Flüchtlingsdemos in Düsseldorf: Willkommen sieht anders aus!
Düsseldorf. Normalerweise reden wir über Flüchtlinge. Jetzt melden sich Flüchtlinge selbst zu Wort, nämlich mit dem Mittel der Demonstration. Erst die in der Traglufthalle an der Koblenzer Straße zwischen Urdenbach und Garath, dann die an der St. Franziskus-Straße in Mörsenbroich. Mit ihrer Demonstration wollen die Flüchtlinge, unter ihnen sehr viele Frauen und Kinder, auf die unzumutbaren Lebensumstände in den Traglufthallen hinweisen. Und die Frage stellen, warum aus dem Provisorium mit Option auf baldige Weiterleitung in feste Unterkünfte anscheinend ein Dauerzustand ohne Aussicht auf ein baldiges Ende geworden ist. Die Politik stellte sich stumm – bis auf die CDU. Ratsherr Pavle Madzirov (integrationspolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion) und Karl Tauschke (Bezirksvertreter der CDU im Bezirk 6 und 1. Geschäftsführer des Sportvereins DJK Agon 08) eilten sofort nach Mörsenbroich und sprachen mit den Flüchtlingen.
Kommunikationsdesaster
Was sie erfuhren, konnten sie bei einem Gang in die Traglufthalle sofort verifizieren: Die Luft war stickig, die Temperaturen innerhalb der Zeltkonstruktion lagen bei rund 30°C – in Verbindung mit der permanenten Lärmbelästigung und der mangelnden Intimsphäre für viele Flüchtlinge Grund genug, lieber im Freien zu campieren. Selbst schwangeren Frauen und kranken Kindern mit ärztlichen Attesten wurde keine alternative Unterbringung angeboten.
Der wichtigste Grund für die Verzweiflung der Flüchtlinge: die Ungewissheit, wie es weiter geht, und das Gefühl, von den Verantwortlichen vergessen zu sein. Dass Stadtrat Pavle Madzirov und Bezirksvertreter Karl Tauschke sich sofort sehen ließen und zum Gespräch stellten – im Unterschied zur Flüchtlingsbeauftragten der Stadt – werteten die Flüchtlinge als raschen Erfolg ihrer Demonstration. Manche Vorwürfe erwiesen sich bei näherer Prüfung als praktisch gegenstandslos, zum Beispiel der Vorwurf, es würde schlechtes Essen ausgegeben. Andere Vorwürfe erhärteten sich. So waren die Flüchtlinge durch den Betreiber des Lagers wahrheitswidrig informiert worden, dass spätestens nach einem Vierteljahr jeder in eine feste Unterkunft weitergeleitet würde. Eine Falschinformation, die nach vier, fünf oder sechs Monaten in der Traglufthalle verständlicherweise zu Enttäuschung und Verzweiflung führte. Andererseits erfuhren die Flüchtlinge erst durch Pavle Madzirov, dass die Traglufthalle von vorneherein nur für einen befristeten Zeitraum geplant war und im September 2016 abgebaut wird. „Das ist ein Kommunikationsdesaster“, schimpfte Pavle Madzirov, „für das die Stadt Düsseldorf die Verantwortung trägt und das unsere Flüchtlinge ausbaden müssen.“
Hungerstreik abgewendet
Dass die Demonstranten in den CDU-Vertretern Ansprechpartner fanden, die ihre Anliegen ernstnahmen, beruhigte die Situation erst einmal. So wurde auch der geplante Hungerstreik vorerst abgeblasen. Und als am Tag darauf Vertreter der Stadt kamen, war die Situation schon bereinigt. Immerhin wurden mittlerweile Kühlgeräte installiert. Aber die Stadtverwaltung steht in der Pflicht – in Sachen Kommunikation ebenso wie in Sachen Bereitstellung der geplanten festen Unterkünfte. Karl Tauschke: „Wir werden nicht locker lassen und den Verantwortlichen politisch weiterhin auf die Finger sehen!“ (P. Salm)
Autor:Peter Salm aus Düsseldorf |
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