Im Schatten der Kunstpaläste: Schriftsteller Peter Schrenk zum jüngsten Heine-Drama

Heinrich Heine (Gemälde von Moritz Daniel Oppenheim, 1831)
  • Heinrich Heine (Gemälde von Moritz Daniel Oppenheim, 1831)
  • hochgeladen von Peter Ries

(Peter Ries) Heine - sein Leben, sein Werk und die Person im Stadtgedächtnis für Jedermann gegenwärtig zu machen, ihn wieder richtig lebendig werden lassen, mit ihm als Stadt zu leben. Nicht nur als Denkmal oder im Museum oder als Objekt der Literaturforschung! Warum rangiert dieser geniale Dichter deutscher Sprache eigentlich im allgemeinen, kollektiven Kulturgedächtnis Deutschlands ´nur´ an dritter Stelle – nach den klassischen Schreibgrößen Goethe und Schiller, deren Namen so untrennbar und selbstverständlich mit dem Ort Weimar verknüpft (oder verlinkt auf neudeutsch) scheinen? In seinem Geburtsort Düsseldorf ist Heinrich Heine zwar Namensgeber einer Straße, der ´Heinrich-Heine Allee´, einer gleichnamigen U-Bahnstation, der Universität,eines Gymnasiums und eines sehr verdienstvollen, und international anerkannten wissenschaftlichen Forschungsinstitutes, der Heinrich Heine-Gesellschaft, aber im allgemeinen und medialen Publikumsverständnis kann sich die Stadt Düsseldorf weit mehr mit dem Image von Karneval, Königsallee, Altstadt, Industriebaronen von Kohle und Stahl, Japanern, Landespolitik, Messe, Werbeschnöseln und … Lena identifi zieren. Was dem Dichter zu seinen Lebzeiten widerfuhr, von der Mehrheitsgesellschaft ausgestoßen und vielen deutschtümlerischen Kollegen nicht akzeptiert zu werden, ist so gleichsam auch zum Leitmotiv seines ´Nachlebens´ bis heute geworden.

Nun wird zwar viel über den ´Fall Heine´ (Marcel Reich-Ranicki) geschrieben und geredet, aber die Reichweite all dessen erreicht leider doch nur diejenigen Kreise Kulturinteressierter, die sich heutzutage noch als ´Durchläufer´ humanistischer Erziehung outen wollen. Will sagen: Über Heine wird seminaristisch und in Literaturzirkeln mehr oder weniger viel gesprochen, aber wer kennt ´draußen vor der Tür´ Heine und sein Werk? Staatskanzler Metternich betrieb ja deshalb so vehement die Indexierung von Heines Schriften, weil Heines ´Gift´ ja eben nicht nur vom Bürgertum gelesen und verstanden wurde, sondern weil sogar ´die Handwerksburschen in den Kaschemmen (das Volk)´ seine Schriften lasen und … verstanden!
Was also sagte, worüber und wie schrieb der Dichter und Zeitgenosse von Karl Marx damals? Und was sagt er uns, dem normalen Volk, - der ´Laufkundschaft´ -, mit seiner sprachlichen Genialität noch heute? Über uns und warum die Verhältnisse so sind wie sie sind?

Ja, Heine soll wieder zum ständigen und öffentlichen Anwesenden im ´Stadtgedächtnis´ werden. Nicht nur bunte Rosenmontage und lackierte Eurovionsveranstaltungen (immer munter dem Zeitgeist hinterher) sollen das Image unserer Stadt prägen! Gerade ein quertreiberisches und angepasstes Genie wie Heinrich Heine gehört zum Mosaik dieser Stadt. Düsseldorf braucht daher eine ständig in die Stadt hinein wirkende Heine-Spielstätte. Deren Form und inhaltliche Ausgestaltung bleibt dem Ideenreichtum derjenigen überlassen, die sich für ein solches Projekt begeistern können und interessieren wollen.

Ganz allgemein ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu sagen, dass durch entsprechende Arrangements des gesamten Heine-Schaffens (Poesie alter u. neuer Schule, Reisebilder, Dramen, Theaterkritiken etc.) und regelmäßige, öffentlichkeitswirksame Aktionen in die Stadt hinein, der Gedanke ´Heine´ zu einem wirklichen und ständigen Image-Bestandteil der Heine-Stadt Düsseldorf werden soll. Der größte Sohn dieser Stadt muss endlich zu einem stolzen Aushängeschild Düsseldorfs werden, einem weithin sichtbaren Leuchtturm der Poetik, der weltweit und nach innen vom Ruhm dieses Schriftstellers kündet! Es muss für jeden Düsseldorfer daher eine selbstverständliche Ehre sein, über Heinrich Heine mehr zu wissen, als der ´Rest der Welt´. Und es würde auch Heinrich Heine mit Stolz u. ´klammheimlicher Freude´ erfüllen, wenn z.B. Campino mit den Toten Hosen eine Heine-Rockhymne komponieren u. texten und in Düsseldorf zur Uraufführung bringen würden. So könnte über die Hitparaden das Werk Heinrich Heines auch den Weg in die Ohren und Köpfe der angeblich so desinteressierten Jugend(?) finden!

Die Bayern haben ihrem Regionalamigo Franz-Josef-Strauss in einem versumpften Ödland ein weltweites Denkmal gesetzt, indem sie den dortigen Flughafen nach ihm benannten. Was spricht eigentlich, außer regionalpatriotischem Fleckendenken, dagegen, den sog. Rhein-Ruhr-Flughafen nach dem großen Weltpoeten (und Sohnes dieser Stadt!) Heinrich Heine zu benennen? Das würde seiner Bedeutung weitaus mehr entsprechen, als ein unterirdischer Bahnhof! Hoch, weithin sichtbar und manchmal sogar monumental ragen in den rheinischen Himmel über Düsseldorf die Denkmale der Meinungsartisten der Gegenwart (WDR, Fernsehturm), Pinselkünstler (Akademie, Kunsthalle), Mimen u. Koloraturisten (Schauspielhaus u. Oper), Fidelartisten (Tonhalle), Provinzpoliteure (Stadthaus), Voovooselatröter (ESPRIT-Arena), Eisen- u. Stahl´skulpturisten´ (Thyssen etc.) und moderner Schutzschirmdesigner (ARAG bis Victoria) - wo aber ist das Denkmal für Düsseldorfs grössten und weltweit bekanntesten Sohn? Wo versteckt Düsseldorf die Erinnerungen an den Künstler, den der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicky einst mit dem Titel „Weltpoet“ adelte und der wie ein Leuchtfeuer am Himmel vom Ruhme dieser Stadt zeugen sollte? …

Peter Schrenk: Zwischen 1990 und 1994 führte der in Düsseldorf lebende Schriftsteller mit Schauspiel-, Werbe- und Wirtschaftsausbildung, mehrere Gespräche über Heine mit der damaligen Chefin des Kom(m)ödchens, Lore Lorentz. Damals keimte die Idee einer ständigen Auffühungs- und Spielstätte von Heine-Werken in Düsseldorf auf. Auch nach dem Tode von Lore Lorentz trug Peter Schrenk diese Idee immer mit sich im Kopf herum. Er hat seine schulische Jugendzeit in der damaligen DDR durch-laufen. Dort gehörte ´Heines Deutschland - ein Wintermärchen´ zum Grundwissen und das Buch des in Düsseldorf geborenen Dichters stand an zweiter Position der ´Bestseller´-Liste (nach der Dietzausgabe des ´Kapital´ von Karl Marx, die im Vertiko fast jeden DDRBürgers verstaubte). Für ihn bedeutete Heine immer Gegenwartsschmerz und nicht klassische oder gar verehrungsverschimmelte Vergangenheit. Um so mehr war er von der Ablehnung und Ignoranz betroffen, auf die er nach seinem Umzug nach West-Deutschland hier gegenüber dem Schriftsteller Heinrich Heine traf.

Lange Zeit schien es ihm so, als wäre er der Einzige, der den Wunsch in sich trug, eine lebendige Erinnerungs- u. Vermittlungsstelle gerade in Düsseldorf, der Stadt mit der der Dichter sich so innig verbunden fühlte, zu wissen. Das war und ist sicherlich nicht der Fall! Wohl aber scheint er zu den Wenigen zu gehören, die es so wollen, dass sie es auch möglich machen wollen. Da er weiss, dass er für ein so geartetes Projekt kaum die finan zielle Unterstützung der Stadt finden wird, muss er in Düsseldorf oder der Region Niederrhein oder dem Land NRW oder in Deutschland, Europa oder weltweit, genügend private bzw. institutionelle Unterstützer finden, die dieses Projekt auch finanziell zur Wirklichkeit werden lassen. Vorbild könnte dazu der Wiederaufbau der Frauenkirche Dresden sein. Voraussetzung für die Schaffung einer ähnliche Finanzierungskonzeption ist allerdings die Vorlage eines attraktiven und umsetzbaren Projektplanes. Die jüngste Provinzposse um die Jurybesetzung für die Verleihung des Heinrich-Heine-Preises warnt allerdings erneut zu Vorsicht.

Peter Schrenk arbeitet seit April 2011 an der Aufbereitung einer umfangreichen Originalkorrespondenz der Berliner Familie Laske aus den Jahren 1937 bis 1942. Sie hatten ihren jüdischen Sohn mit 15 Jahren 1935 nach England schicken müssen, wo er 1940 als feindlicher Ausländer deterniert und danach zwangsweise nach Australien in das Wüstenlager Camp Hay deportiert wurde. Sein Vater verstarb 1942 an Bauchspeicheldrüsenkrebs und Charlotte, seine Mutter, im März 1943 im KZ Auschwitz-Birkenau …

Vorschlag eines geborenen Berliners, der seit nunmehr 40 Jahren in Düsseldorf lebt und arbeitet:

Satzung des gemeinnützigen Vereins „Heinestadt Düsseldorf e.V.“ Gesellschaft zur Förderung der Erstellung und des Betriebes des Heinrich Heine-Zentrums Düsseldorf

Präambel

In der Stadt Düsseldorf, Geburtsort des Weltpoeten Heinrich Heine, sind gegenwärtig verschiedene Institutionen, Organisationen und herausragende Persönlichkeiten tätig, die sich mit dem weltbedeutenden Dichter Heinrich Heine befassen: die verdienstvolle Tätigkeit der Heinrich Heine Gesellschaft und des Heinrich Heine Freundeskreises seien an dieser Stelle stellvertretend genannt. Allerdings richten sich diese Institutionen nur an einen engen Kreis literaturwissenschaftlich interessierter Experten bzw. an einen ausgewählten Kreis wirtschaftlich oder kommunal- bzw. landeskulturpolitisch tätiger Personen.

Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Indizierung der Werke Heinrich Heines aber auch deshalb von dem österreichischen Kanzler Metternich so vehement betrieben, weil Heines aufklärerische Schriften auch von der Jugend und den einfachen Leuten gelesen und verstanden wurden. Die Kampagne gegen den jüdischen Schriftsteller deutscher Sprache zeigt auch heute noch ihre nachhaltige und verheerende Wirkung im Denken vieler Menschen. Sie zeigt auch heute noch ihre schädliche Wirkung dadurch, dass Kenntnisse und Wissen über Düsseldorfs größten Sohn, dessen Leben und Werk, besonders unter den Jugend kaum auf Interesse stoßen.

Heinrich Heine, der die Kunst und sämtliche ihrer Gattungen universal geliebt und geachtet hat, bezeugte in seinen Werken stets großen Respekt gegenüber dem Theater, der Oper, dem Ballett, der Bildhauerei und Malerei, der Musik, der Architektur und nicht zuletzt der Literatur. Er sah sie alle als kulturellen Wesensbestandteil einer aufgeklärten, bürgerlich-demokratischen Gesellschaft. Um so befremdlicher ist es, dass wir heute feststellen müssen, dass, insbesondere in Düsseldorf. der geliebten Heimatstadt Heines, die Literatur nur ein recht kümmerliches Dasein im Schatten der Kunstpaläste der anderen Kunstgattungen führt. Ja, im Kampf um die „Fleischtöpfe“ besteht zwischen den unterschiedlichen Sparten der Kultur sogar ein ausgespro-chenes Konkurrenzverhältnis.

Nicht nur darum soll zu den Organen des Vereins „Heinestadt Düsseldorf e.V.“ auch ein beratendes und verbindendes Kuratorium eingerichtet werden. Diesem Gremium sollten möglichst Vertreterinnen und Vertreter aller in Düsseldorf tätigen Kunstgattungen, Kultureinrichtungen, Schulen/ Hochschulen und der Kulturpolitik angehören. Diese sachkundigen Experten des Kuratoriums sollen dem Vorstand des Vereins bei allen Projekten und Initiativen zur Schaffung einer gemeinsamen ´Kulturidentität Düsseldorf´ beratend zur Seite stehen, die Effizienz und mögliche Synergieeffekte befördern.

Die Vereinsgründerinnen und- gründer sind der Überzeugung, dass die Stadt Düsseldorf mit dem weltbekannten Heinrich Heine ein Kulturmarkenzeichen von enorm großer Ausstrahlung besitzt, dessen Genialität weit über die Landesgrenzen hinausreicht. Die Universalität des Weltpoeten Heinrich Heine könnte den gesamten Kulturbereich der Stadt Düsseldorf unter seinem Schirm vereinen und damit lokale ´Kulturkämpfe´ und die oft noch vorhandene Interessenzersplitterung aufheben.

Autor:

Peter Ries aus Düsseldorf

Webseite von Peter Ries
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