Schließung des Grobblechwerks bleibt ein nachhaltiger Nackenschlag
„Bilanz des Zauderns und Versagens“
DUISBURG-SÜD. „Das hat Auswirkungen für den gesamten Duisburger Süden, für die Menschen, aber auch für die Wirtschaft, die Stadtentwicklung. Und vor allem war das Ganze nicht nötig.“ Mehmet Göktas, Betriebsratsvorsitzender des stillgelegten Grobblechwerkes von Thyssenkrupp Steel Europe in Hüttenheim, und IG Metall-Bevollmächtigter Dieter Lieske ziehen im Gespräch mit dem Lokalkurier eine ernüchternde „Bilanz des Zauderns, Zögerns und Versagens auf dem Rücken der Beschäftigten“.
Jahrelang hatten Betriebsrat und Gewerkschaft vor einer „hausgemachten“ negativen Entwicklung gewarnt. Durch Missmanagement, fehlende Investitionen und falsche Strategien sei aus einem Aushängeschild ein Stiefkind geworden, „Wir waren hoch spezialisiert und hatten weltweit einen hervorragenden Ruf. Aus dem Duisburger Süden wurden Grobbleche etwa für die Schifffahrt, für Windkraftanlagen oder die Automobilveredler benötigt und vor allem geschätzt. Göktas hält etliche Broschüren, Zeitungsausschnitte und Magazine hoch, die voll des Lobes über die Qualität des Produktes und die Leistung der Mitarbeiter vor Ort sind.
Für ihn stehe fest, dass der Konzern den Standort hat ausbluten lassen. „Selbst beschlossene Investitionen wurden nicht umgesetzt“, bemängeln er und Dieter Lieske. Da stünden noch Original-Aggregate von 1963. Den Standort immer wieder zur Disposition zu stellen, sei zudem ein verheerendes Signal an die Kunden gewesen. „Wir haben uns mit dem Werk identifiziert. Hier kannte jeder jeden. Da gab es immer ein großes Miteinander und Füreinander, und das schon über mehrere Generationen“, sagt der Betriebsratsvorsitzende. Im März wurde das absehbare, „strategisch gewollte“ Ende dann zur traurigen Wirklichkeit. 800 Arbeitsplätze im Duisburger Süden gestrichen, mit Auswirkungen, die tief in das Familienleben hineingreifen.
Die Arbeit von Göktas und seinen Betriebsratskollegen hat mit „Herzblut-Unterstützung“ durch die IG Metall dafür gesorgt, dass Entlassungen mit der Stillsetzung des Werks nicht verbunden sind. Von den rund 800 Mitarbeitenden sind einige durch Altersteilzeit-Regelungen ausgeschieden.
Im September ist
endgültig Schluss
Gut 90 Prozent erhalten Ersatzarbeitsplätze im Duisburger Norden oder an anderen Standorten von Thyssenkrupp Steel. „Aber die Kollegen sind nach wie vor verunsichert, ob und wie es weitergeht, denn die „praxisfernen Theoretiker und Geld-orientierten Entscheider in der Führungsebene planen ja weiteren Stellenabbau“, so Lieske.
Zurzeit wird das Grobblechwerk noch weiter „abgewickelt“, berichten beide. Im September ist endgültig Schluss mit dem Grobblechwerk im Duisburger Süden. Von der Stillsetzung ausgenommen ist die Warmbandanlage. Dort werden gut 200 Mitarbeiter weiter arbeiten. „Denen werden wir uns voll und ganz widmen“, verspricht Mehmet Göktas. Aber auch die ausgeschiedenen Frauen und Männer behalte man im Blick.
Niemand soll ins
Bodenlose fallen
Viele Gespräche habe man bereits geführt, viele weitere werden noch folgen, denn der Betriebsratsvorsitzende, der selbst vor vielen Jahren hier angefangen hat, will eines erreichen: „Es darf niemand mental und seelisch ins Bodenlose fallen.“ Auch was mit dem nicht mehr benötigten Areal des Grobblechwerkes geschehe, sei ein Thema. Göktas und Lieske, der auch SPD-Ratsherr in Duisburg ist, sind sich einig: „Für Wohnbebauung nicht geeignet. Passende Gewerbebetriebe ansprechen.“
Eine klare Absage erteilen sie dem Logistik-Bereich, denn der habe bereits an anderen Stellen in der Stadt für Verkehrs- und Strukturprobleme gesorgt und zudem unhaltbare, unmenschliche Situationen für die Lkw-Fahrer hervorgerufen.“ Fazit: „Die fast unendliche Geschichte des Grobblechwerks im Duisburger Süden ist noch nicht ganz beendet. Und das hat auch und gerade etwas mit Menschen zu tun.
Autor:Reiner Terhorst aus Duisburg |
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