Er zählt zu den Liebespflanzen

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Wie eine Wolke umgibt mich dieser betörende Duft und ich atme ihn tief ein, die Augen geschlossen.
Fröhlich hüpfende Mädchen mit langen Zöpfen, sich an den Händen fassend, ziehen in meinen Gedanken vorbei. „Ringel ringel reihe, sind wir Kinder dreie, sitzen unterm Hollerbusch, machen alle husch husch husch“, so kichern die hellen Stimmchen, und in bunten wehenden Kleidchen laufen sie aus meinem Tagtraum.

Nie konnte ich mir richtig vorstellen, was es mit diesem Hollerbusch in dem wenig sinnreichen Kinderlied auf sich hatte, denn bei uns sprach man nur von Holunder.
Viele hatten damals einen Holunderbusch im Garten oder vor dem Haus, manch einer davon überlebte Generationen. Bei uns wuchsen die Bäume mit den wunderschönen weißen Blüten und kräftigen grünen Blättern in Mengen am Bahndamm hinter unserem Grundstück.
Weiß ist der Schwarze Holunder im Frühsommer, und so besang ihn auch Lolita zu Großmutters Zeiten.
Wenn sich im Spätsommer die herrlichen Blütenschirme in Dolden mit unzähligen kleinen rot-schwarzen Beeren (die eigentlich Steinfrüchte sind) verwandelten, holte sich Oma ein Körbchen voll davon um diese wiederum in ihren allseits geschätzten Aufgesetzten zu verwandeln.

Den durften wir Kinder natürlich nicht trinken, doch bei Erkältungen flößte sie uns heißen Saft aus den Früchten ein. Wegen seines herben Geschmacks waren wir davon nicht begeistert. Erst vor einigen Jahren entdeckte ich Holundersaft wieder auf einem Obsthof in meiner Nähe, dort mischt man die Früchte mit Äpfeln, und das schmeckt hervorragend.
So macht man es auch am besten mit Gelee, Marmelade oder Kompott. Dass man auch die Blüten genießen kann, erfuhren wir erst während eines Urlaubs in Österreich, wo man uns den Sekt mit Holundersirup verfeinerte.

Enttäuscht war ich allerdings, als ich vor einigen Jahren beim Holunderfest auf einem Bauernhof einen Holunderkuchen bestellte, für 3 EUR das Stück, dieser sich jedoch als ausgebackene Holunderblüten präsentierte. So lagen zwei Blüten frittiert auf meinem Teller, die nach dem Wegknabbern keineswegs ein Sättigungsgefühl hervorriefen, so wie man es bei einem Kuchen erwartet.

Sambucus nigra, unser Schwarzer Holunder, nicht nur als Holler oder Holderbusch bekannt, in Norddeutschland wird er auch als Flieder bezeichnet, so dass ich nun weiß, dass die Fliederbeerensuppe aus Holunder gemacht wird.

Die rohen Beeren sind giftig und nicht essbar, sie erzeugen Brechreiz, nicht nur bei Menschen, sondern auch unter anderem bei Hamstern, Meerschweinchen, Hasen und sogar bei Vögeln.
Erst durch Kochen werden die Früchte genießbar.
Holunder ist schweißtreibend, harnfördernd und soll sogar krebsvorbeugend wirken.

Wenn man einen Holunderzweig im Haus hat, ist man vor Krankheit, Brand und Pech gefeit, so sagt es der Aberglaube. Nicht ohne Grund ist Harry Potters berühmter Elderstab aus Holunderholz geschnitzt

Was es jedoch mit dem Begriff der Liebespflanze auf sich hat, konnte ich bislang nicht ergründen.
So stehe ich nun hier zwischen all den knorrigen Bäumen und nehme blinzelnd Millionen sonnendurchflutete kleine gelbe Blütensternchen wahr. Noch einmal atme ich tief ihren süßen schweren Duft ein.
Zwei Prachtexemplare von Hasen hoppeln vorbei, und da kommt mir doch so eine gewisse Ahnung…..

Fotos:
Holunderkultur
in Mönchengladbach-Hardt und -Rasseln

selbst fotografiert

Autor:

Birgit Schild aus Düsseldorf

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