Frühlingsgedanken
Und würde morgen die Welt untergehen,
ich pflanzte heute noch ein Bäumchen ein.
(Martin Luther)
Gestern waren sie plötzlich wieder da.
Ob es dieselben sind wie im vergangenen Jahr?
Sie sind offensichtlich ein Paar und sie bauen wohl ein Nest.
Zumindest suchen sie sehr eifrig und hüpfen irgendwann lustig mit lauter wolligen Schätzen um den Schnabel davon.
Ja, ich denke sie bauen wieder ein Nest, wie im letzten Jahr.
Meine Gedanken machen einen Sprung:
Ich erinnere mich an das Nest auf dem Balkon vor dem Elternschlafzimmer. Wie witzig waren die kleinen Spatzen, die wir bereits eine Weile hatten krakelen hören, als sie sich endlich aus dem Nest trauten.
Auch ein Vogel nimmt Flugstunden, damit er das Fliegen lernt.
Ich wollte damals nicht wahr haben, dass unser Kater auch großes Vergnügen an Flugstunden hatte. Er meisterte sie jedoch mit Bravour und putzte sich anschließend in Unschuld und selbstzufrieden.
Gedankensprung:
Unsere erste Katze, eine zugelaufene. Eigentlich wollte mein Vater keine Haustiere.
Ich werde ihn nie vergessen, den Tag als ich aus der Schule kam:
„Komm’ mit, sie sind da!“
drei waren es – unten im faltbaren Kleiderschrank – drei winzig kleine Knäuel, so herzerweichend.
Sie hatten insbesondere ein Herz erweicht, das meines Vaters.
Wir hatten seitdem immer Katzen,
seit alle Jungen von der vergifteten Muttermilch getrunken hatten und mitsamt unserer ersten geliebten Katze in den Katzenhimmel entschwunden waren.
Gedankensprung:
Ich sehe mich vor meinem inneren Auge wieder im Krankenhaus – hochschwanger, mit einer Körbchengröße mehr, zu Besuch bei meiner krebskranken Mutter, die nun zwei Körbchengrößen weniger hatte.
Leben und Tod, sie liegen manchmal so nah bei einander.
Mit dem ersten Zeichen von Leben, ist alles dem Tode geweiht.
Und wieder sehe ich in den Garten.
Das Amselpärchen habe ich heute noch nicht gesehen.
Mein Blick fällt auf das Apfelbäumchen.
Ich weiß, dass es wieder nackt da stehen wird.
Ich weiß, dass die Äste hart, kahl und dunkel wieder Wind und Wetter ausgeliefert sein werden.
Ich habe gesehen, wie dickes Eis die Äste umgab und jegliches Anzeichen von Leben, jede Hoffnung darauf zu Nichte machte.
Manchmal dauert ein Winter sehr lang.
Aber sobald das erste Grün sichtbar wird, wird es leichter.
Dann kann man zusehen, wie die Dinge sich ändern.
Seit einiger Zeit gehe ich nun schon wieder täglich hinaus und sehe zu, wie die Dinge sich ändern.
Heute ist der Baum voller Grün.
Bald werden die ersten Knospen aufgehen.
Wenn sie verblüht sind, werde ich schon Früchte sehen können.
Einen ganzen Sommer lang werde ich mich auf die Ernte freuen.
Ich rieche jetzt schon Apfelkuchen.
Das Leben ist schön!
FeZi, April 2008
Ich habe diesen Text aus dem Jahr 2008 heute hier eingestellt, weil ich durch den Aufruf von Frank Blum, guckstu hier daran erinnert wurde und er mir ganz passend erschien.
Autor:Femke Zimmermann aus Düsseldorf |
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