Die Rheinbahn und die scharfen Sachen

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In der Stadt Düsseldorf sind namhafte Firmen angesiedelt mit einer langen Tradition und Geschichte. Eine davon ist die Firma „Löwensenf“ und ein anderes großes Unternehmen ist die „Rheinbahn“. Die Rheinbahn ist eine echte Straßenbahn, die manchmal noch so nostalgisch quietscht, wenn sie um bestimmte Kurven sich schlängelt. Viele Straßenbahnmodelle konnten die Rheinbahnfahrer im Laufe der Jahrzehnte kennen lernen bis zu den heutigen Niederflurbahnen, die einen behindertenfreundlichen Zutritt haben.

Aber heute kam ein Pionier der Rheinbahn an die frische Luft im Rahmen einer „Senffahrt“. Rheinbahn und Senf – das geht immer gut zusammen. Ich denke da an die vielen Schaffner, die in ihrer Pause vielleicht gerne auf dem Fleischwurstbrot ein wenig Senf drauf hatten, um so den richtigen Drive zu bekommen für ihre tägliche Ralley durch die Stadt.

Unser Zugwagen war aus dem Jahre 1937 und die beiden Anhänger aus dem Jahre 1954. Welche Lasten mag diese alte gelbe Bahn im Laufe ihres Lebens schon transportiert haben zum Arbeitsplatz, zum Fußballstadion und hinaus ins Grüne zum sonntäglichen Spaziergang ?

Es war die Zeit, als noch ein Schaffner in der Bahn an einem kleinen Tisch an der Seite saß und Karten verkaufte. Ein anderer Schaffner ging durch die Reihen und kontrollierte die Tickets.

Bei unserer heutigen zweistündigen Rundfahrt im Schneckentempo mit stets quietschenden Reifen und Geholpere und Gerumpele vermittelte einen kleinen Eindruck vom Service der Rheinbahn, wie er wohl über viele Jahre selbstverständlich war. Nein, die Tickets hatten sie nicht kontrolliert.

Aber die Herren Rheinbahnschaffner in Uniform brachten uns Getränke an unsere Sitzplätze. In kleinen Halterungen am Fenster konnte man seinen Becher abstellen und mit Freude beobachten, wie der Herr Oberschaffner für die kleinen Pausen für uns Brot, Käse und Fleischwurst klein schnitt, um uns das mit Löwensenf zu kredenzen.

Währenddessen erfuhren wir in einem Vortrag über Senf, das der Senf je schärfer ist, desto heller seine Farbe ist. Die großen Senfpflanzen-Plantagen beliefern die Düsseldorfer Manufaktur aus Kanada, China und sonstigen fernab unserer Heimat gelegenen Länder, da die Felder unendlich groß sein müssen, um eine lukrative Ernte zu erzielen.

Ob der Senf denn aphrodisierende Wirkung hätte, fragte eine Dame in die Runde des Waggons. „Nä, dat nit“ - rief eine Dame „aber er macht scharf !“ So war auch diese wichtige Frage geklärt.

Nach einer lustigen Quietschfahrt durch Bilk landeten wir im Straßenbahndepot „Am Steinberg“.

Dieses Depot kann heute von den modernen Niederflurbahnen nicht mehr genutzt werden, weil die Konstruktion der Halle und der Gruben, die der Wartung dienen, nicht mehr zu den Bahnen paßt von den Ausmaßen her.

Wir stiegen hier aus und nahmen unseren ersten Snack in Empfang an Stehtischen: kleine Häppchen mit Fleischwurst und Käse, betrichen mit dem köstlichen – hier noch milden, leicht süßem Senf, später sollte er schärfer werden.

Ein Straßenbahnschaffner in Uniform erzählte uns, das die Depothalle unter Denkmalschutz stehe wegen der Stahlbetonkonstruktion der Decke. Stahlbeton, der zurückgeht auf den Pariser Erfinder des Stahlbeton, den Gärtner Josef Monier. Der stellte 1861 Pflanzenkübel aus Zementmörtel her und entwickelte hieraus den Stahlbeton.

Der Stahlbeton in seiner unkaputtbaren Stärke ermöglichte es, eine ganze Dachkonstruktion von schmalen Säulen tragen zu lassen. Offensichtlich das Richtige, für ein Straßenbahndepot der Rheinbahn, wo Bewegungsfreiheit und Platz eine wichtige Rolle spielen.

Der Anblick dieser Konstruktion war einfach nur entzückend. Eine Stahlkathedrale „Am Steinberg“. Das muß man erstmal gesehen haben, um es zu genießen.

Dann wurde er geheimnisvoll und meinte, eine der Hallen dort hinten, sei sicherer verriegelt, als das Fort Knox. Warum wohl ? Hier bauen die Düsseldorfer Künstler die Karnevalswagen zusammen für den jährlichen Rosenmontagszug – unter strenster Geheimhaltung. Muß ja auch – nicht auszudenken, wenn sich ein Kölner dort Zugang verschaffen würde...

Und diese Halle wird wohl ewig den Karnevalisten vorbehalten sein, denn – so erzählte uns der Rheinbahnschaffner – kein Politiker der Stadt Düsseldorf würde es je wagen, sich mit den Karnevalisten anzulegen. Ja, wenn das so ist: Karnevalisten, auf in die Politik !

Weiter geht die Reise nach Lierenfeld in das zur Zeit aktive Straßenbahndepot der Stadt. Hier kommen sie alle an, die langen Bahnwürmer, schlafen sich aus, werden repariert oder stehen auf Halde, damit sie irgendwann ausgewaidet werden können.

Wir fuhren mit unserem Oldie im Kreis durch das Depot und das war ein erhebender Moment. Hier würde man also am Morgen aufwachen, wenn man nachts den Ausstieg verpaßt und für den Fahrer unsichtbar ist. Dann hätte man es wirklich weit bis zur nächsten Straßenbahnhaltestelle....

Weiter ging die Fahrt über Flingern, Zooviertel und Pempelfort in die Altstadt. Diesmal mit Stadtkunde. Flingern wurde geschildert als der Stadtteil der Arbeiter und höheren Angestellten, das Zooviertel als das Viertel der besitzenden Klasse und Pempelfort bot einst eine Furt über den Rhein hin zur anderen Seite.

Der Düsseldorfer Zoopark war tatsächlich mal ein Zoo von 1876 bis 1943. Sie erinnern sich an die Zeit der Kolonialisierungen Mitte des 19. Jahrhunderts ? Damals brachte man gerne auch lebendige Beute mit aus den Kolonien, um sie einzusperren und stolz zu präsentieren. Im Krieg viel der Zoo den Bomben zum Opfer und viele Tiere liefen danach frei durch Düsseldorf und verbreiteten auch ein wenig Angst und Schrecken. Unser Rheinbahnschaffner erzählte, das sie als Kinder oft in diesem Zoopark noch die seltensten Tiere fanden und mit nach Hause brachten – ganz im Unwissen darüber, was sie denn da erbeutet hatten.

Am Wegesrand gab es ebenfalls einiges zu sehen, wie immer, wenn man mit der Bahn fährt. Unsere Bahn hatte die Fenster noch nicht verklebt und die sauber geputzten Fenster gaben den Blick frei auf eine muslemische Hochzeit, die am Wegensrand vor einem Haus gefeiert wurde. Das war ein schöner Anblick. Bunt gekleidete Menschen wie aus tausend und einer Nacht tanzten zu einer Musik, die von drei Männern in Pluderhosen und Bommelhütchen dargebracht wurde auf Trommel, Ud und Flöte. Hier wäre ich auch gerne ausgestiegen. „Es sind halt andere Kulturen“, meinte meine Banknachbarin.

Ein Fahrgast wollte stets wissen, wie Mainz gespielt habe. Es spielte allerdings in diesem Rahmen keine Rolle.

Der krönende Abschluß war ein Besuch im Düsseldorfer Senflädchen auf der Berger Straße. Ein Traum von einem Lädchen. Hier gibt es Senf in allen Variationen und wer noch kein Weihnachtsgeschenk hat, bitteschön: Kauft das, was scharf macht !

Fazit: Rheinbahn mit scharfem Senf präsentiert macht Spaß !

Autor:

Karin Michaeli aus Düsseldorf

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