CDU stimmt mit AfD ein historischer »Dammbruch«
Das Erwachen der »bürgerlichen Mitte« – Eine Polemik

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Der Bundestag hat mit den Stimmen der CDU/CSU und der AfD einen »Migrationsplan« verabschiedet, was als demokratischer »Dammbruch« kritisiert wird. Die fordert einer demokratischen Zivilgesellschaft muss lauten, entschlossenen Widerstand zu leisten, um demokratische Werte gegen einen autoritären Rückschritt zu verteidigen.
I. Politik des Dammbruchs
Es ist passiert, was schon längst abzusehen war: Der durch die CDU eingereichte »5-Punkte-Plan zur Migration« wurde im Bundestag angenommen. Angenommen wurde der 5-Punkte-Plan durch die Stimmen der CDU/CSU Fraktion und der AfD. Die Rede ist von einem »Dammbruch« für die Demokratie. Das erste Mal wurde ein Antrag mithilfe der AfD angenommen, einer Partei welche zumindest in Teilen als rechtsextrem beobachtet wird. Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass die konservative »Mitte der Gesellschaft« gewillt ist sich von rechtsextremen zur Mehrheit verhelfen zu lassen. Tragischerweise wurde dieses Gesetz nach dem Gedenken des 80 Jahrestages der Befreiung von Auschwitz verabschiedet, ein Gesetz welches Migrant*innen als eine Outgroup, als das »andere« konstruiert. Der deutsche Souverän schirmt den Volkskörper nach innen ab. Der Volkskörper, das sind selbstredend die »guten deutschen« welche vor den »bösen Ausländern« geschützt werden.
Dass es möglich ist, so ein Gesetz 80 Jahre nach der Shoa, wofür Auschwitz wie kein anderer Name steht, umzusetzen macht betroffen und wütend. Es macht sprach- und fassungslos. Der Wunsch zu schreien und zu weinen und dass alles gleichzeitig sind kaum artikulierbar, aber doch nachzuvollziehen und vielleicht das Einzige, was einen Funken Hoffnung gegen die Ohnmacht bietet.
Der Tod an den deutschen Grenzen, der Wusch nach Abschiebungen befriedigen den nekrophilen Trieb der Vernichtung einer zutiefst rassistischen und menschenfeindlichen Politik. Genau diese politische Tendenz ist heute politische Praxis geworden.
Das, was der Philosoph Theodor W. Adorno in seinem Essay »Erziehung zur Mündigkeit« notierte ist auch für diese Situation noch aktuell: »Daß man aber die Forderung [Adorno meint hier den bekannten Imperativ, dass Auschwitz nicht noch einmal sei L.H], und was sie an Fragen aufwirft, so wenig sich bewußt macht, zeugt, daß das Ungeheuerliche nicht in die Menschen eingedrungen ist, Symptom dessen, daß die Möglichkeit der Wiederholung, was den Bewußtseins- und Unbewußtseinsstand [sic!] der Menschen anlangt, fortbesteht« (Adorno, 2013, S. 136). Adorno verweist hier doch auf einen wichtigen Aspekt: auf den Zustand des menschlichen Bewusstseins und wenn dieser Bewusstseinsstand nicht geändert wird, dann besteht die Möglichkeit für Auschwitz fort. Es ist anzunehmen, dass das, was aus Politiken der Ausgrenzung folgte, nur eines ist: die Vernichtung. Der Tod an den deutschen Grenzen, der Wusch nach Abschiebungen befriedigen den nekrophilen Trieb der Vernichtung einer zutiefst rassistischen und menschenfeindlichen Politik. Genau diese politische Tendenz ist heute politische Praxis geworden.

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II. Eine andere Politik ist möglich!
Gegen die abscheulichen nationalen Umtriebe kann sich nicht allein das politische Souverän in den Parlamenten durchsetzen. Der Druck zur Veränderung muss auch aus der Zivilgesellschaft kommen. »Alle Macht geht vom Volke aus« ist eine bekannte Abwandlung des Artikel 20 Grundgesetz. Die Möglichkeiten der Mitbestimmung liegen unmittelbar auf der Ebene des politischen Souveräns, eben jedem Volk. Aber was, wenn das Volk ein Volk der ungleichen anstatt der gleichen ist? Was, wenn anstelle von Nächstenliebe und Vertrauen Missgunst und Kälte vorherrschen? Was, wenn sich diese Affekte des bürgerlichen Mobs in die legislative einschleichen?
Dann kann und muss es nur eine Antwort geben: Widerstand. Solange Demokrat*innen ihren Unmut noch auf die Straße tragen können, sollten wir das tun. Der Parteitag der AfD in Riesa wurde mit tausenden von Menschen zwar nicht verhindert, aber doch verzögert. Dieses Beispiel reiht sich ein in eine ganze Anzahl an Protesten innerhalb der letzten Tage, Wochen und Monate. Der Slogan »nie wieder ist jetzt!« welcher viele Demonstrationen begleitet hat darf aber nicht nur das Bleiben, ein Slogan, sondern muss zwingend politische Praxis werden. Das Ausgestalten dieser Praxis verlangt einen langen Atem. Diesen langen Atem müssen Demokrat*innen jedoch aufbringen, wenn wir nicht in einem Deutschland aufwachen wollen, welches Erinnerungen an längst vergessene Tage wachruft. Der Ausspruch von Hermann L. Gremliza, »das andere, bessere Deutschland gibt es nicht« (2015) ist immer noch zutreffend. Politisch zeigt sich, dass »Brandmauern« nur leere Phrasen sind und Realpolitik immer auch Taktieren mit rechtsextremen Kräften bedeutet. Die Demokratie ist nur so stark wie ihre »demokratischen« Glieder. Es ist somit wieder mal an uns, um die Demokratie mit all ihren Errungenschaften gegen den autoritären Backlash zu verteidigen.
Literatur
Adorno, T. W. (2013). Erziehung nach Auschwitz. In Ders. Erziehung zur Mündigkeit. Vorträge und Gespräche mit Hellmut Becker 1959-1969. (S. 135-163). Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
Gremliza, H. L. (2015). Haupt- und Nebensätze. Hamburg: Konkret Literatur.
Autor:Luca Hermsen aus Düsseldorf |
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