Jetzt ist wieder Stangenbohnenzeit

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Wenn sie, eingehüllt in ihre Speckmäntelchen, so in der Pfanne herumbrutzeln, kann einem schon das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Stangenbohnen, die man nun wieder überall in der Gemüseabteilung oder auf dem Markt preiswert bekommen kann, gehören im Spätsommer einfach auf den Speiseplan.

Wie spannend empfand ich es doch als Kind, wenn Vater schon während der ersten groben Gartenarbeiten zeitig im Frühjahr oder gar schon Ende des Winters damit begann, die langen Holzstangen aus dem Schuppen zu holen und diese im Garten nach einem bestimmten System aufzustellen.
Jeweils drei Stangen wurden im Dreieck in die Erde gesteckt, nach oben spitz zulaufend wie ein Zelt, wo sie zusammen gebunden wurden. Etwa fünf solcher Gebilde wurden in einer Reihe aufgestellt. Je nach voraussichtlichem Bedarf wurden zwei bis vier Reihen aufgebaut, und die Stangen wurden mittels Querstangen oben und in der Mitte verbunden, damit das Ganze einen Halt bekam.

Zur Saatzeit half ich, bunt gemusterte harte Bohnen, entweder gekaufte oder getrocknete vom letzten Jahr, um die Stangen herum in die Erde zu stecken. Danach war nur noch Warten angesagt, bis sich die ersten Bohnen wieder aus dem Erdboden drängten und winzige Blättchen heraus keimten, damit sie sich im Laufe des Sommers zu meinem geliebten „Bohnenwald“ entwickeln konnten. Von Zeit zu Zeit mussten wir das um die Stangen rankende Gewächs mittels Kordel in die richtige Bahn leiten und konnten uns schon bald an den schönen weißen, manchmal auch roten Schmetterlingsblüten erfreuen, die sich später in knackige lange grüne Bohnen verwandelten.
Ich lustwandelte oft in „meinem Bohnenwald“, der manchmal so dicht war, dass wir Kinder sogar darin „Verstecken“ spielen konnten.

Körbeweise ernteten wir das gesunde, meterhoch gewachsene Gemüse im Spätsommer, oft unter Zuhilfenahme einer Leiter, um es zuerst mal zu frischer „Schnibbelsbohnensuppe“ zu verarbeiten. Dazu wurden mit dem Küchenmesser die „Stetzkes“, wie Oma sie nannte, an beiden Seiten entfernt, dann wurden die Bohnen „geschnibbelt“. So schnell wie meine Oma das konnte, gelingt es mir heute noch nicht. Da flitschten und flogen die Bohnenschnipsel nur so in den Topf hinein, manchmal auch in der Gegend herum. Ich half so gut ich konnte, und manches Mal waren anschließend meine Fingerkuppen mehrfach eingeritzt.
"Bohnen in die Ohr'n" hatten wir glücklicherweise nicht, das überließen wir später Gus Backus.
Der typische Geruch der frisch geschnibbelten Hülsenfrüchte durchflutete den gesamten Raum und ich habe ihn heute noch in meiner Nase.
Im Gegensatz zu den meisten übrigen Produkten aus unserem Garten wie Erbsen oder Möhren durfte man nicht zwischendurch mal naschen, denn die Bohne enthält Lektine und ist somit im Rohzustand giftig, also zum Rohverzehr nicht geeignet.

Dafür aber wurden wir entschädigt, wenn die dampfende, heiße Suppe auf den Tisch kam, mit einem guten Stück Rindfleisch und ein paar Kartoffeln drin, mit Zwiebelchen und Bohnenkraut verfeinert. Wenn sie bereits im Teller war, dann kam noch ein kleiner Schuss von der frischen Vollmilch hinein, das verleiht der Suppe eine gewisse Milde. Als Beilage gab es ein Brötchen, manchmal wurden sogar hauchdünn gerollte, frisch gebackene Pfannkuchen dazu gereicht. Das war ein Fest.

Alles was wir nicht direkt verwerten konnten, wurde natürlich in Gläser eingekocht, so war die gute Schnibbelsbohnensuppe auch im Winter fester Bestandteil unseres Speiseplans.

Den Gemüsegarten gibt es schon lange nicht mehr. Meine Eltern gaben ihn auf, als sie ihn im Alter nicht mehr bewältigen konnten. So freue ich mich inzwischen über das traditionelle Geburtstagsgeschenk einer Cousine meiner Mutter, die mir seit meinem fünfzigsten Geburtstag jährlich ein Körbchen mit so vielen Stangenbohnen schenkt, wie ich alt geworden bin, aus ihrem eigenen Garten natürlich.
Die kommen ins Speckmäntelchen, werden in wenig Öl in der Pfanne kurz gebraten, und wir bereiten so unser derzeitiges Festessen, nur mit kleinen Kartöffelchen als Beilage.

Glücklicherweise wird das Geschenk mit den Jahren immer umfangreicher werden. Vielleicht wird ja demnächst sogar wieder mal eine Schnibbelsbohnensuppe daraus!

Foto: am eigenen Herd

Autor:

Birgit Schild aus Düsseldorf

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