Brexit: Die EU hat ein Glaubwürdigkeitsproblem
Herbert Reul, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, sprach am 20. Juli in der Handwerkskammer Düsseldorf bei der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU über die Folgen des »Brexit«.
Er habe wie viele andere daran geglaubt, dass die Briten für den Verbleib in der EU stimmen würden, bekannte Reul. Selbst die Briten seien von dem Ergebnis überrascht gewesen, was sich etwa in der wiederholten Forderung der Abspaltung Schottlands vom United Kingdom äußere. Auch die Nordiren haben für die EU gestimmt, weil sie nach dem Austritt Englands das Problem eines freien Warenaustausches mit dem EU-Mitglied Irland haben werden. Nach dem britischen Bürgervotum hätte nur die Bundeskanzlerin die Ruhe bewahrt. Es sei völlig falsch, die Briten jetzt unter Druck zu setzen oder zu beschimpfen. Die neue Premierministerin müsse vor allem erst einmal sehen, Großbritannien und ihre eigene Partei zusammen zu halten. Niemand wisse, wie man die künftigen Beziehungen zu England regeln könne. Einen Vertrag nach dem Vorbild der Schweizer Beziehungen zur EU werde es nach Meinung Reuls nicht geben. Möglich seien auch bilaterale Abkommen mit England. Falls es am Ende keine Lösung gebe hätte England den gleichen Status zur EU wie Bangladesh.
Entgegen aller Befürchtungen, sei in den übrigen EU-Ländern die Zustimmung zur EU gestiegen. Italien sehe jetzt die Chance, sich neben Deutschland und Frankreich als dritte starke Macht in der EU zu etablieren. Das Hauptproblem sei derzeit, dass die Mitgliedsstaaten ihre eigenen egoistischen Interessen vertreten. Die EU müsse aber nicht alles bis ins Kleinste regeln, erklärte Reul.«Ich habe immer nachgefragt, ob man überhaupt eine Regelung braucht«, sagte Reul. So lange die wichtigen Probleme Europas wie Flüchtlingskrise, Terrorismus und Wachstum nicht geregelt seien, habe die EU ein riesiges Glaubwürdigkeitsproblem.
Autor:Norbert Opfermann aus Düsseldorf |
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