Kurzgeschichte: Tolle Klasse und tolle Erlebnisse
Eigentlich war weit über die Hälfte meiner Schulzeit die Hölle für mich. Deshalb habe ich mich gefragt, wie ich dem Bedürfnis vieler LK Leser nachkommen kann, eine lustige Geschichte von der Schule zu schreiben. Dabei ist fast in Vergessenheit geraten, dass ich ja eine harmonische und großartige Klasse hatte. Leider wurde ich in der Erprobungsstufe in eine andere Klasse von der Klassenlehrerin zurückversetzt. Ich schreibe jetzt von der Klasse, in der ich ein Jahr wirklich glücklich war:
Damals haben wir einen Ausflug nach Höxter gemacht. Wer Höxter kennt, der weiß, dass es von viel Ackerland und von vielen grünen Wäldern umgeben ist. Unsere Lehrerin schlug uns vor, dass wir hier im tiefen Wald Verstecken spielen sollten. „Damit ihr jedoch“, meinte sie, „im Falle des Falles nicht verhungern müsst, zeige ich euch ein gutes Nahrungsmittel des Waldes - nämlich den Sauerampfer.“ Jedenfalls war ich sofort begeistert und schlug vor, dass die ganze Klasse mich suchen müsse. Dabei dachte ich, dass sie mich nie finden könnten, weil ich doch so ein Naturbursche war, der sich überall gut an der Sonne orientieren konnte. Alle waren einverstanden und freuten sich schon, mich zu finden und gefangen zu nehmen. Sie drehten sich also in Richtung einer Lichtung und ich rannte in den tiefen Wald hinein. Leider kam ich schnell aus der Puste und hatte deshalb eine Idee: Da wir in einem der wirklichen Urwälder waren, hatte die Natur uns wilde Baumwurzeln und Aushöhlung übrig gelassen. Also legte ich mich in eine solche Wurzelausbuchtung und deckte diese mit Blättern zu. Ich wartete und wartete und nichts passierte. Allmählich verstummten die letzten Stimmen meiner Klassenkameraden. Langsam ging die Sonne unter und ich wusste, dass ich gewonnen hatte. Nach schier unendlicher Zeit, die ich dazu nutzte, mich mit Sauerampfer zu stärken, hörte ich Geschrei. Stimmen drangen durch den Wald, waren zunächst sehr undeutlich, erschreckten mich jedoch zusehends. Meine Gruppe schrie fast einstimmig: „Roland, komm heraus! Es ist Zeit, wir gehen zurück.“ Ach wie blöd nur, dass ich keine Uhr mitgenommen hatte. Voller Nervosität gab ich mein Versteck auf und rannte zur Lichtung. Lachend kamen mir meine Kolleginnen und Kollegen entgegen und ich wusste, dass sie mich hereingelegt hatten. Deshalb kann ich jedem nur raten: Nehmt eine Uhr mit, bei Bedarf sicher auch einen Kompass.
Dies war der erste Streich und der zweite folgt sogleich:
Am Abend war in der Jugendherberge eine kleine Party geplant und die Lehrerin hatte sich was Nettes ausgedacht. Natürlich durfte ich wieder der erste sein und dachte mir, dass ich jetzt den Spaß hätte und die Gruppe hereinlegen könne. Zunächst musste ich den Partyraum verlassen und auf dem Flur warten. Die Lehrerin bat mich herein und alle grinsten. Als ich mitten in dem Kreis war, wurde ich von unserem Klassensprecher aufgefordert, mich zu setzen und ganz genau zu erzählen, was ich frühmorgens bevor ich zur Schule ging, alles machen würde. Nichts leichter als das, dachte ich. Also fing ich an zu erzählen, von meinem Wecker, der mich mit Musik weckte, vom Frühsport und der tollen Dusche, vom Frühstück mit Cornflakes. Selbst gewisse Details hatte ich nicht vergessen. Ich war so super stolz auf mich!!! Als ich fertig war, sagte der Spielleiter zu mir: „ Roland, das war eine tolle Geschichte. - Nur hör mal bitte, was du wichtiges vergessen hast.“ Mein Gesicht hättet ihr sehen müssen!
Im Hintergrund hörte ich einen Wasserstrahl in einen Becher rieseln. Da mussten alle lachen. Wer denkt schon an dieses Detail im WC?
Autor:Roland Jalowietzki aus Düsseldorf |
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