Mediävistik-Vorlesung oder "Da hat es dir der Abbrecher abgebrochen!"

Eike von Repgow, Sachenspiegel. | Foto: Eike von Repgow, Sachenspiegel.
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So, ihr Lieben! In der Mediävistik-VL vom Mittwoch (28.12.2012) ging es hauptsächlich um das Thema "Herrscherdarstellung" im Mittelalter bzw. darum, wie die, die oben waren, gerechtfertigt haben, DASS sie oben waren.

Kurz noch eine Wiederholung der vorletzten Vorlesung. Hier wurde festgehalten, dass der Biograph Karls des Großen (Einhard) in seiner "vita caroli" ein menschliches Bild des Kaisers gezeichnet hat. Aufeinmal war hier nicht mehr von einem idealen Herrscher, sondern einem "normalen Menschen" die Rede, der einen Gehfehler hatte. Zu dieser Zeit haben die Menschen im Frankenreich viel von der Kultur Frankreichs übernommen. Hierzu gehörte zum Beispiel, dass viele Romane nach französischer Vorlage geschrieben wurde oder auch die Minne über Frankreich ins Rollen kam. Kleidung und ritterliche Verhaltensweisen waren plötzlich "in".
Jeffrey, ein walisischer Kleriker, befasste sich mit der Geschichte der Könige Großbritanniens und sah in König Arthus die Idealfigur eines Herrschers. Diese Idealfigur änderte sich mit der Zeit. Während es früher angesagt war, als Herrscher vor allem in kriegerischer Hinsicht erfolgreich zu sein, war es nun gern gesehen, wenn ein Herrscher ritterlich (hier wurde viel Wert auf Moral, Frömmigikeit und Freigiebigkeit gelegt) und heldenhaft wirkte. König Arthus leidet in den Erzählungen sogar an einer Art Kriegstrauma. Von einem furchtlosen, blutrünstigen Kämpfer ist hier nicht mehr viel übrig.

Um 1000 sollte eine Art der "Befriedung" des Gesellschaft stattfinden. Dem Umstand, dass jeder jederzeit jedem feindlich gesinnt sein konnte, sollte durch die sogenannte "Gottesfriedensordnung" bzw. die "Landfriedensordnung" (Befriedungspolitik) entgegen gewirkt werden.
Ein weiterer Bestandteil dieser Politik war, dass die Gesellschaft mit dem Bild des Hauses verglichen wurde. Der krichliche Bezug ist hier vor allem bei dem Gedanken an "das Haus Gottes" oder "das Gotteshaus" nicht von der Hand zu weisen.
Das "Haus Gottes" unterstrich also die Gesellschaft als Einheit, jedoch auch die Tatsache, dass es sich bei der mittelalterlichen Gesellschaft um eine Ständegesellschaft handelte, bei der jeder Stand seine Aufgaben hatte. Die Stände unterteilten sich im "Haus" in "Beter" (ca. 20%), "Kämpfer" und "Arbeiter".
Während heute gern in zwei Parteien polarisiert wird, suchte man im Mittelalter die Bedeutung in Zahlen und entschied sich eben daher für die drei Stände. Dieses trifunktionale Modell der Gesellschaft war ein wichtiges Befriedungsinstrument, welches die Stände nach Funktionen einteilte.
Es gab also den...

Lehrstand (Kleriker)
Wehrstand (Krieger, Kämpfer,...)
Nährstand (Bauern, Fischer,...)

Die Lehre von den zwei Schwertern soll hingegen verdeutlichen, wie Kaiser und Papst zueinander stehen bzw., dass deren Gewalt von Gott gegeben ist. Illustrationen zu dieser Lehre enthält der "Schwabenspiegel" (=Nachfolger des "Sachsenspiegels").
Auf dem Bild der Zwei-Schwerter-Lehre übergibt Christus ein Schwert an den Papst, ein anderes an den Kaiser. Bei genauem Hinsehen fällt jedoch auf, dass der Kaiser auf vielen Bildern deutlich größer dargestellt ist als der Papst. In einer anderen Version erhält der Papst BEIDE Schwerter und übergibt danach eines an den Kaiser. Wieder eine andere Version weist den Kaiser als den Lehnsmann des Papstes aus (Kaiser verübt den Stratodienst an den Kaiser!).

Auch der Kirchenvater Augustinus (354- 430) hat sich Gedanken zur Verteilung von Herrschaft gemacht. Er sieht das "Haus" als eine geordnete Einheit der Zusammenwohnenden an, bei der die einen befehlen und die anderen gehorchen. Während er teilweise der Meinung ist, dass die Menschen nur über vernunftlose Wesen (also Tiere) herrschen sollen dürften, vertritt er an anderer Stelle die Meinung, die Knechtschaft sei die Strafe für Sünde oder anders: Wo Herrschaft ist, ist ein Mensch vom Willen Gottes abgewichen. Er stellt sich damit gegen den römischen Staat und dessen Interpretation der Ordnung des "Hauses", wenn er sagt, dass Herrschaft für ihn immer mit Unrecht verbunden ist. Seine Theorien haben sich durch das komplette Mittelalter gehalten.

Eine weitere These, wie die Einteilung in Freie und Unfreie immer gern begründet wurde, war die Geschichte von Noah und seinen Söhnen oder die Geschichte von Kain und Abel (nach dem Motto: Alle, die in Freiheit leben dürfen, sind die Nachfahren des Abel!).

Eike von Repgow vertritt seine Meinung zu diesem Thema im Landrecht III, 42 des "Sachsenspiegels". Er regt sich maßlos über die gesellschaftliche Ordnung dieser Zeit auf und führt an, dass es kein historisches Argument für die Unfreiheit gäbe. Einen Grund, weswegen ein Mensch dem anderen gehören sollte, findet er nirgends. Er sieht die Leibeigenschaft vielmehr als eine ungerechte Form der Herrschaft an. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es sich bei seiner Denkweise keineswegs um zeitgemäßes Denken für das Mittelalter handelte. Solche Theorien passen schon eher in die Aufklärung.

Auch Berthold von Regensburg macht sich in seinem "Von den sieben Planeten" Gedanken über die Gegensätze von Armut und Reichtum und die Ungerechtigkeit der Welt. Die Theorien von Augustinus greift er gern auf.

Thomas von Aquin (1224/25 bis 1274) unterscheidet hingegen zwischen der Macht über freie Menschen und unfreie Menschen zu regieren und greift damit auch einen Demokratiegedanken auf. Seine These gilt sehr fortschrittlich für das Mittelalter.

Liebst,
Conny
geschichtefueralle

Autor:

Cornelia Wilhelm aus Düsseldorf

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