Unterwegs in der Umgebung: Eine besondere Kapelle
Klein-Jerusalem am Niederrhein
Klein-Jerusalem am Niederrhein?
So heißt die ehemalige Wallfahrtskapelle, die Gerhard Vynhoven von 1655 bis 1660 in der Nähe seines Geburtshauses bei Neersen errichten ließ. Vynhoven war Feldgeistlicher im Dreißigjährigen Krieg und hatte die schrecklichen Ereignisse hautnah miterlebt.
Außerdem war er ein weitgereister Mann. Als gläubiger Katholik hatte er die Stätten des Heiligen Landes besucht. Da in dieser Zeit den wenigsten Menschen eine solche Pilgerreise möglich war, stiftete Vynhoven zum Trost und zur Erbauung der Gläubigen die Wallfahrtskapelle mit der Nachbildung der Geburtsgrotte in Bethlehem und des Hl. Grabes in Jesusalem.
Die Kapelle
Der einschiffige Backsteinbau von 1656 wurde 1772 erneuert und erweitert, nachdem die Minoriten die Kapelle übernommen hatten, als das Stiftungsvermögen nicht mehr für den Unterhalt ausreichte. Aus dieser Zeit stammen der Chor mit dem Dachreiter und das Südportal. In Napoleonischer Zeit diente die Kapelle zeitweilig als Heulager für die französische Besatzung. Erst in preußischer Zeit lebte die Wallfahrt wieder auf.
Die Unterkirche
Im Zentrum der kryptaartigen Unterkirche mit mehreren Gängen und Kapellen befindet sich die Nachbildung der Geburtsgrotte von Bethlehem mit abschließender Apsis.
Leitmotiv in der Unterkirche ist der Stern von Bethlehem.
In einer kleinen Seitenkapelle liegt die Krippengrotte mit dem Christuskind.
Die Oberkirche
Blickpunkt an der Westseite der Oberkirche ist die Grabkapelle von 1661. Sie ist eine Nachbildung des Hl. Grabes in der Grabeskirche von Jerusalem und außerdem ein besonderes Zeitdokument, denn sie gibt den Zustand der Grabeskirche vor dem großen Brand von 1808 wieder. Die Frontseite schmücken Gemälde der Leidenssymbole und der schlafenden Wächter.
Man kann den kleinen Kapellenbau betreten. Im Vorraum ("Engelskapelle") sind Fresken des Engels und der drei Frauen am Grab Christi zu sehen.
In der dahinterliegenden Grabkammer befindet sich ein barockes Fresko mit der Auferstehung Christi.
Die Kreuzigungsgruppe
Obwohl die Figuren der Kreuzigungsgruppe im Chor der Oberkirche aus unterschiedlichen Epochen (16. - 19. Jahrhundert) stammen, ergeben sie ein harmonisches Ensemble. Der große Kalvarienberg stand ursprünglich in der Mitte der Kapelle.
Der Kapellenplatz
Klein-Jerusalem liegt malerisch in einer sehr schönen Grünanlage. Im Außenbereich steht ein großer Altar mit Kreuzigungsgruppe, außerdem gibt es hier einen Kreuzweg mit sieben Stationshäuschen.
Klein-Jerusalem ist "ein interessantes Zeugnis rheinischer Volksfrömmigkeit" (Ruth Schmitz-Ehmcke). Seit der umfassenden Restaurierung 1979-82 findet in der Kapelle vielfältiges religiöses Leben statt. Dank der sehr engagierten Interessengemeinschaft Klein-Jerusalem e.V. hat sich die Kapelle zu einem beliebten Ziel für Gläubige und Kunstinteressierte entwickelt.
Innenbesichtigung der Kapelle: Jeden 2. Sonntag im Monat, 14 - 16 Uhr.
Ich wünsche viel Freude beim Rundgang durch "Klein-Jerusalem" in Willich-Neersen. Ganz in der Nähe liegt das sehenswerte SCHLOSS, das auch immer einen Besuch lohnt.
Literatur: Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Nordrhein-Westfalen, 1. Band, Rheinland, bearb v. Ruth Schmitz-Ehmcke, Darmstadt 1967.
Quelle
Autor:Margot Klütsch aus Düsseldorf |
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