Ein Spiegel der Geschichte des 20. Jahrhunderts
Das weiße Haus am Rhein

Imposant ! Das weiße Haus am Rhein ! Gelebte Geschichte  | Foto: Andreas Vogt
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Vermutlich gibt es kein anderes Hotel in Deutschland, welches über so viel gelebte Geschichte verfügt, wie das Rheinhotel Dreesen. Dieses feierte in 2024 sein 130jähriges Jubiläum.

Gemeinsam mit seiner Tochter Anna-Maria ist Fritz-Georg Dreesen der Eigentümer des geschichtsträchtigen 4 Sterne Grand-Hotels in der vierten Generation.

Christof Keller leitet das Hotel als Geschäftsführer seit dem 1.11.2020.

Die Geschichte des Rheinhotel Dreesen erzählt vom Aufstieg der frisch gegründeten Bundesrepublik Deutschland am 23. Mai 1949.

Zuvor war das Erstklasshotel im Deutschen Reich ein Spielball der deutschen und Weltpolitik.
Die Familie Dreesen hatte zwei Kriege, Hochwasserkatastrophen, Währungsreformen, Beschlagnahmungen und andere Veränderungen zu überstehen.

Darüber ist bereits viel geschrieben und berichtet worden.

Mit diesem Artikel möchte ich den Fokus des Hotels auf die Zeit nach 1945 legen.

Fritz-Georg Dreesen (75) wurde am 17.11.1949 in Bad Godesberg geboren und verbrachte seine Kindheit im Rheinhotel Dreesen. Dort war und ist bis heute sein Ankerplatz am Rüngsdorfer Ufer am Rhein.

Bei der Veranstaltung „R(h)eingeflüster“ am 06.12.2024 bringt es Fritz-Georg Dreesen auf den Punkt: „Ich war geboren und schon kamen mein Vater und mein Großonkel zu mir, beugten sich über mein Bettchen und bemerkten – Da is er ja – und schon war über meine Berufswahl entschieden. Seit diesem Tag war ich Hotelier.“

Fritz-Georg Dreesen ist mit Frau Elisabeth verheiratet. Ihren Kindern gaben sie die Namen Anna-Maria und Fritz Olaf. Fritz Lukas ist der Enkel.

Der wilhelminische Hotelbau hatte im 2. Weltkrieg keine Beschädigung durch die Bombardierungen erfahren. Mit der Niederlage des deutschen Reiches blieben dem Hotel die zahlungskräftigen Gäste aus. Wie sollte es denn nun weitergehen? Eine Frage, welche sich die Familie Dreesen schon sehr oft gestellt hatte. Aber aus jedem Unglück entsteht irgendwann wieder ein Glück, eine neue Perspektive und eine andere Tür öffnet sich.

Bis das Rheinhotel Dresen den Betrieb im Jahr 1952 wieder aufnehmen durfte, war es der Kommandositz des US Generals und späteren amerikanischem Präsidenten Eisenhower, danach Flüchtlingslager und wurde letztendlich zum Sitz des französischen Hochkommissars erklärt.

Von den alliierten Besatzungsmächten wurden dringend repräsentative Räumlichkeiten gesucht, die nicht zerstört waren. Die hatte das Rheinhotel Dreesen zu bieten. Während die Amerikaner in ein Hotel auf den nahegelegenen Petersberg zogen, bezogen die Franzosen mit ihren Kommissaren das Rheinhotel.

Das Hotel wurde auf Kosten der Franzosen renoviert und von außen saniert. Welch ein Glück.
Nach zahlreichen Gesprächen bauten sich die Franzosen ihre eigene französische Botschaft in unmittelbarer Nähe des Hotels und das beschlagnahmte Hotel konnte am 17.11.1953 wieder in Betrieb genommen werden.

Zufällig an diesem Tag feierte Fritz-Georg Dreesen seinen 4. Geburtstag.

Von 1949 bis 1973 war Bonn provisorischer Regierungssitz und ab 1973 Bundeshauptstadt.

Wieder ein schöner „Zu“fall für das Hotel.

Für die Hotelierfamilie war diese politische Entwicklung eine große Chance. Das bei den Politikern bereits geschätzte Hotel sollte mit der Beherbergung von Staatsgästen, Politikern, Organisation von Tagungen/Konferenzen und internationale Kongresse wieder viel zu tun bekommen.

Aber nicht nur Politiker, Journalisten und Diplomaten residierten im weißen Haus am Rhein.

1954 war die deutsche Nationalmannschaft mit Sepp Herberger im Hotel zu Gast.

Fritz-Georg Dreesen meisterte sein Abitur an der Otto-Kühne-Schule und war gerade einmal 22 Jahre jung, als sein Vater am 11.02.1972 starb und er das Hotel in Bad Godesberg am 12.02.1972 übernahm.

Seine Ausbildung im Hamburger Hotel Atlantic musste er sofort abbrechen und die Geschäfte des Rheinhotels übernehmen.

Gleich an seinem ersten Arbeitstag war ein Karnevalsball im Hotel organisiert und Fritz-Georg Dreesen hatte das eingeladene Prinzenpaar zu begrüßen.

Die MitarbeiterInnen des Hotels kannte Fritz-Georg schon seit seiner Kindheit und unterstützten den Jung Chef mit allen ihren Kräften.

Wieder ein Unglück? Nein, so sieht das Fritz-Georg Dreesen heute nicht. „Ich war ja schon seit 22 Jahren Hotelier“, fügt er verschmitzt hinzu.

Los ging es mit notwendigen Investitionen. Viele Renovierungsschritte waren notwendig.

„Ein Hotel muss mit der Zeit gehen, sonst geht es mit der Zeit“, so Fritz-Georg Dreesen.

Im Januar 1973 wurde Bonn Bundeshauptstadt und das Hotel mutierte zur Keimzelle der Demokratie in Westdeutschland.

Es gibt Menschen, die behaupten, dass hier in Bad Godesberg die Demokratie laufen gelernt hatte.

Im Rheinhotel Dreesen gaben sich Staatsgäste und Politiker die Klinke in die Hand.

Das Hotel wurde nahezu umzingelt von immer wieder neuen Botschaften und Vertretungen anderer Länder.

Andere Diplomaten gingen es lieber bequemer an und residierten in einer der Suiten. Ein Diplomat wohnte mit seiner Familie und Hund über 6, 5 Jahre im Hotel. Grund: Bequemlichkeit, guter Service, sowie enorme Einsparpotentiale durch Einsparung des Butlers, Personals, Koch, Gärtner, Hausdame.
Der noch so junge Dreesen war Ansprechpartner Nummer 1 für das erste Wohnzimmer der Bonner Republik.

Gespräche zur Deutsch-Französischen Freundschaft wurden im Rheinhotel geführt.

Der Geist Europas wehte bereits zu dieser Zeit durch das Haus.

Wahrscheinlich wurde hier die Idee für ein vereinigtes Europa geboren.

Auch die italienischen Staatspräsidenten und zahlreiche Journalisten waren zu Gast im weißen Haus am Rhein.

Der Journalist Peter Boenisch war 6,5 Monate zu Gast und fühlte sich im Hotel sehr wohl. So schrieb er ins Gästebuch: „6,5 Monate Dreesen ist besser als 6,5 Monate im Hotel“.

Theodor Heuss, Willi Brand, alle Bundeskanzler, alle Bundespräsidenten schätzten das Hotel.

Der frühere Oberbürgermeister von Köln und Bundeskanzler Konrad Adenauer (1949-1963) war da bereits seit vielen Jahrzehnten ein Freund der Familie. Dieser verhandelte im Hotel über die sogenannte Stalin Note, leitete Besprechungen, während der noch kleine Fritz-Georg zwischen den Beinen Adenauers herumturnte und für Erheiterung sorgte. So kann also klar geschrieben werden, das Fritz-Georg Dreesen den ersten deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer persönlich gekannt hatte.

Sogar die frisch gewählte Partei der Grünen rund um Petra Kelly und Gerd Bastian organisierte gerne Tagungen, Veranstaltung im Rheinhotel. Als es denen bei einer Parteiveranstaltung im Oktober im Biergarten/Kastaniengarten zu kalt wurde, packten alle kurzerhand mit an und trugen das komplette Mobiliar in Saal des Hotels. Es wurde heftig diskutiert und gestritten. Und am Abend wurde wieder gemeinsam gefeiert. Das kannte man von den anderen Parteien gar nicht und war für Fritz-Georg Dreesen völlig neu.

„Und die Rechnung wurde am anderen Tag direkt bezahlt. Das kann man wohl nicht von jedem Gast behaupten. Petra Kelly brachte mit ihrem Team frischen Wind ins Haus, das gefiel mir sehr“, so Fritz-Georg Dreesen.

Der sechste Bundeskanzler, Helmut Kohl, war sehr häufig im Hotel zu Gast. Anfangs bemerkte der Bundeskanzler Herrn Dreesen nicht, wenn er das Hotel betrat.

Nachdem Fritz-Georg Dreesen der gewaltigen, imposanten Erscheinung Helmut Kohls nach Ratschlägen seiner Security Mitarbeiter wagemutig nicht aus dem Weg getreten war, wurde dieser vom Kanzler mit freundlichen Worten begrüßt.

„Einfach Stehenbleiben, wenn der Kanzler kommt“, das war der Tipp der Security.

Im Jahr 2020 erhielt Fritz-Georg Dreesen das Bundesverdienstkreuz am Bande bei einer Feier im Bonner Rathaus verliehen. Herr Dreesen wurde für seine Verdienste für die Bonner Stadtgesellschaft gewürdigt.

Mit dem Einigungsvertrag vom 31.August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik wurde Berlin die Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschlands.

Wieder ein Unglück für die Familie Dreesen?

„Wir standen jetzt ohne Gäste da. Nun, es kommt darauf an, was man daraus macht“, so Fritz-Georg Dreesen beim R(h)eingeflüster. „Für Bonn, Bad Godesberg und die Region des Siebengebirges musste mit dem Wegzug der Diplomaten und Politiker ein neu ausgerichtetes Tourismus Konzept her.“

Und so kam es mit Fritz-Georg zur Gründung der Tourismus und Congress GmbH Bonn Rhein-Sieg Ahrweiler.

Hätte Ludwig van Beethoven etwas später gelebt, er wäre sicherlich oft im weißen Hotel am Rhein zu Gast gewesen.

Ludwig-van-Beethoven hat es Fritz-Georg Dreesen sehr angetan. Für den in Bonn geborenen deutschen Komponisten und Pianisten macht er sich stark und war Mitinitiator des im Juni 2013 gegründeten Förderer-Beethoven-Festspielhaus-Bonn e.G.

Und das alles schaffte Fritz-Georg-Dreesen ohne abgeschlossene Ausbildung, ohne Studium und andere Qualifikationen.

Ehrlicherweise wundert mich das nicht.

Mit diesem Unternehmergeist, Erfahrung, Mut und Kreativität lässt sich vieles bewegen.
In den Jahren 1993 und 1995 standen Fritz-Georg Dreesen und seinem Team das Wasser bis zum Halse. Der von allen so geliebte Rhein meinte es wohl zu gut. Das Wasser des Rheins lief über die Promenade in die Hotelauffahrt in den Keller und in das Hotel. Das Haus musste geschlossen werden. Keine Gäste , keine Einnahmen.

„Diese Katastrophen haben wir knapp überlebt und es entwickelten sich daraus wieder neue Investitionen, Anschaffungen und Formate“, so Fritz-Georg Dreesen.

Während der Corona-Pandemie hatte das Hotel 10 Monate geschlossen.

Mit Ausstrahlung des ARD TV-Zweiteilers „Das weiße Haus am Rhein“ im Oktober 2022 war das geschichtsträchtige Hotel wieder bundesweit in aller Munde. Die TV-Produktion bescherte mit diesem cineastischen Denkmal dem Hotel ständig ausgebuchte Zimmer.

Zudem erschien der historische Familienroman von Helene Winter „Das weiße Haus am Rhein“. Als die Filmplanung bekannt wurde, gab der ehemalige Geschäftsführer das Buch in Auftrag.

Heute sind Ideen und Konzepte rund um den Wettbewerb um die Gäste im digitalen Zeitalter wichtiger denn je.

Ein großes Stück Original Berliner Mauer ziert den Vorgarten des Hotel Dreesens.

Die Verbindung Berlin- Bonn Bad Godesberg steht.

Wie wird sich das Hotel für die Zukunft aufstellen?

„Seit der Corona Pandemie spüren wir, wie das Thema Rheinromantik und Rheintouristik bei den Menschen mit Kaufkraft wieder aufkommt. Einer der schönsten Radwanderwege Deutschlands und der prämierte Wanderweg Rheinsteig führt direkt an unserem Hotel und Biergarten vorbei. Eine Chance, welche wir nutzen“, so Fritz-Georg Dreesen. „Nachhaltigkeit und soziales Engagement bestimmen unser Tun. Wir werden uns auf die Auswirkungen des Klimawandels vorbereiten. Mit Hochwasser kennen wir uns bestens aus. Wir positionieren uns weiterhin als Konferenz- und Tagungshotel. Der Biergarten wird modernisiert. Es werden viele Kulturveranstaltungen angeboten. Der Mix ist entscheidend für die Gewinnung neuer Zielgruppen, welche das Rheinhotel zu schätzen wissen“.

Fritz-Georg Dreesen macht nicht viel Aufsehen um die vielen Persönlichkeiten und Berühmtheiten, welche durch die Drehtüre des Hotels ein und ausgingen.

„Alles hat seine Zeit. Für mich ist immer einer der schönsten Momente, wenn ich täglich im Hotel meine Arbeit beginne und mit meinem wertgeschätzten Team unsere Hotelgäste betreuen darf. Und wenn es den Gästen manchmal nicht auffällt, dass wir gerade einmal situativ gehandelt haben, dann ist das prima.“, so Fritz-Georg Dreesen.

„Der nächste Hotelier hier im Haus wird nicht mehr Fritz heißen, denn meine Tochter Anna-Maria verfügt über eine sehr gute Ausbildung und wird mit ihrer Familie von den USA nach Bad Godesberg ziehen und das Hotel übernehmen. Frauen sind auf dem Vormarsch. Das gefällt mir.“

Die Drehtüre am Eingang des Hotels ist für mich eine Art Zeitmaschine. Von der Gegenwart werde ich beim Betreten der Empfangshalle in die Vergangenheit in unterschiedliche Jahrzehnte katapultiert. Gleichzeitig holt mich im Hotel sanft und nicht aufdringlich die Gegenwart und das digitale Zeitalter wieder ein. Für mich dominiert hier noch die gelebte Geschichte. Ich habe hier Kopfkino und es gefällt mir sehr. Ich suche nach dem Teppich, in den angeblich Adolf Hitler gebissen haben soll. Ich stelle mir vor, wie der Kaiser Wilhelm II durch die Drehtüre kommt, sein Säbel verheddert sich im Eingang und er stürzt sanft zu Boden. Ich beobachte den berühmten, britischen Komiker und Schauspieler Charlie Chaplin, der über die Hotelflure wandelt. Am Fenster im Restaurant sitzend, den Blick auf den Rhein und den Drachenfels schweifen lassen. Vor mir an einem Tisch sitzen Hans Albers und Greta Garbo und trinken Weinbrand. Ich werde noch zum Romantiker. Dieser Ort ist und bleibt magisch. Das kann kein Zufall sein. Und das spüren und wertschätzen die Gäste heute wie damals.

Das zu erhalten ist wichtig, aber auch weitere Veränderungen sind in Zukunft erforderlich.

Und sicherlich wird es in der Zukunft einige neue Fälle und Situationen geben, welche der Familie Dreesen einfach so zufallen und meistern werden.

Autor:

Andreas Vogt aus Düsseldorf

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