im August hat die Initiative Angermund ihre ordentliche Mitgliederversammlung im Angermunder Bürgerhaus durchgeführt. Neben dem Geschäftsbericht für das Jahr 2020 standen auch Vorstandswahlen an.
Von Andrea Becker
und Elke Wagner
Angermund. Einstimmig wurde Elke Wagner im Amt als Vereinsvorsitzende bestätigt. Als Schriftführerin wurde Barbara Felsch ebenfalls einstimmig gewählt. Verstärkt wird der Vorstand von Herbert Jünger, der die Aktiven des Vereins als Beisitzer unterstützen wird.
Ungeachtet aller Widrigkeiten durch die Corona-Pandemie, hat sich die Initiative im Covid-Jahr unermüdlich für die Verbesserung des Wohnumfelds in Angermund eingesetzt. "Top-Thema des Vereins ist und bleibt der menschen- und umweltverträgliche Ausbau der Angermunder Bahntrasse zur sechsgleisigen Bahnmagistralen und die städtebaulich verträgliche Überdeckelung der Gleise", betonte Wagner.
Bayern im Tunnelbau weit vorne
Sie machte unmissverständlich klar, dass ein Lärmdeckel, wie er vielerorts in Bayern und Baden Württemberg gebaut würde, auch für Angermund alternativlos sei und erklärte: „Der pausenlose Bahnlärm ist heute schon unverantwortlich und verlärmt quasi den ganzen Stadtteil sowie angrenzende Parks, Naturschutzgebiete und Grünzüge“.
Viele Mitglieder berichteten von stetig steigenden Zugzahlen, stark störendem Bahnkrach durch schnell vorbeifahrende ICE‘s, willkürlich hupenden Eisenbahnen und ratternden Güterzügen, die insbesondere nachts vielen Mitgliedern den Schlaf rauben.
Der Vereinsvorstand berichtete in diesem Zusammenhang von diversen Bahntunnelprojekten in Süddeutschland, wo Geld und Aufwand zum Schutz von Mensch und Umwelt scheinbar keine Rolle spielen. So planen Bund und Deutsche Bahn für das bayrische Rosenheim einen zweigleisigen Gleisausbau mit 60 Prozent Tunnelanteil und Gesamtkosten von sieben Milliarden Euro.
„Mir soll keiner mehr erzählen, dass der Lärmdeckel für die sechs beispiellos dicht und schnell befahrenen Gleise in Angermund nicht machbar ist. Es scheitert weder am Geld noch der Machbarkeit, das zeigen uns Projekte Land auf und Land ab“, fasste die Vorsitzende kämpferisch zusammen.
Der Verein fordert von Politik und Entscheidern in NRW, dass man sich beim Mammutprojekt RRX, das massive Eingriffe und Betroffenheiten für die Menschen und die Stadt Düsseldorf zur Folge hat, nicht mehr mit Karo Einfach abspeisen lässt.
Das Planfeststellungsverfahren für die Angermunder Bahntrasse wurde ebenfalls auf der Mitgliederversammlung ausführlich thematisiert. Der Vorstand berichtete, dass die Deutsche Bahn das Verfahren zur Erlangung des Baurechts Ende 2021 gestartet hat – und das an der Stadt Düsseldorf und den betroffenen Bürgern vorbei. Dieses einseitige Vorpreschen der Bahn sorgte für reichlich Kopfschütteln und Verärgerung bei den Mitgliedern. „Man glaubte wohl Fakten schaffen zu können, alternative Lösungen für Angermund abzuwürgen und Anwohner zu verunsichern“, kommentierte Frau Wagner das Agieren der Bahnverantwortlichen.
Erreicht wurde das Gegenteil ist sich der Verein sicher. Denn: Sehr viele Eigentumsbetroffene in Angermund und Mitglieder der Initiative haben sich bereits formiert, da sie nicht bereit sind, für die schlechten Planungen der Deutschen Bahn, Grundstücke und Besitz abzutreten. Ihr Kritikpunkt: Im Gegensatz zu einem Lärmdeckel wirken die geplanten Wände der Bahn bei sechs Gleisen nur völlig unzureichend. Zudem verschandeln und zerschneiden sie mit ihrer monströsen Höhe von mehr als sechs Metern Angermund unwiderruflich. Zum Vergleich: Die Berliner Mauer war nur etwa 3,60 Meter hoch.
Erst Duisburg, dann der Düsseldorfer Norden
Völlig unverständlich ist das einseitige Agieren für die Initiative auch, weil die Bahn einen Projektablauf für den Gleisausbau in Angermund vorsieht, der auf absehbare Zeit keine Bagger in der Rosenstadt vorsieht. Der Vorstand erläuterte den Mitgliedern, dass die Bahn nach eigenen Aussagen zunächst die sogenannte „Wedauer Kurve“ in Duisburg planen und bauen wird, bevor es im Düsseldorfer Norden mit dem Gleisausbau losgeht. Da für die Wedauer Kurve noch kein Genehmigungsverfahren von der Bahn gestartet wurde, werden erfahrungsgemäß wohl noch viele Jahre, wenn nicht sogar ein Jahrzehnt ins Land gehen, bis der Gleisausbau in Angermund losgeht, so der Ausblick der Initiative.
Diese Zeit müsse nun genutzt werden, um die völlig unzureichenden Planungen der Bahn, durch einen nachhaltigeren und wirkungsvollen Lärmdeckel aufzuwerten und damit die Lösung für Mensch und Umwelt ganz entscheidend zu optimieren.
Wie es mit dem Planfeststellungsverfahren in Angermund weitergeht, wollten einige Mitglieder wissen. Der Vorstand erklärte das Prozedere: Nächster Schritt im Verfahren ist die Offenlage – die Planungen der Bahn können dann von den betroffenen Bürger eingesehen werden und innerhalb einer kurzen Frist Einwendungen gegen das Vorhaben geschrieben werden.
Der Verein wird allen Mitgliedern bei diesem formalen Verfahren helfen, erfahrene Juristen und Verwaltungsrechtler stehen der Initiative hier zur Seite, kündigte der Vorstand an. Der Vorstand geht davon aus, dass die Bahn versuchen wird, noch im Herbst diesen Jahres eine Offenlage durchzuführen. Der Vorstand rief zu Spenden auf, um auch in dieser wichtigen Phase des Verfahrens erfahrene Juristen hinzuziehen zu können.
Der Vorstand berichtete ferner von Erfolgen gegen die Bahn beim Oberlandesgericht Frankfurt: Die Richter dort haben Lärmmessungen zur Beweissicherung in Angermund angeordnet, die in naher Zukunft durchgeführt werden. Neues wurde auch von der sog. Schwarzbauklage der Initiative Angermund gegen die Bahn und das Eisenbahnbundesamt berichtet: Das Oberverwaltungsgericht in Münster prüft derzeit u.a. den umfangreichen Schriftsatz zur nicht genehmigten Bahntrasse in Angermund. Dieses Verfahren sei also noch völlig offen, erklärte Wagner.
Bahnlärm sorgt für schlaflose Nächte
Die Mitgliederversammlung endete mit der Prognose des Vorstands, dass nach dem sechsgleisigen Gleisausbau sowie der Inbetriebnahme des elektronischen Stellwerks in Düsseldorf ein Zug-Tsunami durch Angermund lärmen werde. Wagner erklärte dies mit den Absichten und Zielen der Bundesregierung: Der Bund wolle sinnvollerweise mehr Verkehre auf die Schiene verlagern. Dies bedeute aber für die Bahn-Hautstrecke, die mitten durch Angermund führe, noch viel mehr Züge, Lärm, Krach und Belastungen. Die Verdopplung des Fernverkehrs, deutlich mehr Güterzüge und dichte Zugabfolgen durch den Deutschlandtakt werden nach dem sechsgleisigen Ausbau kommen. Dies se gewollt und gesetzt, kündigte die Vorsitzende an. Beim Gleisausbau in Angermund geht es um weit mehr als die Züge des RRX, mahnte sie.
Deshalb sei es umso wichtiger, weiterhin für den Lärmdeckel zu kämpfen und den Dialog mit den Entscheidern konstruktiv fortzusetzen.
Autor:Andrea Becker aus Essen-Borbeck |
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