Krefeld: Leiche im Swimmingpool
Perfekt inszeniert
Eine Leiche im Swimmingpool von Haus Lange? Irritierte Passanten und Nachbarn staunten schon nicht schlecht, als sie Anfang des Jahres vor dem Museum Haus Lange das Verkaufsschild eines Krefelder Immobilienmaklers entdeckten und anschließend lesen konnten, dass das Objekt verkauft sei. Die Sorgen schienen nicht ganz unbegründet, denn hatte man nicht vor Jahren ernsthaft erwogen, das wohl wertvollste Gemälde der Stadt, Monets "Houses of Parliament", zu verkaufen, um die Sanierung des Kaiser-Wilhelm-Museums sicherzustellen?
Fake News
Inzwischen ist das Geheimnis um den vermeintlichen Verkauf der Bauhaus-Villa (und um die Leiche im Pool) gelüftet: Es handelt sich offensichtlich um einen Fall von "Fake News".
Das skandinavische Künsterduo Ingar Dragset und Michael Elmgreen hat die denkmalgeschützte und als Museum genutzte <a target="_blank" rel="nofollow" href="http://www.lokalkompass.de/duesseldorf/kultur/zahnbuerste-trifft-bauhaus-haus-lange-und-haus-esters-in-krefeld-d739921.html">Bauhaus-Villa</a> vom Ende der 1920er Jahre wieder zum Wohnhaus gemacht. Die fiktiven Bewohner ("Die Zugezogenen") sind offensichtlich aus Furcht vor den Folgen des Brexit aus England nach Deutschland zurückgekehrt und gerade dabei, sich auf der Wilhelmshofallee häuslich einzurichten. Der Dachträger des Jaguars in der Einfahrt ist noch beladen und auf der Heckscheibe klebt unmissverständloch "I voted STAY". Drinnen stehen noch einige Umzugskartons. Aber der opulente Esstisch, Bilder, Bücher, Skulpturen und sogar ein schwarzer Flügel sprechen anscheinend eine deutliche Sprache, nämlich dass hier gut betuchte Bildungsbürger ihr neues Zuhause gefunden haben. Ein weiterer Kunstgriff: Die beiden Künstler haben Original-Bauhausmöbel aus der ursprünglichen Einrichtung des Hauses unter die Kunst-Objekte gemischt und so die Grenze zwischen Fiktion und Realität weiter verwischt.
Der schöne Schein
Bei näherem Hinsehen gibt es allerdings Risse im schönen Schein. Mitten durch den opulent gedeckten Esstisch samt Stühlen und edlem Geschirr geht ein Spalt. Auf dem Bild über dem Kamin erscheint der Sohn der Familie in der Uniform einer Eliteschule, gleichzeitig hockt er verstört als Skulptur vor dem Kamin. Ein Hund kläfft sein Spiegelbild in einem Spiegel an und in der oberen Etage sitzen in dunklen Räumen Geier auf zwei Kinderbettchen.
Auf der Terrasse dann der Höhepunkt des Horror-Szenarios: Im vermeintlichen Swimmingpool schwimmt bäuchlings die Leiche eines bekleideten Mannes. Die säuberlich abgestellten Schuhe lassen auf Selbstmord schließen. Der Vorbesitzer?
Auch wenn die Ausstellung auf den ersten Eindruck vielleicht harmlos-oberflächlich erscheint - Elmgreen & Dragset illustrieren mit ihrer hintergründigen Inszenierung aktuelle Probleme und Ängste, die viele Menschen umtreiben: Wie geht es weiter mit Europa, fühle ich mich hier noch zu Hause? Welche Folgen haben Globalisierung und Zuwanderung? Und wie gehe ich selbst mit der Unsicherheit um, verdränge ich sie, ziehe ich Konsequenzen oder lebe ich weiter wie bisher? Die Ausstellung beantwortet keine Fragen, sondern gibt Anlass zum Nachdenken. Sie setzt sicherlich bei jedem Besucher andere Assoziationsketten In Gang und ist unbedingt sehenswert.
ELMGREEN & DRAGSET
DIE ZUGEZOGENEN
MUSEUM HAUS LANGE
19. FEBRUAR – 27. AUGUST 2017
Info: http://www.kunstmuseenkrefeld.de/d/info/
Autor:Margot Klütsch aus Düsseldorf |
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