Kunst
Museumsbesuch in der verbotenen Stadt

Seit langem schon träumte ich davon, die Gemälde der einzigartigen Gabriele Münter im Museum Ludwig in Köln zu betrachten. Die Ausstellung endet Mitte Januar – und so war es langsam an der Zeit zu fahren, bevor die Bahn wegen Schneeflocken und Glatteis ihren Betrieb ganz einstellt.

Wir hatten Glück – auf dem Hinweg hatte sie nur 10 Minuten Verspätung und den Ausfall von zwei Regionalbahnen für den Heimweg konnten wir kompensieren durch eine Fahrt mit dem Euro-City, den wir wegen Verspätung noch bekamen ohne Schnappatmung und der uns einen Sitzplatz schenkte, weil wir die Ersten an der Tür waren. Ansonsten standen die Gänge voll mit Reisenden – der Zug musste ja schliesslich alle Regionalreisenden heimbringen – ohne Zuschlag, weil der Schaffner gar nicht durchkam.

Bahnschicksale konnten wir dort hören – ausgefallene Züge aus Frankfurt, Menschen, die schon Stunden im Wartemodus lebten. Einfach nur schrecklich. Und ich erinnerte mich, das ich sogar mal angesichtes eines gewonnenen Gedichtwettbewerbs bei der Bahn bei einer Einladung in den Kölner Wartesaal mit umsonst essen und trinken „ein Hoch auf die Deutsche Bahn“ ausstiess, zu dem uns der Moderator in Schaffneruniform am späten Abend im Zustand der Trunkenheit kollektiv animierte. Ein „Hoch“ auf die Deutsche Bahn – ich bin dohämm !

Gabriele Münter ist eine der ganz wenigen in Deutschland bekannten und in der Kunstwelt anerkannten weiblichen Maler des Expressionismus neben Marianne von Werefkin und Paula Moderson-Becker – um nur mal einige prominente Namen zu nennen.

Geboren wurde sie 1877 in Berlin und gestorben ist sie 1962 in Murnau, wo sie viele Jahre mit ihrem Lebensgefährten Wassilij Kandinsky lebte, der sie irgendwann schnöde verliess. Die Zeit in Murnau muss eine gute Zeit gewesen sein. Befreundet war das Paar mit der russischen Malerin Marianne von Werefkin und deren Lebenspartner Alexej Jawlensky. Die beiden Paare inspirierten einander, wobei von Werefkin ihre Malerlaufbahn irgendwann aufgab, um mit ihrem Partner nicht in Konkurrenz zu treten.

Gabriele Münter hingegen war ihrer Zeit weit voraus. Ihren ersten Zugang zur veröffentlichten Kunst hatte sie, als sie im Alter von 21 Jahren um 1900 die USA bereiste über mehrere Jahre und dort aussergewöhnliche Fotografien erstellte.

Dem voraus ging ihr Studium der Kunst im Jahre 1897 an der Damen-Kunstschule von Willy Spatz in Düsseldorf. Die staatlichen Akademien waren seinerzeit den Frauen in der Kunst noch verschlossen. Nach dem Tod der Mutter gab sie die Ausbildung jedoch wieder auf.

Das elterliche Erbe ermöglichte ihr die Reise durch die USA – und möglicherwiese über viele Jahre ihre Reisen nach Tunesien, die Niederlande, Italien und Frankreich. Reizende Impressionen aus jenen Ländern sind im Museum Ludwig zu bewundern.

Nicht unerwähnt sollte sein, das August Macke eine Weile in Murnau im Hause des Paares Münter-Kandisky mit lebte. Er, Gabriele Münter, Franz Marc, Kandinsky, von Werefkin, Jawlensky und andere Künstler gründeten im Dezember 1911 die expressionistische Künstlergruppe „Blauer Reiter“.
Über diese Gruppe sagte August Macke später, den „Blauen Reiter“ herabmindernd: „Fahr wohl, Blauer Reiter ! Es kam eine Motte dazwischen !“ Und damit meinte der Meister die Gabriele Münter.

Das alles lernten wir in einem eingangs präsentierten Film, den man sich in jedem Fall anschauen sollte.

Die Ausstellung ist großartig. Münter hat grafische Talente, bringt wunderbare Blautöne auf die Leinwand und beeindruckend war ihre Idee, Kinderbilder abzumalen. Das könnten wir alle auch mal tun ! Sehr inspirierend !

Wir konnten Filme sehen, die Frau Münter seinerzeit sah – und sahen Charlie Chaplin in dem Film „Fräulein Else“, der alle Zuschauer zum lauten Lachen brachte. Herrlich !

Ein Besuch im Muserum Ludwig wäre kein Besuch ohne den Besuch des sich inmitten des Museum befindenden Restaurants. Ich habe es anders in Erinnerung. Immer gut. Immer gut auch für Eintöpfe bei Großausstellungen – immer lecker.

Aber was die heute dort anbieten, hat Sterne-Qualität. Alles bio, alles regional – kleinste feinste Speisen. Tagesgerichte für 8,90 Euro. Ich hatte Kartoffelklösse mit Pilzen und Kräutern – fantastisch. Meine Freundin hatte Knotschi – auch fantastisch. Dazu mundete uns der Hauswein, 0,2 l für 5,90 Euro aus dem Frankenland. Die Atmosphäre in diesem Restaurant ist ausgesprochen freundlich und warmlichtig. Es ist leise dort, trotz viel Gebabbel – offensichtlich ist alles gut gedämmt.

Natürlich gingen wir voller Furcht vom Bahnhof hoch zur Domplatte, um das Muserum Ludwig zu betreten. Wir wussten, das wir in der verbotenen Stadt sind. Was ist, wenn die merken, das wir aus Düsseldorf kommen ?
Und siehe da – da standen schon vier Halloween-Figuren als Brautpaare verkleidet und bleckten beim Anlächeln die Zähne. „Schnell weg hier“ - sagte ich zu meiner Freundin und rief den vieren ein dreifach kräftiges Düssseldorfer „Helau“ zu. Ein freundliches Knurren war die Antwort

Ein Tag in der verbotenen Stadt mit illegaler Nutzung des teuren Eurocity aus der Schweiz auf der Heimfahrt, ein Tag, der Kunst gewidmet und den leiblichen Genüssen, ein Tag mit freundlichen Gesprächen – ein solcher Tag gehört dokumentiert und weiter verschenkt !

Autor:

Karin Michaeli aus Düsseldorf

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