Weniger Notfallambulanzen in NRW: KV Nordrhein beschließt Neuordnung

Peter Ries, Bezirksvertreter der Landeshauptstadt Düsseldorf in Garath-Hellerhof
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Die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein hat jetzt Beschlüsse zur Neustrukturierung des ambulanten ärztlichen Bereitschaftsdienstes in Nordrhein gefasst.

Etwa die Hälfte aller noch bestehenden Notfallambulanzen im Regierungsbezirk Düsseldorf und Köln sollen der so genannten „Neustrukturierung zur Sicherstellung einer wirtschaftlich angemessenen, ausreichenden Notdienstversorgung“ zum Opfer fallen. Auch die Notfallpraxis in Langenfeld-Richrath soll geschlossen werden. Die Delegierten beschlossen, dass es zukünftig nur noch 41 Notfalldienstpraxen im Landesteil Nordrhein vorgehalten werden, deren Standorte noch nicht alle feststehen.

In der Bevölkerung und den Krankenhäusern breitet sich indes Unmut über die Reformpläne der KV aus. Ambulanzen und Krankenhäuser klagen seit Jahren zunehmend über zu viel Andrang. Nicht selten müssten Patienten bis zu vier Stunden warten, bis sie endlich behandelt werden.

Gründe sind u.a: Viele kommen in die Notaufnahme, weil ihnen die Arztpraxen zu voll sind, die Praxis kurz vor Ende eines Quartals geschlossen sind, weil sie sonst ihr Budget überschreiten würde oder weil sie als Kassenpatienten erst nach Wochen bzw. Monaten einen Termin erhalten. Sie hoffen, dass sie in der Notaufnahme schneller behandelt werden. Das ist jedoch nicht so, denn in allen Krankenhäusern werden lebensbedrohliche Notfälle, wie zum Beispiel Herzinfarkte stets vorrangig behandelt.

So werden in den Notfallaufnahmestellen der Krankenhäuser Tag und Nacht Patienten mit unterschiedlichsten, teilweise harmlosen, aber oft auch lebensbedrohlichen Krankheitszuständen versorgt. Nicht wenige von ihnen erst nach einer stundenlangen Wartezeit.

Wie viele Patienten wann kommen werden, welche Krankheiten und Verletzungen zu behandeln sind, kann niemand in einer zentralen Notaufnahme vorhersehen, da Notfälle nicht planbar sind. Die von der KV geplante Durchsetzung ihrer Neuordnung, um eine flächendeckende Versorgung gewährleisten zu wollen und diese gleichzeitig mit einer noch geringeren Zahl von Notfallärzten, ist eine Reform, die nach hinten losgehen wird, da sie zulasten der Behandlungsqualität geht.

Im medizinischen Versorgungssektor brauchen wir zwar dringend Reformen, diese müssen sich jedoch zugunsten der Patienten auswirken. Da nützt es auch nichts, an den Menschen zu appellieren, sie mögen „außerhalb von ´echten Notfällen´ abends oder am Wochenende die nächste Notfall¬dienstpraxis aufsuchen oder die Arztrufzentrale anzurufen“. Die KV nennt es „Neuordnung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes“ - andere nennen es „fortschreitende Bankrotterklärung des deutschen Gesundheitssystems“.

Ziel einer Neuordnung (Reform) muss es sein, strukturelle und personelle Anforderungen für Notaufnahmen nicht nur festzulegen, sondern diese auch mit ausreichend notfallspezifisch ausgebildeten Fachärzten und Pflegenden zu besetzen und den Krankenhäusern eine angemessene Finanzierung für die Vorhaltung ihrer Notfallversorgung zukommen zu lassen. Darüber hinaus müssen gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, um das Personal in der Notfallversorgung entsprechend vergüten zu können. Das ist Aufgabe der Politik und der Krankenkassen, die den Versicherten bisweilen mit schönreden und selbstgefälligen Statistiken Sand in die Augen streuen, statt den Tatsachen ins Auge zu schauen, dass eine angemessene Gesundheitsversorgung immer mehr infrage gestellt wird.

Ärztemangel

Der Ärztestatistik von Dezember 2013 der Bundesärztekammer (BÄK) ist zu entnehmen, dass davon auszugehen ist, dass sich dieser Mangel an medizinischem Fachpersonal in den nächsten Jahren noch weiter verschärfen wird und schon allein aufgrund der Zunahme der Behandlungsintensität in einer alternden Gesellschaft (demografische Entwicklung) heute mehr Ärztinnen und Ärzte gebraucht werden als früher. (2013 sind 3 035 ursprünglich in Deutschland lebende Ärztinnen und Ärzte abgewandert. Davon waren 63 Prozent Deutsche).

Um die Niederlassung für den Medizinernachwuchs interessant zu machen, bedarf es auch hier verlässlichere Rahmenbedingungen:

Zuallererst müssen mehr Studienplätze in der Humanmedizin geschaffen- und die Arbeit von Ärztinnen und Ärzten wieder attraktiver gestaltet -werden, um mehr Berufsanfänger für die kurative Medizin zu begeistern. Neben besserer Anerkennung und Bezahlung der Arbeit in Klinik und Praxis bedarf es zudem flankierende Maßnahmen wie Abbau von Überstunden und Diensten, Abbau von Bürokratie, flexible Arbeitszeitregelungen und mehr Angebote für die Kinderbetreuung.

Autor:

Peter Ries aus Düsseldorf

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