Auf dem Weg zum pferdelosem Umzug
Keine Pferde bei Brauchtumsumzügen
Wer mit dieser Forderung in der Öffentlichkeit unterwegs ist und sich gegen den Einsatz von Pferden bei Karnevals – und Schützenumzügen einsetzt, hat von den Traditionalisten viel Gegenwind zu erwarten. Dabei handelt es sich aber eher um einen sehr emotional geführten Gegenwind ohne die Verwendung überzeugender Argumente.
Das durfte der dem Brauchtum nahestehende Autor dieses Artikels bereits selbst erleben, als er vom Vorstand eines Schützenvereines im Düsseldorfer Süden zu einem Event im Sommer 2023 ausgeladen wurde, denn man wollte den „Gegner des Brauchtums nicht auf dem kommerziellem Event sehen“.
In den sozialen Medien gab es Kommentare wie „Du stellst die Existenzen von zig Vereinen in Frage“, „Spinner wie Dich sollte man ruhigstellen“.
Aber damit lässt es sich gut leben, denn die Diskussion über die Abschaffung von Pferden in Schützen und Karnevalsumzügen ist sehr präsent geworden und derlei nicht konstruktive Kritik motiviert umso mehr.
Während sich alles rund um die die Traditionalisten sehr schnell verändert, beharren diese weiter auf den Einsatz von Pferden und ziehen sich den Unmut der tierschätzenden Bevölkerung auf sich, vor allem bei den jungen Menschen. Vielleicht ist dies auch ein Grund, warum Brauchtumsvereine im Rheinland große Nachwuchsprobleme und Sorgen haben?
Rosenmontag in Düsseldorf
Am 20.02.2023 gab es einen wunderbaren Rosenmontagszug in Düsseldorf, angeführt von 18 Pferden. Die sensiblen Fluchttiere wurden vom Comitee Düsseldorfer Karneval an die Spitze des Zuges gesetzt um Wartezeiten zu minimieren und die hörempfindlichen (Flucht)Tiere weniger Beschallung auszusetzen.
Dennoch lief ein Spielmannszug in unmittelbarer Nähe der Pferde und die Tiere waren über Stunden den ganzen Zug dem Lärm der an der Zugstrecke umstehenden Lautsprecher div. Getränkestände und privater Gruppen ausgesetzt.
Völlig gestresst und verschwitzt erreichten die Pferde nach Stunden den Graf Adolf Platz, an dem eine Gruppe von PETA Tierschützern gegen den Einsatz von Pferden demonstrierte und die enorme Lautstärke mit einem Dezibel-Messgerät aufzeichneten.
Die demonstrierenden Tierschützer ernteten von den jecken Karnevalisten nur positives Feedback für ihre Aktion.
Alle sahen ein Bild von erschöpften Pferden, welches es hoffentlich in einigen Jahren nicht mehr geben wird.
Gemäß Vorgaben und Richtlinien zum Einsatz von Pferden in Brauchtumsumzügen des Landes NRW ist darauf zu achten, dass Pferde nicht vor oder hinter Spielmannszügen eingesetzt werden wegen des Lärms. Aber Lärm von allen Seiten, von den Tribünen, Bühnen, den vielen Lautsprecherboxen etc. ist erlaubt? Was für eine Logik. Was hat diese Reizüberflutung mit Tierschutz zu tun?
Wie bewertet das der Düsseldorfer Tierschutzverein ?
Laut aktuellen Leitlinien des Landes NRW soll das Wohl der Tiere im Vordergrund stehen. Die Pferde sollten zwischen 6 und 20 Jahren alt und per ( umstrittener) Gelassenheitsprüfung qualifiziert sein. Sie dürfen offiziell nicht mit Medikamenten ruhiggestellt werden. Offiziell.
Die Reiter dürfen nur maximal 15 Prozent des Pferdegewichts schwer sein. Da dürften jetzt einige Vereine an ihre Grenzen stoßen. Der Reiter eines 600 Kilogramm schweren Pferdes darf also maximal 90 Kilo wiegen. Die Einhaltung dieser Richtlinien hat das zuständige Veterinärsamt in Düsseldorf zu überprüfen, an deren Spitze Herr Klaus Meyer steht.
Runder Tisch nicht für alle
Extra zu diesem Thema wurde ein runder Tisch der Landeshauptstadt Düsseldorf gegründet, der Ende letzten Jahres tagte. Obwohl sich die Tierschützer der Tierschutzorganisation PETA gerne bei dem runden Tisch engagiert hätten, Interesse daran zeigten, wurden diese nicht eingeladen. Der Autor des Artikels nahm am runden Tisch teil und lauschte verwundert und interessiert den Ausführungen des Leiters des Veterinäramtes Klaus Meyer und den anderen Teilnehmern, welche aus politischen Vertretern der Ratsfraktionen, Verbandsvertretungen der Brauchtumsvereine, Pferdehalter und Tierschutzverein Düsseldorf e.V. bestanden.
Viel Veränderungen und Kompromisse waren von den Traditionalisten nicht zu erwarten, bzw. gewünscht und man äußerte sich besorgt über das „Ende des Brauchtums“, sollten die Pferde verschwinden.
Vieles ändert sich gerade rund um dieses Thema. Und das ist gut so.
Die Menschen sind wesentlich sensibler für den achtsamen Umgang mit Tieren.
Beispiele für Tradition ohne Pferde:
In diesem Jahr liefen in Bonn keine Pferde mehr mit im 3,8 km langen Rosenmontagszug. 3800 Teilnehmer über 100 Gruppen, hatten mit den Tausenden von Besuchern tierisch viel Spaß (ohne Tiere) und niemand vermisste die Pferde.
Im letzten Jahr organisierten die sehr engagierten und kreativen Schützen in Düsseldorf-Himmelgeist von der Nikolaus Kompanie eine Elektro-Kutsche ohne Pferde. Auf Stress für die Tiere wurde bewusst verzichtet. Welch ein wunderbares Beispiel.
Geht doch.
In Eppingen ist der Einsatz von Pferden bei Brauchtumsumzügen seit 2018 verboten.
Leider, aber auch erwartungsgemäß, wurde in Düsseldorf in 2022 ein Bürgerantrag gegen den Einsatz von Pferden in Karnevals und Schützenumzügen abgelehnt.
Bürgerbegehren in Düsseldorf
Jedoch wird von Tierschützern aktuell über die Organisation eines Bürgerbegehrens in Düsseldorf im Sommer 2023 nachgedacht.
Vielleicht schafft es ja dieses Thema eines Tages auf einen Rosenmontags Mottowagen von Jacques Tilly? Wer weiß?
Meist werden die Pferde für Karnevals und Schützenumzüge angemietet. Reiter und Pferd haben keine innige Verbindung. Niemand der Reiter würde sein eigenes Pferd bei einem Rosenmontagszug einsetzen.
Die nächsten Jahre werden im Rheinland entscheidend sein, ob die Traditionalisten weiterhin ihre meist zu diesem Zweck gemieteten „Nutztiere“ einsetzen und ihre antiquierte Meinung vertreten dürfen oder ob sich die Politik und die Bürger gegen diese Tierquälerei durchsetzen.
Autor:Andreas Vogt aus Düsseldorf |
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