„Miró. Malerei als Poesie“ neue Ausstellung in der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf
Joan Miró (1893-1983) zählt zu den beliebtesten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Seine Bildsprache ist scheinbar immer heiter, tanzende Himmelskörper, verspielte Figuren, phantasievolle und rätselhafte Symbole machen Miró zum Publikumsliebling. Die aktuelle Ausstellung im K20 zeigt einen „neuen Miró“. Denn zum ersten Mal werden in einer Ausstellung Einflüsse der Literatur auf sein Werk untersucht. Entstanden ist eine spannende und lehrreiche Ausstellung, in der die Besucher sogar in der rekonstruierten Bibliothek des Künstlers in seinen Büchern schmökern dürfen. Eine prima Idee!
Mirós Enkel, Joan Punyet Miró, erinnert sich noch genau, wie sorgfältig seine Großmutter Pilar dafür sorgte, dass die Vorhänge vor den Fenstern der Bibliothek immer geschlossen waren, um die Bücher seines Großvaters vor dem gleißenden, mallorquinischen Sonnenlicht zu schützen. Und nun darf der Besucher selbst in diesem zum Teil nachgebauten Bücherzimmer in roten Ledersesseln sitzen, umgeben von Sammlerstücken und Bücherregalen, darf in den von Miró geschätzten Büchern blättern und lesen. Das ist eine tolle Idee der Ausstellungsmacher, die dafür im Internet und Antiquarien die Bücher zu diesem Zweck nachgekauft haben. Bände von Goethe, Bücher über Kunsttheorien, aber auch Edgar Wallace- Krimis und Fantomas in den bekannten Taschenbuchausgaben sind hier zu finden. Auf Mirós Lesesliste steht „tout Freud“, er wollte also sogar den gesamten Freud lesen, sein literarisches Interesse war demnach äußerst vielfältig und grenzüberschreitend. So wie Miró sich von Dichtern inspirieren ließ, weckte seine Arbeit auch das Interesse der Schriftsteller. So gehörte z.B. Ernest Hemingway zu seinen ersten Bewunderern und Käufern.
Miró – der Malerdichter
Die Schau ist chronologisch aufgebaut. So überrascht am Anfang Mirós Gemälde "Akt mit Spiegel" von 1919. Der dort gemalte Hocker war jahrzehntelang verschollen. Jetzt steht er frisch aufgemöbelt vor dem Gemälde. Anfang der 1920er Jahre pendelt Miró zwischen seiner Geburtsstadt Barcelona und Paris, lebt halbjährig mal hier, mal dort. In Paris wohnt er in der Rue Blomet, wo er die literarische Avantgarde trifft. Dadaismus und Surrealismus beeinflussen ihn. Miró versteht sich als „Malerdichter“, der keinen Unterschied zwischen den Künsten macht. Seine Malerei ist beeinflusst von der Literatur, Schriftzeichen setzt er als Bildelemente ein. Es entstehen Bilder, die er „Peinture-Poème“ - „Bild-Gedicht“ nennt. Seine „Malerbücher“ zeugen ebenfalls von einer speziellen Form der Dichtung. Mehr als 250 Stück hat er gefertigt. Es sind keine bloßen Illustrationen, das wäre zu wenig. Es sind wahre Kunstbücher, denn Miró wollte Bücher in der Qualität gestalten wie „eine in Marmor gemeißelte Skulptur“.
110 Gemälde, Zeichnungen und Malerbücher
Davon kann man sich in der Ausstellung überzeugen. Mit den kunstvollen Malerbüchern in Glasvitrinen sind insgesamt über 110 Gemälde und Zeichnungen aus allen Schaffensphasen zu sehen. Politische Umbrüche spiegeln sich auch in seinen Arbeiten. Kein Platz mehr für poetische Malerei. Er bezieht Opposition zum Faschismus, besonders zum Regime Francos in Spanien. Seine Farben werden dunkler, die Materialien härter. 1956 bezieht er ein Atelier auf Mallorca, hier entsteht sein Spätwerk. Er solidarisiert sich mit der 1968er Studentenrevolte, er rebelliert malend mit knappen, schroffen Bildaussagen. Seine Reisen nach Japan und der Kontakt mit den Vertretern des abstrakten Expressionismus in den USA schlagen sich ebenfalls in seiner Malerei nieder. So bietet der Gang durch die zwei Ausstellungshallen einen umfassenden Blick auf alle Schaffensphasen des Katalanen Joan Miró. Da wird man noch so manches Neues über Miró erfahren. Man sollte ich dazu die nötige Zeit nehmen.
Die Schau war bereits im Hamburger Bucerius-Kunst-Forum zu sehen, ist für Düsseldorf aber noch erweitert worden. Die Kunstsammlung NRW besitzt vier wichtige Werke des Künstlers , darüber hinaus stammen etliche Leihgaben aus international angesehenen Sammlungen wie der Fundació Joan Miró in Barcelona, der Fundació Pilar y Joan Miró auf Mallorca, dem Museum of Modern Art (MoMA) in New York und der Tate Gallery in London.
Die Ausstellung „Miró. Malerei als Poesie“ ist noch bis zum 27. September 2015 zu sehen.
Infos unter www.kunstsammlung.de
Kunstsammlung NRW
K20
Grabbeplatz
40213 Düsseldorf
Autor:Andrea Gruß-Wolters aus Duisburg |
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