Kentzler: Finanzierung nicht gefährden!

Otto Kentzler, Präsident des ZDH | Foto: ZDH
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Im Interview mit der Zeitschrift „Profil“ (Das bayerische Genossenschaftsblatt), Januar 2013, betont ZDH-Präsident Otto Kentzler: „Wir werden darauf achten, dass die Finanzierungssituation im Handwerk stabil bleibt.“ In diesem Zusammenhang verweist Kentzler auf die Finanzierungskultur, wie sie auch von den Genossenschaftsbanken gepflegt wird.

Warum ist das Handwerk die Verkörperung des deutschen Mittelstands?

Kentzler: Das Handwerk hat feste Werte. Dazu gehört Nachhaltigkeit, statt eines kurzsichtigen Verbrauchs finanzieller und natürlicher Ressourcen. Eigenverantwortung ist für uns Voraussetzung und nicht der Gegenentwurf zur Solidarität. Der Generationengerechtigkeit messen wir im demographischen Wandel einen hohen Stellenwert bei. Als große Wirtschafts- und Gesellschaftsgruppe wollen wir Mut machen zur stetigen Veränderung, in Wirtschaft und Gesellschaft. Denn nur so können wir bewahren, was wir erhalten wollen: soziale Sicherheit, Wohlstand und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Auf dem Wirtschaftstag der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken haben Sie Basel III heftig kritisiert. Was sind Ihre Hauptkritikpunkte an dem Regelwerk?

Kentzler: Uns stören vornehmlich die Punkte an Basel III, die zu einer Verschlechterung der Rahmenbedingungen für die Finanzierung unserer Betriebe führen würden. Konkret geht es um die Eigenkapitalunterlegung für Mittelstandskredite und eine geplante neue Liquiditätskennziffer.

Welche Auswirkungen könnten die genannten Punkte für das Handwerk haben, wenn sie in dieser Form in Kraft treten?

Kentzler: Punkt 1: Eine erhöhte Eigenkapitalunterlegungspflicht für die Banken wird steigende Kreditzinsen für deren Kunden bewirken. Punkt 2:Eine Liquiditätskennziffer bedroht die bewährte mittel- und langfristig orientierte Finanzierung des Mittelstandes in Deutschland. Diese Finanzierungskultur wird ja gerade auch von den Genossenschaftsbanken gepflegt.

Wie sähe eine für das Handwerk annehmbare Lösung aus?

Kentzler: Mit einem sogenannten Skalierungsfaktor kann die Wirkung der erhöhten Eigenkapitalunterlegung für Mittelstandskredite neutralisiert wird. Wir hoffen, dass diese Forderung des Handwerks letztlich Teil des Regelwerks wird. Die neue Liquiditätskennziffer darf nach unserer Meinung nur als Beobachtungskennziffer ausgestaltet werden, die eine höhere Transparenz schafft, nicht aber als absoluter Grenzwert für die Geschäftstätigkeit der Banken. Dafür haben wir bereits viel Zustimmung bekommen.

Wie steht es grundsätzlich um die Versorgung des Handwerks mit Finanzmitteln?

Kentzler: Alle aktuellen Informationen und Indizien zeigen, dass die Finanzierungssituation im Handwerk vergleichsweise entkrampft und weiterhin stabil ist. Wir werden darauf achten, dass dies so bleibt.

Sie warnen allerdings auch vor einer strukturellen Benachteiligung kleiner, junger und innovativer Unternehmen…

Kentzler: In Deutschland ist die Gründung einer unternehmerischen Existenz im Hinblick auf alle erforderlichen Genehmigungen, Bescheide und Unterlagen vielfach ein Kraftakt.

Wie kann dieses Problem gelöst werden?

Kentzler: Die Kammern und Verbände des Handwerks und ihre kompetenten Berater sind gerade auch für unsere jungen Existenzgründer wichtige und hilfreiche Ansprechpartner. Die Handwerksorganisation hat am Aufbau der „One-Stop-Shops“ engagiert mitgearbeitet. Dies sind Anlaufstellen, über die alle relevanten Gründungsvorgänge ohne den Gang durch zig Bürokratien abgewickelt werden. Und ein Hinweis – auch an alle Verantwortlichen in den Banken – sei hier gestattet: Unsere Handwerksmeisterinnen und –meister verdienen Vertrauen, wenn sie ihren Betrieb gründen. Sie haben ihren Beruf gelernt. Sie haben gelernt, wie man ausbildet und sie haben die Grundlagen der Betriebswirtschaft gelernt. Das alles kennen sie nicht nur in der Theorie, sie haben ihr Wissen an ihrem Arbeitsplatz in aller Regel dem Praxistest unterworfen. Ihr Abschluss ist einem Bachelor gleichwertig. Wer so gerüstet einen Betrieb gründet und führt, sollte auch bei den Finanzinstituten ein Plus bei der Bewertung erhalten.

Warum sind Volksbanken und Raiffeisenbanken die Kreditinstitute des Handwerks?

Kentzler: Da gibt es eine ganz klare Antwort: Sie sind - wie die Handwerksbetriebe selbst - in der Region verwurzelt, leben von ihrer Nähe zum Kunden und der Aufgeschlossenheit für Neues. Und der Genossenschaftsgedanke ist aus dem Handwerk und der Landwirtschaft hervorgegangen.

Welche Rolle spielen alternative Finanzierungsmodelle jenseits vom Hausbankkredit für das deutsche Handwerk?

Kentzler: Factoring erfreut sich zunehmender Beliebtheit auch im Handwerk. Beteiligungsmodelle – auch mezzaniner Art – sind demgegenüber weiterhin nur von untergeordneter Bedeutung. Der hohe Stellenwert der Kreditfinanzierung im mittelständischen Handwerk ist u.a. begründet durch die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen, die die Selbstfinanzierung gegenüber der Fremdfinanzierung diskriminieren.

Wie kann die Zusammenarbeit von Handwerk und Genossenschaftsbanken noch weiter verbessert werden?

Kentzler: Einen äußerst interessanten Bereich für gemeinsame Anstrengungen sehe ich in der weiteren Umsetzung der Energiewende: Das Handwerk ist der Ausrüster der Energiewende, aber z.B. im Bereich des Energie-Contracting fehlt es noch an passfähigen Finanzierungskonzepten. Hier setze ich auch auf die Genossenschaftsbanken.

Quelle: ZDH

Zu Handwerksthemen finden Sie ebenfalls Beiträge unter http://malerillu.de. , dem Online Magazin der Maler- und Lackierer-Innung Düsseldorf sowie unter http://maler-düsseldorf.de und http://energie-und-fassade.de

Autor:

Heiner Pistorius aus Düsseldorf

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