Thomas Ruff, Kunstausstellung in Düsseldorf
Herr Ruff fotografiert nicht mehr
- Eröffnung am 12. September ab 11 Uhr, Eintritt frei, keine Zeitfenstertickets!
In der Düsseldorfer Kunstsammlung NRW, im K20, läuft ab 12. September 2020 die Ausstellung mit dem phantasievollen Titel "Thomas Ruff". Was eine Komplett- oder Rückschau suggeriert, die es nicht ist.
Denn: Herr Ruff fotografiert nicht mehr.
Ganz so ist es zwar nicht.
Aber Thomas Ruff, Anfang der 1980er Jahre bekannt geworden durch riesige Portraits, die eine ganze Generation und ihre Zeit beinhalten, durch Fassaden deutscher Mietshäuser und Innenansichten deutscher Wohnbehaglichkeit, kann sich kaum daran erinnern, wann er das letzte Mal eine Kamera in die Hand genommen hat.
Thomas Ruff, Jahrgang 1958, wie Andreas Gursky, Candida Höfer oder Thomas Struth einer der legendären Becher-Klasse der Düsseldorfer Kunstakademie in den 1970er Jahren.
Nun, er fotografiert schon noch. Gleich als Erstes zum Beispiel sich selbst. Das Selfie von der Pressekonferenz vor übergroßem Mao. Und dann auch manchmal Blumen und Pflanzen in Kalender-Qualität, die bei seinen Eltern monatlich abgerissen und vielleicht am Ende des Jahres gerahmt worden wären.
Die Ausstellung: Fraglos interessant. Die Fotogramme, bei ersten Recherchen eher als Ästhetik-Spielereien eines im eigenen (substanziell analogen!) Kamera-Medium enttäuschten und verunsicherten Künstlers abgetan: wunderschön! Ebenso wie die bläulichen Reproduktionen der experimentellen Fotos von Adolphe de Meyer (1912). Interessant, denn die Ausstellung mit ihren zwölf Serien oder Themenfeldern, ist ein Rundgang durch die Geschichte und Technik der Fotografie der letzten 100 Jahre. Und ein Blick zurück auf die analogen Anfänge des Künstlers selbst.
Die finden sich gegenüber, im Rahmen der Ausstellung "Technology Transformation", die die Thomas-Ruff-Schau ziemlich bemüht begleitet. Dort hängen sie, die Fassaden und Portraits, die ihn berühmt machten ...
Herr Ruff macht nur noch Selfies.
Die Ausstellung "Thomas Ruff"
Sehr empfehlenswert ist der "Digital Guide", der online aufzurufen ist und Lust auf die Ausstellung macht!
Zwölf Bereiche: Analogfotos über Propaganda bis Zeitungsfotos
- Zeitungsfotos und Pressefotografien, jpeg's in niedriger Auflösung aus der Urzeit des Internets - übergroß reproduziert, von Starlets über Gaddafi bis 9/11
- Mit "Filtern" wie dem Weichzeichner oder Bewegungsunschärfe verfremdete Pornografie aus den "Thumbnail Galleries" ebenfalls aus den Anfängen des WWW ("nudes")
- Die Räume historischer Ausstellungen zu Jackson Pollock und Künstlern der Moderne, teilweise eingefärbt - erinnern noch am stärksten an den "frühen Ruff", den der Innenansichten deutscher Wohnbehaglichkeit
- Colorierungen, Retuschen von Schwarz-Weiß-Fotografien aus einem medizinischen Lehrbuch und - besonders schön - von digital bearbeiteten großformatigen Maschinen aus dem Katalog einer Maschinenbaufirma
- Aufwendig digital bearbeitete großformatige Reproduktionen von Propagandabildern aus "Le Chine", "Tableaux chinois" betitelt
- Fotogramme, verstörend schöne Muster, mit denen digital nachempfunden wird, was einmal bei der Analog-Fotografie in der Dunkelkammer als Pseudo-Solarisation begann. Dieser sogenannte Sabattier-Effekt entsteht aus einer Nachbelichtung des Negativs (kaum vorstellbar: damals gab es noch einen Film!) oder des Fotopapiers und ähnelt der Überbelichtung. Dieser digitale Sabattier-Effekt wird auch bei den Blumen-Bildern verwendet - neben Selfies eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen der Meister die Kamera in die Hand nimmt. Heute aber die Digitalkamera. Und Blumen könne er nicht sonderlich gut fotografieren, so Ruff ... Dafür sehen sie aber sehr gut aus und arbeiten die Pflanzenstrukturen sehr hübsch heraus; in den 1960er oder 1970er Jahren hätten sie im bürgerlichen Flur gehangen, als Pflanzen-Kalender
- Mars-Bilder der NASA, für eine 3D-Brille bearbeitet. Das heißt für eine Brille mit einem roten, einem grünen Glas; Kommentar eines Mittdreißigers: "uiuiuiui 3D aus den 70ern"
- Wunderschön bearbeitete und vor allem gedruckte historische Fotos, mit Altersspuren, eine Serie aus der britischen Kolonialzeit in Burma und Madras, die andere basierend auf den Fotos einer Ballett-Inszenierung 1912
Infos zur Kunstausstellung "Thomas Ruff" in Düsseldorf
- Eröffnung am 12. September 2020!
- Laufzeit: 12. September 2020 bis 7. Februar 2021.
- Adresse / Kontakt: Kunstsammlung NRW, K20, Grabbeplatz 5, 40213 Düsseldorf, Tel. 0211/ 83 81-204. Tel +49 (0)211 8381-204. Mail: service@kunst¬sammlung.de
- Anfahrt / ÖPNV: Am besten mit dem ÖPNV vom Hauptbahnhof: mit den U-Bahnen U70, U74, U75, U76, U77, U78, U79 bis Haltestelle Heinrich-Heine-Allee. Von dort sind es nur etwa 300 Meter Fußweg. Mit dem PKW: Parken in der Tiefgarage unter dem K20 am Grabbeplatz. Anfahrtslageplan. Zwischen K20 und K21 verkehrt regelmäßig der kostenlose Mercedes Shuttle.
- Öffnungszeiten: Di-Fr 10-18 Uhr, Sa + So 11-18 Uhr, jeden 1. Mittwoch im Monat 10 - 22 Uhr. Montags geschlossen (außer an Feiertagen).
- Tickets: kostenloses Zeitfensterticket notwendig - am besten im Webshop online buchen.
- Eintritt frei: Jeden 1. Mittwoch im Monat, 18 bis 22 Uhr.
- Eintrittspreise: 12,- Euro (ermäßigt 10,00). Eintritt für Kombiticket K20 + K21 mit Sonderausstellungen variiert um ca. 18,- Euro (erm. 14,00 Euro). Schüler und Kinder zwischen 6 und 18 Jahren 2,50 (Kombiticket 4,00 Euro).
- Begleitprogramm: unter anderem Abendveranstaltung mit Thomas Ruff am 7. Oktober 2020.
Autor:Vera Kriebel aus Dortmund-West |
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