Vom Hinterhof in die erste Reihe - die DITIB Zentralmoschee in Köln
Heftige Kontroversen und kölsche Lösungen: Nach acht Jahren Bauzeit und etlichen Verzögerungen wurde 2017 die DITIB Zentralmoschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld eröffnet. Jetzt steht sie wieder im Fokus, weil der umstrittene türkische Präsident Erdogan sie bei seinem Deutschland-Besuch am 29. September 2018 offiziell einweihen wird.
Ihr Bau sorgte von Anfang an für viele Diskussionen: Zu groß, zu dominant, die Minarette zu hoch - so argumentierten die Kritiker. Dazu kamen Rechtsstreitigkeiten zwischen der DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V.) und dem Architektenbüro Paul Böhm um Baumängel. Und im Laufe der langen Bauzeit wurden grundsätzliche kritische Fragen nach der religös-politischen Ausrichtung der DITIB laut. Je nach Perspektive wurde die Kölner Moschee als Beispiel für geglückte oder misslungene Integration herangezogen. Nach etlichen Diskussionen verständigte sich man sich auf manch "kölsche" Lösung: Zum Beispiel behielten die Minarette ihre geplante Höhe von 55 Metern, aber sie sind hohl und kein Muezzin kann sie je besteigen, um laut zum Gebet zu rufen.
Die Architektur
orientiert sich am klassischen Typus der osmanischen Zentralmoschee mit großer Kuppel und begleitenden Minaretten. Das Architekturbüro Paul Böhm übersetzte die traditionellen Vorgaben in eine zeitgemäße architektonische Sprache. Sechs geschwungene Schalen aus Sichtbeton und große Glasflächen brechen die Wände auf und schaffen einen lichtdurchfluteten transparenten Raum, der Offenheit signalieren soll.
Der Gebetsraum
Die Gestaltung des Innenraums folgt traditionellen Mustern, allerdings nicht so farbenprächtig und üppig wie bei klassische Moscheen. Türkische Künstler (Semih İrteş, Atelier NAKKAŞ/Istanbul und Architektin Merih Aykaç) entwickelten das Konzept. Lichte Farben dominieren. Kunstvolle Ornamente und Schriftzeichen mit den Namen Allahs, der Propheten und Suren aus dem Koran verbinden sich zu einer Allover-Dekoration, die teilweise in Blattgold und -silber aufgebracht ist. Der Teppichboden, den alle Besucher barfuß betreten müssen, strahlt in hellem Türkisblau.
Die Moschee und ihr Umfeld
Eindrucksvoll, aber nicht erdrückend: Trotz ihrer Größe und Höhe dominiert die Moschee nicht die Umgebung. Sie fügt sich in das städtische Umfeld mit Hochhäusern und dem Fernsehturm ein. Monumental wirkende Freitreppen führen hinauf zum Vorplatz der Moschee. In zwei Gebäuderiegeln sind u.a. die Hauptverwaltung der DITIB, eine Bibliothek und ein Ladenzentrum untergebracht.
Eindrücke beim Besuch
Bei der Besichtigung im Innern erklärte eine Muslima die Bedeutung der Ornamente und Zeichen. Sie erläuterte die Funktion von Gebetsnische und Emporen. Sie seien den Frauen vorbehalten, diese dürften aber auch im hinteren Teil des Untergeschosses ihre Gebete verrichten. Die Moschee solle nicht nur als religiöse, sondern auch als kulturelle und soziale Begegnungsstätte dienen, wie es das ungezwungene Nebeneinander von spielenden Kindern, betenden Gläubigen und Besuchern zeigte.
Fazit
Die Kölner Moschee ist ein beeindruckendes, natürlich auch fremdartig wirkendes Bauwerk. Bei der Besichtigung ging es entspannter zu als erwartet. So konnten sich Frauen auch ohne Kopfbedeckung im Gebetsraum aufhalten. Aber erlauben solche Äußerlichkeiten Rückschlüsse auf die religös-politische Haltung der DITIB, die wegen ihrer Nähe zur Erdogan-Regierung in die Kritik geraten ist und vom Verfassungsschutz beobachtet werden soll? Die Kölner Zentralmoschee macht unmissverständlich klar: Der Islam ist in Deutschland präsent. Ob er hier angekommen ist und dazu gehört und welche Rolle er spielt - darüber wird weiter diskutiert werden müssen.
Fotografieren ist im reich geschmückten Innenraum der Moschee erlaubt. Die Fotos dürfen aber nur mit spezieller Genehmigung der DITIB veröffentlicht werden. Deshalb sind in diesem Beitrag nur von außen gemachte Aufnahmen zu sehen.
Quellen und Zitate
https://www.baukunst-nrw.de/objekte/DITIB-Zentralmoschee-Koeln--3252.htm
https://www.ksta.de/koeln/koelner-zentralmoschee-kuppel-mit-goldenen-botschaften-29548396
wikipedia
Autor:Margot Klütsch aus Düsseldorf |
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