Kunstpalast Düsseldorf
Creamcheese - der legendäre Club kommt zurück

"Creamcheese-Raum" als detailgetreue Rekonstruktion des legendären Clubs im Kunstpalast Düsseldorf
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Das Creamcheese, der legendäre Club der 1960er und 70er Jahre in der Düsseldorfer Altstadt kommt zurück. Als "Creamcheese-Raum" wird er fester Bestandteil im Kunstpalast am Ehrenhof. Mit der Neupräsentation der Sammlung ab 21. November 2023 kann man die einst gefeierte Kultkneipe nicht nur im Rahmen des Sammlungsrundganges besuchen, auch ein Barbetrieb mit Musik aus den 60ern und 70ern ist freitags und samstags nach den Öffnungszeiten des Museums geplant.

Das Creamcheese war legendär. 1967, nahe der Kunstakademie in der Düsseldorfer Altstadt eröffnet, war es europaweit der erste Club bzw. Aktionsraum für die Kunst und Musikszene jener Jahre. So etwas hatte man vorher hier noch nie gesehen. Die Idee dazu hatte der Künstler Günther Uecker nach einem Aufenthalt in New York, wo er Andy Warhol und dessen Club "The Dom" besuchte. So einen Ort, wo getanzt, getrunken und experimentelle Kunst gezeigt wurde, wollte Uecker auch in Düsseldorf schaffen.

Heinz Mack entwarf die Theke aus Aluminiumblech, die mit über 14 Metern als längste Theke der Düsseldorfer Altstadt galt. Blick in den "Creamcheese-Raum" im Kunstpalast.
  • Heinz Mack entwarf die Theke aus Aluminiumblech, die mit über 14 Metern als längste Theke der Düsseldorfer Altstadt galt. Blick in den "Creamcheese-Raum" im Kunstpalast.
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Die passende Lokalität fand sich in der Neubrückstraße 12. Uecker lud weitere Künstler für die Ausgestaltung der Bar ein, die dann von Hans-Joachim und Bim Reinert betrieben wurde. Heinz Mack entwarf die Theke aus Aluminiumblech, die mit über 14 Metern als längste Theke der Düsseldorfer Altstadt galt. Gerhard Richter schuf das große, nach einem Illustrierten-Foto entstandene Wandbild, das eine liegende, junge Frau im Pin up-Stil zeigt. Davor ein mehrstufiges Podest, entworfen von Günther Uecker und vom Designer Danilo Silvestrin, seinem damaligen Assistenten. Adolf Luther steuerte eine Installation aus dreißig runden, konkav geformten Spiegeln bei, von Daniel Spoerri stammte das Fallenbild an der Decke mit allen Utensilien, die auf einem Bartresen zu finden waren.

Fernsehwand aus 24 Röhrenfernsehern, hier werden Kunstaktionen und Filme aus dem Creamcheese gezeigt. Blick in den "Creamcheese-Raum" im Kunstpalast.
  • Fernsehwand aus 24 Röhrenfernsehern, hier werden Kunstaktionen und Filme aus dem Creamcheese gezeigt. Blick in den "Creamcheese-Raum" im Kunstpalast.
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Nicht zu übersehen, die aus 24 Röhrenfernsehern zusammen gestellte Fernsehwand, die vom Filmemacher Lutz Mommartz und Günther Uecker konzipiert wurde. Zum Teil wurden Filme und aktuelle Nachrichtensendungen gezeigt, parallel auch das tanzende Publikum, das auf der Tanzfläche im hinteren Bereich des Clubs gefilmt wurde. So waren die Gäste selbst Darsteller auf den Mattscheiben und Teil einer Inszenierung. Jeder konnte performen und ein Star sein. Teil der künstlerischen Arbeit wurden Tanzende auch vor der Diaprojektion von Ferdinand Kriwet, die sich hinter der Tanzfläche befand. Wer sich davor bewegte, wurde Teil der Projektion. So wie auch in der Lichtarbeit von Konrad Lueg. Die Schatten der Besucher/innen wurden für einen kurzen Augenblick eingefangen und auf eine Wand projiziert.

Installation von ca. 30 runden, konkav geformten Spiegeln von Adolf Luther. Dahinter Lichtwand von Konrad Lueg. Die Schatten der Clubgäste wurden für einen kurzen Augenblick auf die Wand projiziert. Blick in den "Creamcheese-Raum" im Kunstpalast.
  • Installation von ca. 30 runden, konkav geformten Spiegeln von Adolf Luther. Dahinter Lichtwand von Konrad Lueg. Die Schatten der Clubgäste wurden für einen kurzen Augenblick auf die Wand projiziert. Blick in den "Creamcheese-Raum" im Kunstpalast.
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Creamcheese - eine Bar für Kunst und Musik
Das reguläre Programm bestand aus Projektionen von Dias und Filmen sowie Beleuchtungs- und Akustikeffekten. Für die damalige Zeit absolut neu und innovativ. Aber vor allem war es ein Ort, wo man sich in einer Zeit der gesellschaftlichen Revolte gegen die bürgerlichen Ideale ausprobieren konnte, in welcher Sparte auch immer: Musik, Film, Theater, Literatur, Mode, Tanz – alles war erlaubt und willkommen. So gab es zahlreiche Kunstaktionen wie z.B. mit Joseph Beuys und natürlich Livekonzerte. Hier spielten CAN, Tangerine Dream, die erste Bandformation von Kraftwerk. Frank Zappa stand an der Theke, hinter der Blinky Palermo, Katharina Sieverding und Imi Knoebel bedienten. Heute alles berühmte Namen in der Kunstszene. Der Name der Bar bezog sich übrigens auf die Kunstfigur Suzy Creamcheese, die in Songs von Frank Zappa auftaucht.

Günther Uecker bei der Vorstellung des "Creamcheese-Raumes" im Kunstpalast Düsseldorf.
  • Günther Uecker bei der Vorstellung des "Creamcheese-Raumes" im Kunstpalast Düsseldorf.
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Günther Uecker erinnert sich
Das waren wilde Zeiten, erinnert sich Günther Uecker, der als Überraschungsgast zur Vorbesichtigung in den Kunstpalast kam. Anhand der Originalskizze des Clubgrundrisses erzählte Uecker lebhaft aus dieser Zeit. Viele Erinnerungen und Anekdoten sind mit dem Club verbunden, der 1976 geschlossen wurde. 1978 kaufte der Kunstpalast in weiser Voraussicht die künstlerische Einrichtung des Clubs, die dann erst einmal im Depot verschwand. Im Zuge der Neupräsentation der Sammlung kam Museumsdirektor Felix Krämer auf die Idee, den Club wieder auferstehen zu lassen. In voller Größe klappt das aus Platzmangel zwar nicht, der "Creamcheese-Raum" als Rekonstruktion in enger Absprache mit den einst beteiligten Künstlern umfasst den damaligen Eingangsbereich und den Thekenbereich. Das reicht schon, um Besucher/innen in diese besondere Atmosphäre jenes Clubs eintauchen zu lassen.

Wandbild "Pin up" von Gerhard Richter entstand nach einem Foto aus einer Illustrierten. Blick in den "Creamcheese-Raum" im Kunstpalast.
  • Wandbild "Pin up" von Gerhard Richter entstand nach einem Foto aus einer Illustrierten. Blick in den "Creamcheese-Raum" im Kunstpalast.
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Rekonstruktion des legendären Clubs
Alles soll so aussehen wie kurz nach der damaligen Eröffnung. Gar nicht so einfach, wenn Steckdosen aus dieser Zeit aufgetrieben und montiert werden sollen. Die Theke sei auch nicht so glatt gewesen, denn sie hätten nicht so gutes Material gehabt, meinte Uecker lachend. Die Fernsehwand wird nun auch anders bespielt. In der Rekonstruktion werden einige Kunstaktionen, die im Club stattfanden, gezeigt und u.a. ein Film des Filmemachers Peter Malchus, der damals im WDR ausgestrahlt wurde und die Eröffnung des Creamcheese dokumentiert.
„Die detailgetreue Rekonstruktion der Creamcheesebar lässt eine Zeit aufleben, in der die Kunst als eine kollektive Erfahrung verstanden wurde – mit Experimenten und Aktionen, mit Vernetzung untereinander und jeder Menge Spaß. Ich bin berührt zu sehen, dass diese Bar nun wieder ein richtiges Zuhause gefunden hat.“ so Günther Uecker. Seine künstlerische Visitenkarte ist natürlich auch zu sehen. Gleich beim Betreten des Raumes blickt man auf einen großen Nagel in einem fast drei Meter hohen Käfig.

Ein Manifest gab es auch. Es hängt jetzt als Flugblatt am Tresen. „Ich will eine Gesellschaft auf der Flucht vor sich selbst am Ort ihrer Wünsche zeigen!“ und "Schwimmen Sie“, „Fliegen Sie“, „Holen Sie keine Luft. Atmen Sie“, liest man dort. Solche Wünsche und Aufforderungen sind zeitlos.

Flugblatt mit Creamcheese-Manifest. Blick in den "Creamcheese-Raum" im Kunstpalast.
  • Flugblatt mit Creamcheese-Manifest. Blick in den "Creamcheese-Raum" im Kunstpalast.
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Am 21. November 2023 ist die Wiedereröffnung des Kunstpalastes, der sich nach drei jähriger Umbauzeit im neuen Glanz und mit frischem Konzept präsentieren wird. Dann kann auch der "Creamcheese-Raum" besucht werden. Ein Barbetrieb ist freitags und samstags nach den Öffnungszeiten des Museums möglich. Wer dann den "Creamcheese-Raum" besucht, darf sich auf folgende Musik freuen, stilecht aus den 60ern bzw. 70ern.

Eine kleine Auswahl:
Nina Simone – Sinnerman (1965), Bob Dylan – Pledging My Time (1966), Mothers of Invention – The Return of the Son of Monster Magnet (1966), Jimi Hendrix – Purple Haze (1967), Captain Beefheart – Abba Zaba (1967), The Doors – Break on Through (To the Other Side) (1967), The Velvet Underground – Sister Ray (1968), Beatles – Helter Skelter (1968), Pink Floyd – Set the Controls for the Heart of the Sun (1968), Janis Joplin / Big Brother and the Holding Company – Ball and Chain (1968), Can – You Doo Right (1969), Led Zeppelin – Whole Lotta Love (1969)

Die Fotos entstanden Ende September 2023 während der Vorbesichtigung des Clubraumes.
Mehr Infos unter Der Creamcheese-Raum
Weitere Infos in den Bildunterschriften.
Viel Spaß beim Anschauen.
Vielleicht können ja einige in Erinnerungen schwelgen?

Autor:

Andrea Gruß-Wolters aus Duisburg

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