Benefizveranstaltung der besonderen Art
Der Tränendrüseneffekt
Ein ganz normaler Freitagnachmittag, viertelnacheins. Ich komme nach Hause und treffe den Jüngsten vorm Fernseher an. „Ach Mutti,“ sagt er, wie nur er es sagen darf, „setz‘ Dich zu mir und guck‘ mit mir!“ Befehl ist Befehl, also setzt Mutti sich und guckt mit, um keine zwölf Minuten später hemmungslos Taschentücher voll zu rotzen - nur weil ein Pandapapa mit seinem Pandajungen vor einem Pandafamilienfoto sitzt, auf dem Pandamutti noch lebt und die Familie liebevoll zusammenhält.
Es ist primitiv, berechnend, gemein. Und manchmal tut es auch ein bisschen gut, um aufgestauten Gefühlen freien Lauf lassen zu können und sich zu besinnen, dass das Leben halt nicht nur ein Funktionieren ist. Aber in der Regel funktioniert man dann doch lieber. Das findet zumindest Mutti, die sich rasch noch ein Taschentuch holt, um dann weiter ihrem Alltag nachzugehen.
Wo kämen wir hin? Keine Ahnung. Ich kann nur sagen, dass ich an diesem Tag irgendwie wieder ein Stückchen weiter gekommen bin.
Es fällt mir schwer, einen Anfang zu finden für die Beschreibung des Abends, der auf diesen Mittag folgt. Umso wichtiger ist es mir, die vielen Eindrücke zu sortieren, die im einfachen Motto, das letztlich auch mein Fazit ist, dieses komplexen Erlebnisses zusammengefasst werden: „Berührend – Umarmend – Beseelend“. Wie oft ist das Ende tatsächlich ein Anfang?!
Die Benefiz Gala von Doc Heilein & friends unterstützt in diesem Jahr die Arbeit der Palliativklinik des Universitätsklinikums Düsseldorf und hätte somit endlose Möglichkeiten, Muttis wie mich zu berühren, zu umarmen und zu beseelen. Der Tränendrüseneffekt bleibt jedoch schlichtweg aus! Ebenso wie das Klammern an bestimmte Musikrichtungen. An diesem Abend wird mit Voreingenommenheiten einfach aufgeräumt.
Opern gehören meiner Kindheit an. Sie holten mich sonntags früh, lautstark über die Musikanlage meines Vaters aus dem Bett und trieben mich – egal wohin – Hauptsache weg! Ausgerechnet eine Arie ist es, die mich an diesem Abend abholt aus der Reserviertheit mit der ich selbst hierhergekommen bin. Keiner hat gedrückt. Und trotzdem laufen meine Augen über. Das Herz dazu. Wie ergreifend kann Musik sein?!!!
Jede einzelne Darbietung rührt etwas in mir an. Vier Stunden Programm – das klingt nicht sexy. Ist es aber. Wie der Doc himself. „Ich will keine Schokolade“ säuselt er ins Mikro, während zwei wahre Kerle ihn umgarnen. Anrüchig mag es wirken. Wenn Schokolade der Höhepunkt des Lebens ist. Ich lach‘ mich schlapp. Und das auf einer Benefizveranstaltung für die Palliativstation.
Ja: Hier geht es um das, was wirklich wichtig ist.
Für viele Menschen, die mit ihm zu tun haben ist er ein Segen. Das schließe ich von mir auf andere, deren bejahenden Zurufe aus den Zuschauerrängen ihn in seiner eigenwilligen und doch so bescheidenen Art nur umso mehr ermutigen sich selbst zu sein. Von mir bekommt der Doc für seinen gesamten Auftritt an diesem Abend den Professor: Prof. h. c. EinHeil!
Die überaus charmante Moderation fasst neben der Spendenaktion das Anliegen der Mitwirkenden in Worte: „Wenn es nur eine kleine Zeile ist, die Sie von dieser Veranstaltung in ihre Welt hinaustragen, dann hat sich der Aufwand gelohnt.“ Von allen Seiten höre ich auf dem Weg Richtung Alltag: Halleluja! Auch Mutti singt dieses viel vertonte Stück seitdem neu voller Inbrunst.
Und ebenso inbrünstig macht sich der Tränendrüseneffekt der Wohltätigkeitsvorstellung in meinem Lachzentrum breit: „Ich will keine Schokolade…“
Safe the date: Doc Heilein & Friends, Tonhalle Düsseldorf am Freitag, den 26. Januar 2024
Autor:Femke Zimmermann aus Düsseldorf |
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