Zu neuem Leben erweckt
Der Internationale Lantz'sche Skulpturenpark in Düsseldorf-Lohausen
Aus dem Dornröschenschlaf erwacht
Nicht, dass es hier besonders ruhig wäre: Über dem Lantz'schen Park donnern seit Jahren die Flugzeuge im Minutentakt. Trotzdem lag der Park im Düsseldorfer Norden lange im Dauerschlaf. Aber jetzt ist die Anlage zu neuem Leben erwacht. Vor der edlen klassizistischen Villa und der verwunschenen Kapelle stehen bunt und herausfordernd zwei plastische Objekte von Paul Schwer. Die beiden Eyecatcher heben sich von den älteren minimalistischen Skulpturen ab und bezeichnen besonders augenfällig den Neuanfang.
Herrenhaus und Kapelle
1804 erwarb der Industrielle Heinrich Balthasar Lantz den ehemaligen Rittersitz der Herren Calcum von Lohausen und ließ kurz danach das spätklassizistische Herrenhaus errichten. 1858 legte Gartenarchitekt Joseph Clemens Weyhe den englischen Landschaftsgarten an und 1878 entstand die neuromanische Begräbniskapelle für Mathilde Lantz. 1972 erwarb die Stadt Düsseldorf den 17 ha großen Park. Er ist seit 1978 öffentlich zugänglich. In den 1970er Jahren wurde die Anlage durch den Galeristen Alfred Schmela zum Skulpturenpark, der jedoch nach Schmelas Tod in einen Dornröschenschlaf fiel.
Der Internationale Lantz'sche Skulpturenpark
Das änderte sich, als die Firma Pongs 2019 die seit Jahren leer stehenden Villa Lantz erwarb. Der Chef der Kunsthalle Düsseldorf, Gregor Jansen, überzeugte die neuen Eigentümer, Schmelas Idee des Skulpturenparks wieder aufzunehmen. Die Kunstkommission Düsseldorf unterstützte das Konzept, die Stadt stellte die finanziellen Mittel bereit, Projektleiter Sean Mullan nahm die Arbeit auf und trotz Corona konnte am 5. Juli 2020 der Park mit sechs neuen Skulpturen/Installationen eröffnet werden. Sie bleiben bis September hier stehen. Für Juli und August sind außerdem weitere Aktionen und die Aufstellung temporärer Objekte geplant.
Neue Objekte und Projekte
Wem gehören Parkanlagen, Grund und Boden? Das unspektakuläre Schild "THE PARK IS MINE" (2009/2020) von Julia Bünnagel und Patrick Rieve ist ein Statement. Es lässt keinen Zweifel daran, dass der Park der Öffentlichkeit gehört. Die Villa hingegen ist für Besucher nicht zugänglich.
Big Brother im Park? Bogomir Ecker ("vedere", 2001) setzte fünf rote Kameras an hohen Stahlstangen auf die Wiese. Aber nein, der Park wird nicht wirklich überwacht. Die Kameras sind Attrappen. Ecker macht vermeintlich technische Geräte zu Skulpturen.
Aus einem einzigen Eichenholz sägte Gesine Grundmann die "Stammheimer Kette" (2017), eine Anspielung auf das Gefängnis, in dem Mitglieder der RAF inhaftiert waren und wo einige Selbstmord begingen.
Außerdem inszenierte die Kölner Künstlerin zur Eröffnung am 5. Juli die Aktion "Political Wellness". Drei freilaufende Gänse fühlten sich auf der Wiese vor der Kapelle offensichtlich wohl und ließen sich auch durch die elektronisch verstärkten Geräusche eines Kühlschranks nicht irritieren.
Die ehemalige Rektorin der Düsseldorfer Kunstakademie, Rita McBride, ließ eine Stahlplatte mit ausgeschnittenen konischen Formen unterschiedlicher Größe "Mae West Conical Shapes Template" (2007) an einen Baum stellen, um den Gegensatz zwischen der Natur und den genormten Formen unserer Zivilisation zu veranschaulichen.
Gartenschmuck gestern und heute: Christian Odzuck "I don't want to ruin your willpower" (2020) bezieht eine barocke Vase aus dem Park in seine Installation ein und stellt dem historischen Gartenschmuck einen künstlichen Lichterbaum gegenüber, entsprechend den Vorstellungen von Gartengestaltung, wie sie heute in Gartencentern propagiert werden.
Martin Pfeifle ("Orbis", 2020) hat elf bewegliche gelb lackierte Aluminiumstangen auf der Wiese aufgestellt. Sie bilden einen imaginären Raum, ein künstliches Wäldchen, das durch den Wind, vor allem aber durch die Besucher in Bewegung versetzt werden kann.
Peter Schwickeraths "Dreiteilige Vertikale" (2014) aus Stahl steht seit dem vergangenen Jahr hinter der Villa . "Die Wirkung von Flächenrichtungen im Raum" (Zitat Schwickerath) ist das Thema der Skulptur, deren Minimalismus an die älteren Arbeiten im Park anschließt.
Ganz eigene Akzente setzen die beiden aus PET-Skulpturen recycelten Objekte "Re-Bao" von Paul Schwer. Sie gehören zur Reihe von Schwers "Baozis", deren Bezeichnung von den gedämpften und verformten chinesischen Teigtaschen inspiriert wurde. Kunststoffplatten werden mehrfach erhitzt, verformt und mit Acrylfarbe und Pigmenten bemalt. So entstehen rätselhafte Gebilde: vielfarbige Skulpturen, die eigentlich dreidimensionale Malerei sind. Sie bleiben bis zum 10. August im Park.
Die Ära Schmela
Der legendäre Altstadt-Galerist Alfred Schmela eröffnete 1975 im Herrenhaus seine Galerie und machte aus dem Garten einen Skulpturenpark mit Werken internationaler Künstler. Nach Schmelas Tod blieben nur wenige Skulpturen stehen. BIs 2008 war der Bildhauer Meuser der bislang letzte Mieter in der Villa.
2002 setzte der Beuys- und Heerich-Schüler (der seine Identität geheim hält) vor das Herrenhaus die "Dumme Kiste", ein minimalistisches Stahlobjekt, das frisch geweißt mit der Villa um die Wette strahlt, während das Cortenstahl-Objekt (1975) des Amerikaners Michael Gitlin deutliche Altersspuren zeigt. Die kaum bearbeitete, leicht gebogene Stahlwand ist in Bezug zum Raum gesetzt. Sie gehört zur früheren konstruktivistischen Phase in Gitlins Schaffen. 1976 hatte er eine Einzelausstellung bei Alfred Schmela.
Die puristische Skulptur von Erwin Heerich: "o. T." (1975/76) geht auf ein Kartonmodell von 1966 zurück. Das ausgesparte T ist gleichzeitig ein Antonius-Kreuz. Das "Große T" setzt einen Kontrapunkt zu den Rundwegen im Park. Bei frontaler Betrachtung wirkt die quadratische Arbeit flächig. Die Aussparung lädt zum Durchblick auf die dahinter liegende Natur ein, erlaubt aber keinen Durchgang. Nähert man sich seitlich, erschließt sich der räumliche Charakter der Skulptur.
Der Amerianer Kenneth Capps "Attic" (1974/75) verschränkte Eisenbahnschwellen in einem Rahmen aus Stahlträgern zu einem merkwürdigen Objekt. In dem er diesen "Dachboden" auf die Wiese legte, führte er die Bezeichnung Attic ad absurdum. Die Skulptur wurde von Efeu und Gestrüpp so überwuchert, dass sie kaum noch zu erkennen war. Zur Neu-Eröffnung des Skulpturenparks wurde sie freigelegt.
Ich habe einige Eindrücke zusammengestellt und würde mich freuen, wenn Ihr mich durch den Park begleitet.
Quelle und weitere Infos zu den Veranstaltungen gibt es HIER.
Autor:Margot Klütsch aus Düsseldorf |
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