Närrische Frauen Himmelgeist
Karins kleine Karnevalserlebnisse bei den Himmelgeisterinnen

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Ein Karnevalsgeck bin ich ja an und für sich nicht. Deshalb bin ich ja die letzten Jahre immer an Karneval an die Mosel geflüchtete in mein Dorf, um an Weiberkarneval den „Gääkisch Fraaleit“ im Bürgerhaus beizuwohnen über Stunden bei Moselwein und Würstchen mit Kartoffelsalat, um dann am Rosenmontag zu sagen „na ja, ein Karnevalsgeck bin ich zwar immer noch nicht – aber den Zug könnte man ja mal betrachten...“, was dann angesichts der tollen Weinspenden der besten Nitteler Winzer grundsätzlich lustig und mit viel Spass an den tollen geschmückten Wagen und Fußtruppen endete.

Nun ist das Moseldörfchen in die Vergangenheit gerutscht, weil ich meine doppelte Heimatzugehörigkeit zu Gunsten der Großstadt Düsseldorf entschied, wo ich mich seit 40 Jahren auch heimisch fühle.

Als eindeutig „echte“ Mosel-Rheinländerin, die mit dem Karneval ja nichts am Hut hat, schlägt mir dennoch das Herz immer ein wenig höher, wenn dat Trömmelche jieht. Und so versuchten meine Freunde und ich, sozusagen „last minute“ noch Tickets zu bekommen für eine Karnevalssitzung. Das ist so kurz vor den großen Gala-Sitzungen schier unmöglich – aber der liebe Karnevalsgott hatte ein Einsehen und offerierte über Facebook noch freie Plätze für die Karnevalsveranstaltung der „Närrischen Himmelgeister Frauen“, die im Schützenzelt in Itter stattfand. Da Itter auch ein Dorf ist, war es mir gerade recht.

Freund Hans konnte die Karten in der Privatwohnung einer der Himmelgeister Närrinnen abholen, was ja schon mal sehr sympathisch ist.
Natürlich hatte ich nichts Gescheites zum Anziehen. Also Improvisation in letzter Minute. Karnevalslädchen in der Altstadt wird es schon richten.

Ich bin zwar kein Karnevalsgeck, aber als wir uns dem Zelt nähern, Platz einnehmen am Tisch mit tollem Blick auf die Bühne, und wir der Himmelgeister Frauen gewahr werden, die allesamt als „Hutmacherinnen“ da auf der Bühne thronen, da schlägt mir das Herz schon wieder höher und die Karnevalsspannung steigt.

Das Motto der Himmelgeisterinnen lautet „Alice im Wunderland“. Die Hutmacherinnen sehen toll aus. Wie aus viktorianischen Zeiten schweben sie durch das Zelt mit langen roten Locken, Zylindern auf dem Kopf, auf Taille gearbeiteten langen Frackjacken. Ich denke an Charles Dickens-Filme und bin optisch beglückt.

Die Moderatorin, Alice daselbst, mit blondem lockigen Haar und robuster männlicher Stimme, versteht es, uns gut einzustimmen. Und nun folgt ein Inferno der karnevalistischen Unterhaltung.
Es kommen die Kleinsten der Kleinen auf die Bühne und begeistern uns mit ihren Tänzen, wobei die etwas größeren „Showgirls“ uns den Atem rauben angesichts ihres atemlosen Beineschwenkens. Das war gekonnte Choreografie.

Es betreten kleine Prinzen die Bühne aus der Sarotti-Schoko-Werbung und tanzen ebenso munter nach orientalischen Klängen. Nein, ich darf nicht weinen vor Glück – die Herzchen auf den Wangen dürfen nicht verlaufen. Zu schön ist es, diesem herzerwärmenden Tanz zuzuschauen, in dem ein ganz kleiner Prinz auch schon mal ein bisschen, aber auch nur ein bisschen, daneben tritt.

Der Büttenredner Wolfgang Trepper redet ohne Bütt uns in die Vergangenheit unserer glücklichen Kindheit hinein, in der noch keine Helicopter-Eltern uns vor allem Schlimmen bewahrten. Er ist ein bisschen wütend, wie Herr Schmickler bei „Mitternachtsspitzen“ und ich denke, „na ja“, als er ein wenig arg ablästert auf die dicken Kinder unserer Zeit. Wäre ich seine Freundin, hätte ich ihm das nochmal zu überarbeiten empfohlen. Aber bei einer kleinen Zeitreise durch die Schlager vergangener Zeiten wurde es wieder gemütlich und lustig – und wer hätte beim Abspielen von „Dschingis Khan“ gedacht, das ein paar Auftritte später die „Marienburggarde“ aus Monheim dem „Affen Zucker gibt“ und genau nach diesen Klängen einen Kasatschock dahin legt, das die Balken sich biegen. Diese Garde tanzt, als hätten sie keine Lunge im Leib – unermüdlich und mitreissend.

Wir erleben ein Männerballett namens „Körperwelten“ und das ist von den toten Körperwelten des Günther von Hagen, der uns mit seinen zerschnittenen Leichen das Grauen lehrte, weit entfernt. Die tanzen – gemeinsam in einer Strumpfhose steckend, die tanzen lasziv und ich hatte mir schon fast gewünscht, die würden sich ausziehen – also nicht ganz, aber so ein bisschen. Es hätte gepasst.

Einmarsch der KG Regenbogen ist „grosser“ Karneval. Jetzt wurde es ernst Wenn die auf der Bühne ihr Liedchen singen „Jeder Jeck ist anders und jeder ist anders jeck“, da weiß man, das man im echten Düsseldorfer Karneval angekommen ist. Eine riesige Gruppe lustiger Männer und Frauen animiert das Publikum, galeerenmässig zu rudern – und sie sind dabei wunderschön anzuschauen.

Die Stimmung kocht, die Getränke fliessen dank der unermüdlichen Servicekräfte in Strömen. Die Preise sind absolut zivil und gastfreundlich. Was soll ich sagen ? Die Himmelgeister und Itterer Dorfschönheiten lieben es wohl, hochzusteigen und irgendwann haben wir kapiert, das der Nachbartisch der hübschen Youngsters sich am wohlsten fühlt, auf den Bänken zu tanzen und ich hoffe, das keiner da mal runter fällt. Aber die scheinen trotz Alkoholkonsum trittfest. Es ist halt eben Itter, es ist halt so auf dem Dorf.

Nun kommt die Auslosung der zuvor gekauften Lose. Meine Freundin, die als Zauberin dem Abend beiwohnt, nahm mir zu Liebe den riesigen Zauberhut mit Gardinchen ab, damit ich einen ungetrübten Blick auf die Bühne habe. Aber als die Auslosung startete, meinte sie „Gib mir mal bitte den Hut – ohne den geht das nicht !“ Setzt sich den Hut auf – und gewinnt einen Preis.
Zwei Nummern später gewinnt sie schon wieder ! Sie ist Harry Potter ! Ich fasse es nicht. Nach dem zweiten Gewinn meinte sie „Nun is et juut“, nahm den Hut wieder ab und ich sass mit weit geöffnetem Mund daneben.
Jetzt weiss ich, wen ich mitzunehmen habe, wenn es gilt, höhere Mächte anzuflehen...

Auf diesen Schreck gehen wir erstmal was essen – und auch da haben die Himmelgeisterinnen richtig gut gekocht. Wer auch immer die Pasta zubereitet hat auf vegetarischer Basis, war eine Kochkünstlerin. Die schmeckte im Holzschiffchen serviert ganz fantastisch und so waren wir gestärkt für das Highlight des Abends – den Auftritt des Düsseldorfer Prinzenpaars.

Mit kleiner Garde betraten Prinz Martin und seine Venetia das Zelt und marschierten in aller Karnevalswürde auf die Bühne. Glücklicherweise wurden alle gebeten, sich HINZUSETZEN – so das wir in aller Ruhe und Gelassenheit die frohe Kunde des Prinzenpaares vernehmen konnten.

Ich bin kein Karnevalsgeck – aber dieses Prinzenpaar ist absolut lovely, setzt sich ein für Spendensammlungen für viele soziale Projekte und gestaltet sogar eine Sitzung für die Obdachlosen. Das ist absolut bemerkens- und liebenswert und sollte Schule machen. Und wie ich heute las, trafen sie sich sogar mit dem Kölner Dreigestirn, was ja auch nicht selbstverständlich ist – hüstel...

Die standen also in ihrer majestätischen Tollitätenpracht auf der Bühne, versicherten uns, das wir ein tolles Publikum sind, das wir gesund bleiben sollen – und was soll ich sagen. Ich blieb halt nicht sitzen und musste die nochmal vom Nahen gucken und fotografieren. Ja, das war schon ein bemerkenswerter Höhepunkt der Sitzung der närrischen Himmelgeisterinnen.

Da wir bei der anschliessenden Disco nicht auch noch auf die Tische steigen wollten, fuhren wir am Ende der Sitzung zutiefst befriedigt nach Hause nach einer wunderschönen Karnevalssitzung der Himmelgeisterinnen in Itter. Helau, liebe Hutmacherinnen – das habt Ihr toll gewuppt !

Autor:

Karin Michaeli aus Düsseldorf

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