Sommerliebe hinter dem alten Rhododendron...

Es war wieder soweit. Die Abenddämmerung hielt Einzug und der Park wurde still. Die fleißigen Musikanten und Sänger des Tages machten nach und nach Feierabend und räumten die Bühne für die Nachtschicht. Diese stimmte ihr fröhliches mehrstimmiges Konzert an. Es war ein Glucksen und Quaken, das sich mit dem Zirpen der Grillen mischte.
Auf den Wegen des weitläufigen Geländes kehrte Ruhe ein. Die Menschen überließen der Natur das nächtliche Revier. Und über all dem tauchten Tausende von Glühwürmchen diese Welt in ein magisches Licht.

Hinter dem großen Rhododendron und unter der alten Kastanie stand eine Bank. Ein lauschiges Versteck für sehnsuchtsvolle Herzen, umgeben von spätabendlichem Zauber. Dort trafen sie sich so oft sie konnten. Still und heimlich. Sie kuschelten sich eng aneinander, hielten Händchen und küssten sich immer wieder. Unter leidenschaftlichen Liebkosungen flüsterten sie verrückte Liebesworte, die sie atemlos machten und an früher erinnerten…

Vor vielen Jahren trafen sie sich auch in einem Park. Heimlich, so wie heute. Wildes Begehren, ungestüm und zügellos. Versteckt hinter hohen Hecken und blühenden Büschen liebten sie sich in freier Natur. Ihre Körper glühten in heißem Verlangen und ihre Herzen galoppierten im Takt ihrer blutjungen Liebe. Ohne das Einverständnis ihrer Eltern und ohne an die Folgen zu denken. Dem Ernst des Lebens und der Verantwortung für sich und das werdende Leben nicht gewachsen. Die Konsequenzen hart und bitter. Sie waren nicht in der Lage, sich den schwerwiegenden Entscheidungen ihrer Erziehungsberechtigten zu widersetzen. So trennten sich ihre gemeinsamen Wege und ihr Kind wurde nie geboren. Später fanden sie beide neue Partner und gründeten Familien, doch sie vergaßen ihre erste Liebe nie…

Nun hatte das Schicksal sie erneut zusammengeführt. Ihre Wege kreuzten sich bei einem Spaziergang in diesem Park. Ihre Herzen erkannten sich auf Anhieb, auch wenn sich ihr Äußeres stark verändert hatte. In ihren Augen blitzte die gleiche Leidenschaft wie früher. Sie verstanden sich wortlos. Lasen in ihren Augen das gegenseitige Begehren. Sie verabredeten sich täglich zu einem gemeinsamen Spaziergang, auf dem sie ihre heimlichen abendlichen Treffen planten. Niemand sollte davon erfahren. Sie schlichen wie früher aus dem Haus und fühlten sich jung und unbeschwert.

Mit jedem dieser heimlichen Treffen verstärkte sich ihre Sehnsucht. Sie wussten, diese abendlichen Stunden in den lauen Sommernächten waren schnell vorbei. In ihnen reifte ein Entschluss. Sie wollten ihre letzten Jahre gemeinsam verbringen. Offiziell und nicht mehr heimlich. Sie fühlten sich gemeinsam in der Lage, allen Widrigkeiten den Kampf anzusagen. Sich ihren Verwandten und der Öffentlichkeit zu stellen.

Unbeugsam stand ihre Entscheidung fest. So schnell wie möglich wollten sie zusammenziehen und der Welt die Stirn bieten. Sie würden zusammen halten und für den Anderen da sein, so lange es der liebe Gott zuließ.

Er stand von der alten Parkbank auf, straffte seine gebeugte Gestalt und ergriff die Hand seiner Liebsten. Zog sie zu sich hoch, da ihm das Knien große Mühe bereitete, und fragte mit fester Stimme: „Willst Du meine Frau werden?“ Sie antwortete mit einem leisen „Ja“ und ein Strahlen erhellte ihr faltenreiches Gesicht.

Am nächsten Morgen teilten sie der Heimleitung und ihren Kindern ihre Entscheidung mit.

eigener Text aus 2008

Bildquelle: zaubervogel_pixelio.de

Autor:

Doris Sponheimer aus Düsseldorf

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