Befreiungsschlag

“Wer sagt hier herrscht Freiheit der lügt, denn Freiheit herrscht nicht.“
Erich Fried.

Freitagabend. Der Tag war nicht schön. Nun fahre ich mit halsbrecherischer Geschwindigkeit auf dem Rad durch den verregneten Sonnenuntergang.
Ich will zur 80er Party ins ZAKK.
Allein. DAS ist neu. Kein Dauerzustand und Gott sei Dank meine eigene Entscheidung.

Ein Grüppchen junger Leute grölt hinter mir her „Halt‘ Dich fest.“ Danke, ein guter Rat. Für Dich übrigens immer noch „Sie.“ Ein Stück weiter wird ein Autofenster heruntergekurbelt: „Wofür gibt’s Radwege?“ Das muss eher mein Jahrgang gewesen sein. Alles Spießer. Heute dienen die Radwege und Bürgersteige mir nur dazu, um Autos an den roten Ampeln zu überholen. Zakk bin ich auch schon da. Das Bier zischt, die Stimmung ist gut. DJ Elmar auch. Die 80er waren weitaus mehr als Neue deutsche Welle.

Ein Einlass mit Respekt. Hey, ich wusste, hier bin ich heute richtig.
Ich sehe gut aus. Das habe ich zumindest im Lauf der Jahre immer wieder gehört. Ein Dickbäuchiger zwinkert mir zu und singt mit: Sexy. Ich muss laut lachen. Wen interessiert da das Aussehen?

Um mich herum drehen sich Paare in Körbchen und Brezeln, einer macht ein Foto mit seinem Handy, ich lach' mich schlapp. Ein anderer checkt seine Mails.
Um fünf nach zwölf bleiben die meisten, anders als ich das von den sonstigen Parties meiner Altersgruppe gewohnt bin. Dann fragt mich endlich auch mal jemand, ob ich ein Bier möchte. Ich lehne dankend ab: “Danke, ich bin zufrieden.“

Um halb zwei sitze ich wieder auf meinem Fahrrad. Der Fahrtwind sagt mir, dass ich fliege. Durch die dunkle Nacht. Über rote Ampeln. Durch die finsteren Felder. Ich werde schon wieder nass und ich genieße es. Ich jubel laut und bedanke mich mit vielen Worten für einen tollen Abend, bis ich Fliegen zwischen den Zähnen habe.

Es ist absurd und ich weiß es.
Mit dieser Erkenntnis falle ich zu Hause in mein Bett und schlafe den Schlaf der Gerechten.