Interview ZDH Präsident Otto Kentzler: „Der Wille, Arbeit bis 67 zu gestalten, ist da“

ZDH Präsident Otto Kentzler | Foto: ZDH
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Einen Fortschrittsreport zur Entwicklung des Arbeitsmarktes für ältere Beschäftigte hat Bundesarbeitsministerin von der Leyen vorgelegt. Im Interview mit der Hessischen-Niedersächsischen Allgemeinen (HNA) (23. Februar 2012), versichert ZDH-Präsident Otto Kentzler: "Der Wille, Arbeit bis 67 zu gestalten, ist da!" Der Fortschritt macht die Arbeit auch in körperlich anstrengenden Handwerksberufen leichter, so Kentzler. Die Notwendigkeit zur Fachkräftesicherung sorgt bereits dafür, dass Betriebe für Ältere verstärkt Weiterbildung anbieten.

Rente erst mit 67: Wie soll das für einen Dachdecker funktionieren, der in diesem Alter nicht mehr aufs Dach kann?

Kentzler: In der Tat können von der jetzigen Generation viele Mitarbeiter aus den Bauberufen ihre Arbeit körperlich nicht bis zur Regelaltersgrenze ausüben. Viele wechseln Beruf oder Tätigkeitsfeld, um länger arbeiten zu können. Andere gehen vorzeitig in den Ruhestand und nutzen die Erwerbsminderungsrente. In Zukunft wollen wir Wege finden, immer mehr Menschen auch in körperlich anstrengenden Berufen länger in Beschäftigung zu halten. Die Kombirente - Teilzeitarbeit plus Teilrente - ist eine Möglichkeit für einen gleitenden Ausstieg.

Wie sähe ein altersgerecht gestalteter Arbeitsplatz im Handwerk aus? Welche Tätigkeiten sind für Ältere geeignet?

Kentzler: Handwerk erbringt stets eine individuelle Leistung, oft beim Kunden - da kann kein Designer wie in der Industrie den altersgerechten Arbeitsplatz formen. Wir nehmen immer den einzelnen Menschen und seine Tätigkeit ins Visier. Und da tut sich eine Menge. Heute muss kein Dachdecker mehr Pfannen auf der Schulter in die fünfte Etage schleppen. Wir nutzen Hebezeuge und Aufzüge. Die Gesundheit wird durch betriebliche Kurse gefördert. In Werkstätten - etwa beim Schreiner oder Feinwerkmechaniker - übernehmen längst computergesteuerte Maschinen die schwere Arbeit. Hier haben wir also schon durch den Fortschritt einen großen Schritt getan, die Beschäftigung Älterer zu erleichtern.

Wie groß ist das Interesse der Betriebe, in altersgerechte Arbeitsplätze zu investieren?

Kentzler: Die Jungen sind schneller, die Älteren kennen die Abkürzungen. Das weiß jeder im Handwerk. Wir haben auch bisher die Mitarbeiter nicht in Altersteilzeit geschickt, sondern so lange wie möglich im Betrieb gehalten. Die Fachkräftesicherung wird angesichts der demografischen Entwicklung nun immer größer geschrieben. Die Beratung der Betriebe geht verstärkt dahin, älter werdende Mitarbeiter durch Qualifizierung auf dem sich ständig verändernden Wissensstand zu halten. Eine ZDH-Umfrage hat gezeigt, dass 55 Prozent der Betriebe hier bereits aktiv sind, 15 Prozent planen es.

Wo und in welchem Umfang sind schon Arbeitsplätze für Ältere im Handwerk entstanden?

Kentzler: Ein Betrieb mit zehn Mitarbeitern stellt keinen Manager für altersgerechten Umbau ein. In den altersgemischten Arbeitsteams wird die Arbeit, wo möglich, nach Leistungsfähigkeit verteilt, so dass jeder mitziehen kann. Oft werden auch neue Tätigkeitsfelder identifiziert. Heute wird die Erfahrung Älterer in den Betrieben schon für die Arbeitsvorbereitung, die Qualitätskontrolle, die Kundenbetreuung oder die Ausbildung genutzt.

In die Ausgestaltung von altersgerechten Arbeitsplätzen müsste investiert werden: Woher soll das Geld in einem mittelständischen Betrieb dafür kommen?

Kentzler: Handwerksbetriebe leben vom Wissen ihrer Mitarbeiter. Es ist günstiger, einen guten Mitarbeiter zu halten, als einen neuen zu suchen. Der Wille, "Arbeit bis 67" zu gestalten, ist also da. Zumal bei Weiterbildung, Arbeitsorganisation oder Modernisierung der Arbeitsmittel ohne große zusätzliche Kosten die altersgerechte Ausgestaltung berücksichtigt wird. Die Handwerkskammer Dortmund hat für den Beruf des Dachdeckers bundesweit regionale Projekte ausgewertet und Lösungsbausteine für den altersgerechten Betrieb beschrieben. Solche Projekte wünsche ich mir auch für andere Berufe. Die Betriebe können dann jeweils entscheiden, welche Lösungen für sie und ihre älter werdenden Mitarbeiter passen.

Interview: Nicole Flöper

Quelle: ZDH

Zu Handwerksthemen finden Sie ebenfalls Beiträge unter http://malerillu.de. , dem Online Magazin der Maler- und Lackierer-Innung Düsseldorf sowie unter http://malerdüsseldorf.de und http://energie-und-fassade.de

Autor:

Heiner Pistorius aus Düsseldorf

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