Interview mit Jacques Tilly: „Geheimhaltung garantiert uns echte Narrenfreiheit“

Ob Königliche Hoheiten, Kanzler oder auch Karnevalisten: Jacques Tilly zieht allen die Ohren lang… (Foto/Text: Hans-Dieter Budde)
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Keine Informationen. Nicht einmal eine Andeutung. Und erst Recht kein Foto in „seiner“ Wagenbauhalle. Jacques Tillylässt einfach nichts raus über die Mottowagen im Rosenmontagszug 2013.Nach 30 Jahren als Spaßrebell im Karneval weiß er heute: „Seit der Geheimhaltung bis zum Zoch gilt bei uns die echte Narrenfreiheit“.

1983 stellte der 49-Jährige (er wird im Juni 50) seine künstlerische Kreativität erstmals in den Dienst des Comitee Düsseldorfer Carneval (CC). Immer wieder gab es Streit, Proteste und Ärger, wenn seine satirischen Enthüllungen vorzeitig bekannt wurden.

So schlug 1994 die Zensur zu, als Tilly Bundeskanzler Helmut Kohl auch „unten herum“ bloß stellte. Doch als 2000 ein Wagen zur Oberbürgermeister-Stichwahl nach Protesten nicht gebaut werden durfte, zog das CC die Notbremse: Ab sofort blieben alle politischen Wagen bis Rosenmontag geheim. Tilly: „Seitdem kann ich ohne Schere im Kopf zeichnen.“

Heute konzipiert und gestaltet er mit seinem zwölfköpfigem Team rund elf Mottowagen für den Rosenmontagszug. Sie zeichnen sich durch bissige politische Satire aus und lösen immer wieder auch international lautstarke Proteste und sogar Bedrohungen aus. Tilly lässt sich davon nicht einschüchtern: „Ich ziehe alle durch den Kakao, die ein Thema hergeben. Es wird niemand bevorzugt indem er verschont wird.“

Der Illustrator, Bildhauer und Karnevalswagenbauer liefert auch Entwürfe für einige der rund 60 Wagen der Gesellschaften und Sponsoren im Zoch. Den rund 100 Aktiven aus den Vereinen, die sie bauen, gibt er bei ihrer Arbeit gern fachmännische Tipps. „Früher war das Verhältnis zwischen uns und den Gesellschaften zuweilen verkrampft“, erinnert er sich, „aber Zugleiter Hermann Schmitz hat hier prima vermittelt. Heute arbeiten wir alle gemeinsam daran, dass es ein toller Zoch wird.“ Besonderen Wert legt er auf Präzision: „Das große Ganze ist nur gut, wenn alle Details stimmen.“

„Narrenfreiheit“ genoss er schon in der Schulzeit. Die Lehrer des Düsseldorfer Comenius-Gymnasiumbestraften ihn nicht, wenn er sie mit seinen Karikaturen brüskierte. Tilly: „Im Gegenteil: Wenn ich eine Mathearbeit vergeigte, hieß es immer:,naja, er ist eben ein Künstler‘. „Beim Rosenmontagszug steht er mit seiner Kamera am Straßenrand: „Ich muss doch für die Ewigkeit festhalten, was schon am Dienstagzerschreddert wird.“

Autor:

Kirstin von Schlabrendorf-Engelbracht aus Düsseldorf

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